Die geheime Sammlung
tote Leitung. Ich machte mich wieder an meine Hausaufgaben und fragte mich, warum mir zum Heulen zumute war.
Am Donnerstag traf ich Aaron nicht im Repositorium an. Ms.Callender schickte mich in den HU , um die Rohrpost zu bedienen. Es war so viel los, dass ich, selbst wenn ich gewollt hätte, keine Zeit gehabt hätte, nach hilfreichen Gegenständen aus dem Grimm-Sammelsurium im Katalog zu suchen.
Freitag nach der Schule machte ich mich auf den Weg zu Anjali. Ich schaffte den Weg dorthin, indem ich die Hausnummern die Park Avenue hinauf sorgfältig mitzählte. Ich nannte dem Portier meinen Namen, der ihn wem auch immer am anderen Ende der Leitung bei den Raos mitteilte.
»Vierzehnter Stock«, sagte er mir.
Ich fand den Fahrstuhl problemlos, er befand sich aber auch unmittelbar vor mir.
»Elizabeth! Ich freue mich, dich wiederzusehen, meine Liebe«, sagte Mrs.Rao, als sie die Tür öffnete. »Schon aufgeregt wegen des Basketballspiels heute Abend?«
»Absolut«, sagte ich. »Wir spielen gegen die World Peace Academy. Die haben ein echtes Mörder-Team, aber wir sind dieses Jahr auch ziemlich gut, es wird also spannend.«
»Das hört sich gut an. Anjali ist in ihrem Zimmer – weißt du noch, wo es langgeht?«
»Ich glaube schon.«
»Nein, die andere Richtung – nach links«, sagte Mrs.Rao.
Ich öffnete die Tür zu einem Wandschrank mit Bettwäsche und einem Raum, der wohl Jayas war, zumindest nach den überall verteilten Kleidungsstücken zu schließen. Endlich kam ich an eine Tür, auf der in wunderschönen Buchstaben
Anjali
stand. Ich klopfte an und drückte die Klinke herunter. Es war abgeschlossen.
Anjali sagte gedämpft, aber entschlossen durch die Tür: »Verschwinde.«
»Anjali? Ich bin’s, Elizabeth.«
»Oh, Entschuldigung!« Die Tür öffnete sich. Anjali trug einen rosa Schlabberpulli mit Wolken darauf. Selbst im Schlabberlook sah sie umwerfend aus. »Entschuldigung, ich dachte, du wärst Jaya.« Sie ging zur Seite, um mich reinzulassen, und schloss die Tür dann wieder ab.
»Und? Hast du herausgefunden, wer die Gegenstände gestohlen hat?«, fragte ich.
»Ich glaube schon. Vielleicht. Marc möchte, dass wir uns nach dem Spiel in eurer Schulbibliothek treffen, dann können wir drei zusammen drübergehen. Aber wirf doch jetzt schon mal einen Blick darauf und schau, ob ich irgendetwas übersehen habe.« Sie nahm ihren Laptop heraus und klopfte auf das Sofakissen neben sich. Ich setzte mich und drehte den Bildschirm so, dass ich besser sehen konnte.
»Was schaue ich mir hier an?«
»Das sind alle, die irgendeinen Gegenstand von Ms.Callenders Liste ausgeliehen haben. Das sind ihre Zugehörigkeiten – ihre Arbeitsstelle, Schule oder was auch immer. Hier sind Paare von Leuten, die zumindest einmal denselben Gegenstand ausgeliehen haben. Siehst du das Muster?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Ja, ich habe es zuerst auch nicht gesehen. Na gut, ich zeige dir noch eine Liste.« Anjali öffnete ein neues Fenster auf ihrem Computer. »Das sind alle Gegenstände, die du für Ms.Callender herausgesucht hast, auf der
y
-Achse, mit allen Gästen, die sie ausgeliehen haben, in chronologischer Reihenfolge auf der
x
-Achse. Die Gegenstände, die immer noch nach Magie riechen, sind rot hervorgehoben. Okay, jetzt markiere ich die Gäste, die für eine Organisation namens Benign Designs arbeiten.« Sie drückte eine Taste, und ein Haufen Zellen wurde blau. »Siehst du es jetzt?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich verstehe nicht so richtig, was die ganzen Felder bedeuten. Woher weißt du das alles? Lernt ihr das an der Miss Wharton’s – so was wie Wahlpflichtfach Tabellenkalkulation oder so?«
Anjali lachte. »Entschuldigung, ich habe ganz vergessen, dass nicht jeder mit meinem Vater zusammenleben muss. Jaya und ich mussten diese Programme seinetwegen benutzen, seit wir auf der Welt sind. Hier.« Sie zeigte auf den Bildschirm. »Diese sieben Gäste arbeiten bei einer Firma, die Benign Designs heißt. Siehst du das? Jeder Gegenstand, der nicht magisch riecht, wurde von einem Mitarbeiter von Benign Designs ausgeliehen.«
Sie hatte recht. Mindestens einer der sieben Namen erschien in jeder Reihe. »Ja, aber sie haben auch die meisten ausgeliehen, die magisch riechen«, sagte ich. »Vielleicht benutzen sie einfach nur die Bibliothek sehr viel. Und sie sind nicht die Einzigen, die die verkorksten Gegenstände ausgeliehen haben. Schau mal, zwei oder drei andere Leute, unter anderem sogar Ms.Minnian, haben die
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