Die Gefangene des Elfen 2: Insel des Vergessens (Elven Warrior Series) (German Edition)
erinnerte er sich.
Igraines silberne Augen – sie machten sie noch schöner, und doch vermisste er das lebhafte Grün, das ihn an seinen geliebten Wald erinnert hatte. Sie waren geweitet vor Angst gewesen, als sie ihn zur Seite stieß und ihn davor rettete, von seinem eigenen Dolch getötet zu werden. Die Flussgöttin. Schmerz, Blut. So viel Blut. Doch es erleichterte ihn, dass es seines gewesen war, nicht Igraines. Ihr schönes, ausdrucksstarkes Gesicht über ihm, Tränen, die ihre Wangen hinunterströmten. Wie sie seinen Kopf in ihrem Schoß hielt und ihm das Sterben verbot, ihn einen "dummen Elfen" nannte. Er liebte die aufrichtige Art, mit der sie zu ihm sprach. Als er das Bewusstsein verloren hatte, war sie plötzlich verschwunden gewesen, und er zurück auf das blutbefleckte Gras gefallen, wohl wissend, dass die Götter sie ihm doch noch weggenommen hatten.
Seine Seele schrie stumm auf, als er nach ihr suchte und erkannte, dass ihre Verbindung getrennt worden war. Igraine, einst seine menschliche Liebessklavin, nun seine geliebte Gefährtin. Ihr Blut in seinem Blut. Er konnte ihre Gegenwart nicht mehr spüren. Sogar gefangen in den Kerkern unter dem Schloss hatte er sie stets wahrgenommen, ihre Verzweiflung und Angst gefühlt, als sie die Gargoyles aufgesucht hatte. Als die Ungeheuer sie angegriffen, ihr Fleisch zerfetzt hatten, da war ihr Schmerz sein eigener gewesen. Doch nichts war vergleichbar mit dem Leid, das ihm nun widerfuhr. Ohne sie war er unvollständig, zerbrach in Millionen kleine Splitter. Eine unerträgliche Einsamkeit breitete sich wie eine Krankheit an dem finsteren, blutenden Ort aus, der zuvor seine Seele gewesen war. Der Verlust seiner Hand kam nicht einmal annähernd an die Qual heran, die ihn nun zerriss und ihn wie ein verwundetes Tier aufbrüllen ließ.
Als sein verschwommener Blick deutlicher wurde, konnte er kaum glauben, was er sah. Er hatte einen blutigen Stumpf in Leinenverbänden erwartet, doch stattdessen fand er eine Hand vor. Obgleich sie genauso aussah, war es nicht seine eigene Hand, sondern eine neue – geschaffen aus flüssigem Silber, das sich wie lebendes Fleisch anfühlte und bewegte.
Erstaunt drehte er sie von einer Seite auf die andere, bewegte seine Finger. Alles fühlte sich wie ein natürlicher Teil seines Körpers an. Fühlendes, bewegliches Gewebe, Sehnen, Knochen und Haut. Als er die Hand genauer betrachtete, sah er sein eigenes Blut in den Adern pulsieren. Als er sanft dagegenhauchte, stellten sich die feinen Haare auf seinem Handgelenk auf, und er erschauerte. "Wie kann das möglich sein?", flüsterte er ungläubig.
Der Prinz war so tief in Gedanken versunken gewesen, dass Calatin den Raum unbemerkt durch eine Seitentür betreten hatte. Er räusperte sich und grinste, als der überraschte Blick des Prinzen auf ihn fiel. "Die ist von mir", sagte er. "Gefällt sie Euch?"
"Du hast diese Hand erschaffen? Aber wie …"
Calatin zuckte mit den Schultern. "Magie natürlich, aber mit etwas zusätzlicher Hilfe eines sehr talentierten Koboldschmiedes. Ich arbeite noch daran. Ich werde sicher bald einen Zauber finden, der die Farbe ändert, damit sie wieder nach echter Haut aussieht."
"Sie fühlt sich echt an", murmelte Elathan.
"Auf gewisse Art ist sie das auch. Sie ist eng mit Eurem eigenen Fleisch und Blut verbunden. Niemand wird behaupten können, Ihr wäret nicht unversehrt."
"Ich bin auch nicht … unversehrt. Und ich werde es nie wieder sein", entgegnete Elathan.
Als er den Schmerz in den Augen seines Freundes sah, neigte Calatin sein Haupt. "Vergebt mir, mein Prinz. Für mein Bedauern finden sich keine Worte. Wir alle trauern um den Verlust von Lady Igraine. Sie hat wie eine Kriegerkönigin gekämpft, Sire. Doch sie hätte auch gewiss gewünscht, Ihr würdet Euren rechtmäßigen Platz auf dem Thron einnehmen. Euer Volk braucht Euch." Er kniete sich vor Elathan, zog sein Schwert und erhob es in seinen offenen Händen, um den neuen Herrscher zu ehren.
"Mein König." Mit diesen Worten stand er auf und verließ das Schlafgemach, schloss die Tür leise hinter sich.
Wie eine Königin, dachte Elathan verbittert. Calatin sprach die Wahrheit. Igraine war niemals seine Sklavin gewesen, nicht wirklich. Sie war immer dazu bestimmt gewesen, seine wahre Gefährtin zu werden, tapfer und stark an seiner Seite zu stehen und die dunkelsten Orte seiner Seele mit dem Licht ihrer Liebe zu erfüllen. Erstaunlicherweise zweifelte er nicht einen Augenblick daran, dass er sie
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