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Die geheime Reise

Titel: Die geheime Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Abedi
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Fall vielleicht sogar Recht. Ich glaube, die haben hier nicht den Hauch einer Ahnung, dass in ihren heiligen Hallen rote Türen kommen und gehen. Kuckt mal«, er deutete nach hinten zu der Nische, auf die sie jetzt mit den anderen Jugendlichen zugingen. »In jedem Saal steht ein Aufseher, nur dahinten ist niemand.«
    Er hat Recht, dachte Wanja. Die Nische wirkte verlassen, fast unwirklich, als gehörte sie gar nicht zum Museum, aber die rote Tür war wieder da.
    »Seid ihr so weit, verehrte Gäste?« Alex sah lachend in die Runde. Sein Gesicht leuchtete, als er mit einem kräftigen Ruck an dem gusseisernen Pinsel zog. Alle hielten den Atem an.
    Das Klingeln ertönte, aus weiter Ferne und wie beim ersten Mal, als Wanja allein in der Nische gestanden hatte, sprang die Tür mit einem leisen Klacken auf und nachtschwarze Dunkelheit schluckte die Besucher, einen nach dem anderen.
    Doch die Stimmung, die jetzt den dunkeln Gang erfüllte, war eine andere. Trappeln, kichern, murmeln; wie die Bläschen einer frisch geschüttelten Flasche Mineralwasser sprudelten die Jugendlichen der Tür entgegen, die Wanja jetzt viel näher vorkam als beim ersten Mal. Der schwarze Gang spuckte sie ins Licht des Saales. Die schimmernde Mondkugel, die Fackeln, die Vorhänge vor den Arkaden, alles war genauso wie beim letzten Mal. Nur der Vorhang vor der Bühne war heute bereits geöffnet und das Licht der Kerzen vor dem roten Tisch flackerte, als sich die Seitentür öffnete. Die uralte Frau trat auf die Bühne.
    Keine Ermahnung war notwendig, keine Faust musste auf den Tisch klopfen, um die Anwesenden zum Schweigen zu bringen. Als die Frau vor dem roten Tisch stand, war Ruhe im Saal und Wanja fühlte sich wie ein Gummiband, das zum Zerreißen gespannt war.
    »Ihr erinnert euch an die Regeln«, sagte die Frau. »Und wenn es keine Fragen gibt, dann erwarten euch jetzt eure Bilder.«
D UNKLE S CHATTEN
    E s gab keine Fragen. Die kleine Hand der uralten Frau umschloss den schmiedeeisernen Pinselkopf, und als nach langen Sekunden angespannter Stille endlich aus der Feme das leise Klingeln ertönte, wäre Wanja am liebsten gerannt. Aber sie beherrschte sich und suchte nervös den Saal nach Mischa ab.
    Da stand er, am Rand der Bühne, die Hände in den Hosentaschen, er hatte Wanja schon gesehen und deutete mit dem Kopf in die Richtung der hinteren Arkade. Geh schon vor, ich habe es nicht eilig, diese Worte standen ihm ins Gesicht geschrieben und Wanja fragte sich, wie in aller Welt jemand so unglaublich die Ruhe weghaben konnte. Bis auf sie und Mischa war der Saal bereits wie leer gefegt. Nur die alte Frau stand noch auf der Bühne, ihr Blick wanderte zwischen den beiden Jugendlichen hin und her, Wanja bemerkte es und plötzlich kam ihr das Gesicht der Frau traurig vor.
    Wanja wandte sich ab, es zog sie jetzt förmlich zu ihrer Arkade. Doch als sie sich durch den roten Samtvorhang ins Innere des kleinen Raumes schob, versetzte ihr das Bild einen stromschlagähnlichen Schock.
    Der Rahmen strahlte und das Bild leuchtete wie beim letzten Mal in ausdrucksvollen Farben. Aber das Trapez … war leer.
    Fast hätte Wanja gerufen, doch dann schnellte ihre Hand zum Bild, sie griff richtig hinein, als wolle sie die Trapezstange zu sich heranziehen. Das Rauschen kam, der Sog, und die Frage nach Taro drehte sich in ihrem Kopf herum und herum und herum, bis es still um Wanja wurde. Sie war angekommen. Auf ihrem Platz in der Manege, die ebenfalls leer war. Nur eine kleine Maus huschte über eine der Zuschauerbänke, geschäftig, als sei sie zu spät zu einer wichtigen Versammlung, und als sich Wanja wieder umsah, saß Mischa neben ihr.

    »Na, dann mal los«, sagte er und strich sich das Haar aus der Stirn.
    Los? Wanja starrte ihn an. Wieso war er überhaupt schon hier? War er ihr gleich in die Arkade gefolgt? Sie hatte es nicht bemerkt.
    » Wohin denn los, Mister Oberschlau?«, fuhr sie ihn an. »Hast du nicht gesehen, dass das Bild leer war? Siehst du nicht, dass hier auch niemand ist? Taro ist nicht da, wo willst du denn hin?«
    Mischa war schon aufgestanden und schaute Wanja an, als wäre sie ein kleines Baby, das nach seinem Schnuller schreit.
    »Weißt du nicht mehr, was Taro beim letzten Mal gesagt hat? Es gibt jetzt erst mal keine Vorstellung. Was soll er also hier in der Manege, wenn er nicht gerade Probe hat? Er wird in seinem Wohnwagen oder irgendwo da in der Nähe sein.«
    Das war die längste Rede, die Wanja je aus Mischas Mund gehört hatte, und in

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