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Die geheime Reise

Titel: Die geheime Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Abedi
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als sie den Zettel gerade noch rechtzeitig in ihrer Hosentasche verschwinden ließ, bevor Britta ihr neugierig über die Schulter schaute. Denn im Grunde würden sie und Mischa sich doch sowieso am Museum treffen. Warum bekam sie von ihm eine Extra-Einladung? Trotzdem merkte Wanja, dass sie sich darüber freute. Je näher der heutige Tag gerückt war, desto langsamer schien die Zeit zu vergehen. Die letzte Stunde nach der Schule zog sich wie ein in der Sonne aufgeweichtes Kaugummi, und als Wanja um zwanzig vor zwei ihr Fahrrad am Museum abschloss, erschienen ihr die letzten Minuten Wartezeit wie eine Tortur.
    Mischa kam um Viertel vor zwei. Wanja hörte das Scheppern seines Rades schon von weitem und hinter ihm erblickte sie Alex und das Mädchen mit den Afrozöpfen.
    »Na, habt ihr auch Fernsehen geschaut?«, sagte Alex zur Begrüßung und grinste. Er trug einen hellgrauen Anzug, und eine Krawatte, die er offensichtlich gerade vom Hals gelöst hatte, schaute aus seiner Jackentasche heraus.
    »Ich hatte keine Zeit mehr, mich umzuziehen«, sagte er und machte dabei ein Gesicht, als sei ihm sein Auftritt peinlich. »Mein Vater hatte wieder mal eine seiner Gesellschaften und ich hab mich rausgeschlichen. Diesmal allerdings ohne jemandem Bescheid zu sagen, wo ich bin. So bescheuert bin ich kein zweites Mal.« Über Alex’ Gesicht huschte ein roter Schleier und Wanja dachte an die Frau im grauen Kostüm, die ihn beim letzten Mal im Museum abgefangen hatte.
    Das Mädchen mit den Afrozöpfen blieb ebenfalls bei ihnen stehen. Unter ihrem Arm klemmte ein Skateboard und aus ihrer Jeanstasche lugte eine Packung Zigaretten hervor.
    »Natalie«, stellte Alex das Mädchen vor. »Ich hab sie am Tag vor euch in der Kunsthalle getroffen. Sie hat den Indianer. Und das«, er wandte sich zu dem Mädchen, »sind Wanja und Mischa. Stell dir vor, die zwei sind im selben Bild gelandet.«
    Natalie nickte Mischa zu und grinste Wanja an. »Sieht man euch gar nicht an, dass ihr denselben Geschmack habt.« Stimmt, dachte Wanja, aber das sagte sie nicht laut.

    »Los, lasst uns reingehen«, drängte Natalie. »Ich kann es kaum noch abwarten.«
    »War es bei dir eigentlich auch so?«, fragte Wanja leise, als sie neben Natalie auf die Kasse zuging. Die umgekippte Badewanne im Eingang war verschwunden, stattdessen bewachte die turmhaarige Aufseherin ein neues Kunstwerk: graue, quadratische Holzkästen, die zu einem großen U auf dem Boden angeordnet waren. Im Grunde ein idealer Platz zum Hüpfen, dachte Wanja, aber in Wirklichkeit wahrscheinlich wieder das Lebenswerk eines bedeutenden Künstlers.
    »So wie ?«, fragte Natalie, die in ihrer Hosentasche nach Münzen kramte. Heute hatten Kinder und Jugendliche keinen freien Eintritt.
    »Na so, dass alles in deinem Bild lebendig war«, sagte Wanja.
    Natalie nickte. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch gleich darauf schloss sie ihn wieder. Sie will es für sich behalten, dachte Wanja und merkte, dass es ihr selbst genauso ging.
    »Und? Habt ihr Friedenspfeife geraucht oder hast du dem Indianer eine von deinen Kippen angeboten?« Alex drehte sich zu Natalie um, während er den drei anderen voran in die Abteilung der Alten Meister einbog. Er verzog den Mund, die Bemerkung sollte ein Scherz sein, aber es war ein schlechter Scherz und an seinem Grinsen, das jetzt noch schiefer rutschte, sah Wanja, dass Alex seine Worte am liebsten zurückgenommen hätte.
    »So’n Quatsch!« Natalie warf Alex einen vernichtenden Blick zu. »Was hast du denn mit deinem Mönch gemacht? Im Kloster gehockt und meditiert?«
    Alex wurde rot. »Blödsinn«, murmelte er. Aber irgendwie sah sein Gesicht aus, als wäre Natalies ironische Frage nicht so ganz an der Wahrheit vorbeigeschossen.
    Bei den Alten Meistern hatten sich noch mehr von ihnen versammelt. Der dicke Junge, das Mädchen mit den grünen Haaren und der Junge mit der hellblonden Igelfrisur, der gerade von einem Museumswärter darauf aufmerksam gemacht wurde, dass Rucksäcke an der Garderobe abzugeben waren.
    »Glaubt ihr, die Wärter wissen etwas von dieser anderen Ausstellung?« Natalie wandte sich an Mischa, der erst mit den Schultern zuckte, dann aber den Kopf schüttelte. »Glaub nicht.«
    »Ich glaube auch nicht«, sagte Alex. »Ich hätte damals fast gefragt, hab es mir aber dann doch verkniffen.« Er öffnete den obersten Knopf seines blau-weiß gestreiften Hemdes. »Schlafende Hunde soll man nicht wecken, sagt mein Alter immer. Und da hat er in diesem

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