Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die geheime Sammlung

Die geheime Sammlung

Titel: Die geheime Sammlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polly Shulman
Vom Netzwerk:
getreu,
    Was gegeben recht und frei:
    Mächtig, ohne Fehl und heil.
    Sonst nämlich verfällt mein Teil:
    Mein Pfand oder Seelenheil.
«
    Ich betrachtete den verworrenen, pulsierenden Klumpen auf der Kante des Schreibtischs und zögerte. Was für ein grimmiger Eid! Aber wenn er nötig war, um Gegenstände aus dem Grimm-Sammelsurium zu entleihen, dann sollte es eben so sein. »Könnten Sie das noch mal langsam wiederholen?«
    »Sicher. Wir können es Zeile für Zeile durchgehen«, sagte er.
    Zeile für Zeile wiederholte ich den Reim so deutlich, wie ich konnte.
    »Großartig! Das war’s«, sagte er, packte meinen Richtungssinn in das
Kuduo
und unterschrieb den Bestellschein.
    Ich fühlte mich seltsam durcheinander. Ich glaube, das konnte man mir ansehen. »Was du gerade fühlst, ist normal, Elizabeth«, sagte Doc Rust und legte mir eine Hand auf die Schulter. »Es ist schwer, etwas aufzugeben, das ein Teil von dir ist. Ich weiß, dass der Kamm einer Meerjungfrau nur ein kleines Ding ist, aber das hier ist ein großer Schritt. Ich erinnere mich noch an meinen ersten ausgeliehenen Grimm-Gegenstand. Ich fing klein an, genau wie du, mit einer magischen Stopfnadel. Ich ließ meine Singstimme zurück. Ich erinnere mich an das Gefühl, als ich zusah, wie sie verschwand.«
    »Haben Sie sie zurückbekommen?«
    »Natürlich, gleich am nächsten Tag. Und selbst wenn nicht – denn es gab da Dinge, die man mich aufzugeben gebeten hat … Nun, im Laufe der Zeit habe ich festgestellt, dass ein großer Verlust manchmal auch ein großer Gewinn sein kann.« Unter den langsam kreisenden Sommersprossen sah sein Gesicht unendlich traurig aus. Irgendwie fand ich das nicht beruhigend.

[home]
    Kapitel 15
    Ich verirre mich
    I ch hatte Probleme, in Magazin 6 zurückzufinden, um den Kamm abzuholen. Irgendwie hatte ich mich auf dem Weg zum Fahrstuhl um mich selbst gedreht, und dann noch einmal, als ich ihn verließ. Ich musste den Evakuierungsplan an der Wand zu Hilfe nehmen, und selbst damit bog ich einmal falsch ab.
    Mittwoch kam ich zu spät zur Gemeinschaftskunde – ich war zuerst im falschen Stockwerk. Mr.Mauskopf warf mir aus zusammengekniffenen Augen einen strengen Blick zu, als ich auf meinen Platz huschte, aber er trug mich nicht als verspätet ein.
    Ich kam auch zu meiner nächsten Stunde zu spät. Ich wünschte mir allmählich, ich hätte meinen Humor statt meines Richtungssinns als Bürgschaft hinterlassen. Mich die ganze Zeit zu verirren, ging mir so auf die Nerven, dass ich sowieso nicht mehr viel zu lachen hatte.
    Als ich abends meine Trigonometrieaufgaben machte, klingelte mein Telefon.
    »Elizabeth? Hier ist Aaron. Aaron Rosendorn.«
    »Hallo, Aaron. Wie … woher hast du meine Nummer?«
    »Von Sarah, aus dem Repositorium.«
    Hatte er immer so eine tiefe Stimme? Er klang anders – älter, aber weniger selbstsicher.
    Ich wartete darauf, dass er mir sagen würde, warum er anrief. Das letzte Mal, als wir miteinander gesprochen hatten, war er nicht besonders nett zu mir gewesen.
    Er räusperte sich. »Hast du schon herausgefunden, was es mit den Gegenständen aus dem Grimm-Sammelsurium auf sich hat?«, fragte er.
    Er rief mich wegen des Grimm-Sammelsuriums an? Zu Hause? Wie merkwürdig.
    »Nein, ich habe immer noch keine Ahnung, was mit ihnen los ist«, antwortete ich. »Ms.Callender sagte, sie würde gerade erst damit anfangen, sich die Sachen anzuschauen. Weißt du schon etwas?«
    »Nein, aber … meinst du, wir sollten mit Anjali reden? Vielleicht könnte sie uns helfen, etwas herauszufinden.«
    Oh. Natürlich. Das war der Grund, warum er anrief. Er wollte über Anjali reden.
    »Ich habe schon mit Anjali darüber gesprochen«, sagte ich. »Sie hat die Gegenstände in eine Tabellenkalkulation eingelesen und sucht nach einem Muster.«
    Aaron lachte. »Das sieht ihr ähnlich! Vielleicht sollte ich sie anrufen und mal gucken, ob ich etwas weiß, das helfen könnte. Oder was meinst du?«
    Ich fühlte mich unendlich gereizt. Wieso fragte er
mich?
»Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, was du ihr noch erzählen könntest, aber wenn du willst, ruf sie doch an. Oder du sprichst sie einfach das nächste Mal an, wenn du sie siehst. Ich glaube nicht, dass das einen Unterschied macht.«
    »Oh. Okay. Danke.«
    Seine Stimme war nicht mehr zu hören. Ich wollte gerade auflegen, als er weitersprach. »Und wie geht es dir so?«
    »Wie es mir geht?«
    »Ja. Wie geht es dir?«
    »Äh … gut?«
    »Klasse.« Ich hörte ihn

Weitere Kostenlose Bücher