Die geheime Braut
und – immer wieder mit leichten Veränderungen – die drei Grazien.
Als Begleiterinnen der Venus waren Aglaia (Glanz), Euph ro syne (Frohsinn) und Thalia (Blüte) bereits im Mittelalter als Motiv bekannt, das jedoch in der Renaissance eine neue Blüte erlebte. Ihre Nacktheit ist nicht nur das Kleid der Allegorie, sondern auch der Beweis, dass sie frei von Täuschung sind. Sie stehen für die Freigiebigkeit, die sich im Dreischritt aus Geben, Empfangen und Erwidern realisiert. Damit ließ sich auf ideale Weise der Vorwand eines gelehrten Inhalts mit der Möglichkeit kombinieren, weibliche Nacktheit im Wortsinn »von allen Seiten« zu zeigen.
D IE D REI G R A ZIEN
Eines der reizvollsten Cranach-Bilder zu diesem Thema war seit seiner Entstehung bis zum Jahr 2010 immer in Privatbesitz. Auf Holz gemalt, ein kleines Format von 27 x 34 cm, zeigt es drei nackte junge Frauen, mit Ketten geschmückt, von denen die mittlere einen großen, federverzierten Hut trägt. Ein zarter Schleier betont die selbstbewusste Fleischlichkeit eher, als sie zu verbergen. Die linke Frau dreht dem Betrachter den Rücken zu, die rechte hat das linke Bein angewinkelt und berührt mit der rechten Hand die Schulter der mittleren, als ob sie Halt suche.
Das Bild ist nun im Pariser Louvre zu bewundern, der für den Ankauf dieses Kunstwerks zur ungewöhnlichen Maß nahme einer Spendenaktion im Internet griff: Von den geforderten 4 Millionen Euro kam auf diese Weise die letzte fehlende Million zusammen. Spender hatten die Gelegenheit zu »Einzelbesuchen« des von ihnen unterstützten Kunstwerks.
Wer mag im 16. Jahrhundert der Käufer solch eines Bildes gewesen sein, der die Intimität dieser Darstellung im stillen Kämmerchen bewundern konnte?
Mich hat das Bild zur Idee dieses Romans angeregt, der viele historische Fakten mit fiktiven Weiterentwicklungen verbindet: Er begehrte sie – er sammelte sie – er tötete sie …
D ICHTUNG UND W AHRHEIT
Viele der in diesem Roman auftretenden Personen haben tatsächlich gelebt. Das gilt für den Kurprinzen Johann Friedrich ebenso wie für seine blutjunge Frau Sibylle von Sachsen. Historische Persönlichkeiten sind natürlich auch Martin Luther und seine Frau Katharina von Bora. Die Kinder Johannes und die kleine Elisabeth gehören ebenfalls dazu. Wie in meinem Roman stirbt Elisabeth 1528, und zu diesem Zeitpunkt ist Katharina abermals schwanger (mit der Tochter Margaretha, die allerdings als junges Mädchen ebenfalls stirbt). Auch die Muhme Lene hat wirklich im Luther-Haus gelebt, desgleichen ein Hund namens Tölpel, zu dem Luther im Lauf der Jahre eine innige Zuneigung entwickelte.
Es ging mir bei der Darstellung dieser Personen darum, nicht vielmals Erzähltes in kaum veränderter Form wiederzugeben, sondern darum, einen neuen, bislang noch nicht üblichen Blick auf diese Familie zu werfen. Katharina ist eine junge Mutter mit zwei Kindern, die das Leben an der Seite des berühmten Gatten erst lernen muss, an der aber die ganze Last des wachsenden Haushaltes hängt. Diese junge Katharina, noch ganz anders als die bärbeißige »Käthe«, die man aus anderen Texten kennt, ist mir während des Schreibens sehr ans Herz gewachsen.
Historisch sind auch Melanchthon, seine Frau Kathi sowie Lucas Cranach und dessen ganze Familie. Den jüngeren Sohn, der ebenfalls Lucas hieß, habe ich im Roman Luc genannt, um Verwechslungen mit dem Vater auszuschließen. Mit den Namen der Gesellen im Roman habe ich gespielt; es gab in der Wittenberger Werkstatt einen Ambrosius, einen Simon und einen Moritz, wenngleich zu geringfügig anderen Zeiten.
Die Hofdame Dilgin sowie Margaretha Relin und ihr Mann entspringen meiner Fantasie. Cranach war aber tatsächlich im Besitz eines Apothekenpatentes, das sich als äußerst gewinnträchtig erwies.
Susanna und Binea sind ebenfalls fiktiv, nicht aber die Not, die viele Nonnen im 16. Jahrhundert traf, als im Zeichen der Reformation zahlreiche Klöster aufgelöst wurden und sie buch stäblich auf der Straße standen.
Erfunden sind auch die Schwarze Griet und Marlein. Ein Frauenhaus ist für Wittenberg zu Luthers Zeiten belegt.
Und dann natürlich Pistor alias Müllerer, von dem zu erzählen mir besonders viel Spaß gemacht hat – aber geht es einem nicht immer so mit den Bösewichtern?
A USGEWÄHLTE L I TERATUR
B ei diesem Thema ist das Angebot schier endlos. Deshalb an dieser Stelle nur einige wichtige Grundlagenwerke zum Weiterschmökern.
Julius Boehmer: Luthers Ehebuch.
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