Die Gefangene des Highlanders
hatte er voller Entsetzen erfahren, was mit Bradens Familie geschehen war, und es hatte ihm verdammt leid für Braden getan. Großer Gott, was für ein böses Unglück. Das Beste würde vielleicht sein, wenn Braden gar nicht zurückkam.
Als endlich, nach langer, beschwerlicher Reise durch Regen und vernebelte Wälder, die Festung der MacArons in der Ferne wie ein dunkler, trutziger Felsblock sichtbar wurde, schwanden jedoch alle düsteren Gedanken. Das Bild der bezaubernden, zarten Fia stieg wieder vor ihm auf, ihr kleines Lächeln, wenn sie im Kreise der Hofgesellschaft seinen Geschichten zuhörte, ihre langen, seidigen Wimpern, die er sah, wenn sie die Augen niederschlug. Ja, sie hatte nur selten seine sehnsüchtigen Blicke erwidert, und doch – jawohl, er war sich auf einmal fast sicher – war sie nicht ganz und gar gleichgültig gewesen. Waren nicht hin und wieder rote Flecken auf ihren Wangen aufgetaucht, wenn sie seinem Blick auswich? Einmal war sie sogar heftig zusammengezuckt, weil sie sich bei ihrer Näharbeit in den Finger gestochen hatte.
Die Torwächter öffneten ihm und seinen Begleitern bereitwillig, fröhlich umkläfften die Hofhunde die neu angekommenen Besucher. Auch der Empfang in der großen Halle, wo schon die Tische zur Mahlzeit aufgebaut waren, erschien ihm überaus herzlich. Seine Hoffnungen stiegen, und sein Herz klopfte unruhig. Hatte der alte David MacAron vielleicht gar seine Absichten erraten und kam ihm jetzt freundschaftlich entgegen? Noch besser: Hatte Fia am Ende bereits mit ihrem Vater gesprochen und ihm erklärt, sie begehre Druce MacMorray zum Ehemann?
Die schönen Phantasien, die ihm durch den Kopf schwirrten, wurden durch die freundlichen Worte des Clanchiefs noch gesteigert.
„Es ist ein großes Glück, wenn sich Freunde und Waffenbrüder begegnen. Sei unser Gast und bleibe bei uns, solange du willst.“
Selten hatte er den Alten, der sonst immer ziemlich vergrämt wirkte, so aufgeräumt erlebt. Der Clanchief ließ sogar seinen Stuhl an das Kopfende der Tafel rücken und aß mit seinen Rittern gemeinsam, ein Ereignis, dass Druce bisher noch niemals zu sehen bekommen hatte. Auch war es bedeutsam, dass David MacAron ihm, Druce, den Platz zu seiner Rechten anwies, den zuvor immer einer seiner Ritter eingenommen hatte.
Die Mahlzeit verlief in heiterer Stimmung, David sorgte dafür, dass seinem Gast die besten Bissen zugeschoben wurden und schenkte ihm selbst das Bier ein. Dazu redete er ständig auf ihn ein, stellte Fragen, erzählte dies und das, so dass Druce manchmal fast den Eindruck hatte, der alte Chief wolle ihn ganz für sich allein haben, denn er verhinderte sorgsam, dass einer der anderen Männer sich mit Druce unterhielt.
Nach dem Mahl ließ Druce die mitgeführten Geschenke bringen und überreichte die schönen Gefäße, die Stoffe und kunstvoll geschmiedeten Waffen vor aller Augen dem Chief, der sie – wie die Sitte verlangte – an die besten seiner Ritter weitergab. Druce war inzwischen unruhig geworden, denn zu diesem Anlass waren auch die Frauen der Burg erschienen, hatten sich auf Bänken und Stühlen niedergelassen und bestaunten die fremden Waren aus dem fernen Orient. Doch weder Marian noch Fia befanden sich darunter, nur Flora, die Burgherrin, hatte sich an die Seite ihres Mannes begeben, und Druce fiel auf, dass ihre Züge sehr blass und ihre Augen umschattet waren.
Er beschloss, einen Vorstoß zu machen und suchte einen hellblauen, glänzenden Seidenstoff hervor, der reich mit silbernen Ornamenten bestickt war.
„Dieser Stoff würde Eurer Tochter recht gut zu Gesicht stehen“, sagte er leichthin zu dem Alten. „Das Blau hat die Farbe ihrer Augen, denke ich.“
Der alte MacAron schien nicht darauf eingehen zu wollen, doch die Burgherrin antwortete an seiner Statt.
„Ich danken Euch, Druce. Fia wird sehr glücklich über dieses Geschenk sein. Vielleicht wird es dazu beitragen, dass sie bald wieder bei Kräften ist.“
Druce erschrak zutiefst. Sie war krank. Himmel – sie würde vielleicht sogar sterben.
„Was ist mit ihr?“
Da fasste der Clanchief ihn am Ärmel und zog ihn dicht zu seinem Stuhl heran.
„Hinaus mit Euch!“, gebot er seinen Männern und den Frauen. „Wir haben zu reden, mein Gast und ich.“
Der Befehl wurde ohne Widerrede befolgt, denn es war nicht ratsam, sich dem alten David MacAron zu widersetzen. Auch jetzt noch, trotz seines körperlichen Siechtums, führte er ein hartes Regiment über seine Leute, und die
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