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Die geheime Geschichte: Roman (German Edition)

Die geheime Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die geheime Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Tartt
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voller Unbehagen die Achseln.
    »Du kennst ihn doch länger als ich. Er hat einen Bruder in Yale, nicht wahr?«
    »Yeah. Brady. Studiert Wirtschaftswissenschaft. Aber Patrick sagte, er hätte gerade mit Brady gesprochen, weißt du.«
    »Patrick wohnt zu Hause, richtig?«
    »Yeah. Er hat da irgend’n Unternehmen, an dem er arbeitet, ein Sportgeschäft oder so was, das er in Gang zu bringen versucht.«
    »Und Hugh ist der Anwalt.«
    »Ja. Er ist der älteste. Der ist bei Milbank Tweed in New York.«
    »Und der andere Bruder – der verheiratete?«
    »Hugh ist der verheiratete.«
    »Aber gibt’s nicht noch einen, der auch verheiratet ist?«
    »Ach, Teddy. Ich weiß, daß er bei dem nicht ist.«
    »Warum nicht?«
    »Der Typ wohnt bei seinen Schwiegereltern. Ich glaube, die verstehen sich nicht allzu gut.«
    Es war lange still.
    »Hast du irgendeine Idee, wo er sein könnte?« fragte Henry schließlich.
    Cloke beugte sich vor; das lange, dunkle Haar fiel nach vorn, als er die Asche von seiner Zigarette schnippte. Er machte ein besorgtes, geheimnisvolles Gesicht. Nach ein paar Augenblicken schaute er auf. »Ist euch aufgefallen«, sagte er, »daß Bunny in den letzten zwei, drei Wochen eine verfluchte Menge Zaster hatte?«
    »Wie meinst du das?«« fragte Henry ein wenig scharf.
    »Du kennst Bunny. Der ist doch immer pleite. Aber in letzter Zeit hatte er all dieses Geld. Also, ich meine, ’ne Menge. Vielleicht hat seine Großmutter es ihm geschickt oder so was, aber du kannst verdammt sicher sein, von seinen Eltern hat er es nicht.«
    Wieder war es lange still. Henry biß sich auf die Lippe. »Worauf willst du hinaus?« fragte er.
    »Es ist dir also aufgefallen?«
    »Jetzt, wo du es erwähnst – ja.«
    Cloke rutschte unbehaglich im Sessel herum. »Das hier bleibt jetzt unter uns, ja«, sagte er.
    Mit einem mulmigen Gefühl in der Brust setzte ich mich hin.
    »Was ist denn los?« fragte Henry.
    »Ich weiß nicht, ob ich überhaupt davon reden sollte«, sagte Cloke.
    »Wenn du es für wichtig hältst, auf jeden Fall«, sagte Henry knapp.
    Cloke nahm einen letzten Zug von seiner Zigarette und drückte sie dann mit einer bedächtigen Korkenzieherbewegung aus. »Du weißt doch«, sagte er, »daß ich hin und wieder ein bißchen Koks verdeale, nicht wahr? Nicht viel«, fügte er hastig hinzu. »Nur ein
paar Gramm hier und da. Nur für mich und meine Freunde. Aber es ist leichte Arbeit, und ich kann ein bißchen Geld dabei verdienen.«
    Wir sahen einander an. Das war nun überhaupt nichts Neues. Cloke war einer der größten Drogendealer auf dem Campus.
    »Und?« sagte Henry.
    Cloke machte ein überraschtes Gesicht. Dann zuckte er die Achseln. »Ja«, sagte er, »ich kenne da so einen Chinaman unten in der Mott Street in New York – ’n bißchen furchterregend, aber er kann mich gut leiden, und er gibt mir meistens so viel, wie ich bezahlen kann, wenn ich mein Geld zusammenkratze. Kokain hauptsächlich; manchmal auch ein bißchen Pot, aber das ist eher Kleinlcram. Ich kenne ihn seit Jahren. Wir haben sogar schon kleine Geschäfte gemacht, als Bunny und ich noch in Saint Jerome’s waren.« Er schwieg kurz. »Na ja. Du weißt, wie pleite Bunny immer ist.«
    »Ja.«
    »Na, er hat sich immer echt interessiert für die ganze Sache. Schnelles Geld, weißt du. Wenn er je die nötige Kohle gehabt hätte, hätte ich ihn vielleicht beteiligt – auf der finanziellen Seite, meine ich –, aber die hatte er nie, und außerdem hat Bunny bei solchen Deals nichts verloren.« Er zündete sich eine neue Zigarette an. »Jedenfalls«, sagte er. »Deshalb mache ich mir Sorgen.«
    Henry runzelte die Stirn. »Ich fürchte, ich kann dir da nicht ganz folgen.«
    »Es war ein böser Fehler, schätze ich, aber ich hab’ ihn vor zwei Wochen mal mitfahren lassen.«
    Von diesem Ausflug nach New York hatten wir schon gehört. Bunny hatte unaufhörlich damit angegeben. »Und?«« sagte Henry.
    »Ich weiß nicht. Ich mache mir Sorgen, weiter nichts. Er weiß, wo der Typ wohnt – nicht wahr? –, und er hat all das Geld. Als ich deshalb mit Marion sprach, hab’ ich einfach ...«
    »Du glaubst doch nicht, er ist auf eigene Faust hingefahren?« fragte Charles.
    »Ich weiß es nicht. Ich hoffe es wahrhaftig nicht. Er hat den Typen nie wirklich getroffen oder so was.«
    »Würde Bunny denn so was machen?« fragte Camilla.
    »Offen gestanden«, sagte Henry, hakte sich die Brille von den Ohren und rieb sie rasch mit dem Taschentuch ab, »in meinen

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