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Die geheime Sammlung

Die geheime Sammlung

Titel: Die geheime Sammlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polly Shulman
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zweihundert Dollar gespart.« Es hörte sich nicht so an, als ob das genug wäre. Einfach nur 200  Dollar für echte Magie?
    »Geld?« Er klang schockiert. »Nein, nein, für die Grimm-Gegenstände wird niemals Geld als Pfand genommen. Du wirst etwas anderes hinterlegen müssen.«
    »Oh. Was denn zum Beispiel?«
    »Du hast die freie Auswahl. Wir sind da ganz flexibel. Das traditionelle Pfand ist natürlich dein erstgeborenes Kind. Oder die Geschicklichkeit deiner rechten Hand, aber das kann ganz schön lästig werden. Deine Schönheit, dein Mut, dein Augenlicht, dein Gefühl für den Ernst der Lage, dein freier Wille, dein Glück. Das sind einige der üblicheren Pfänder. Aber die meisten davon sind ein wenig übertrieben für einen einfachen Meerjungfrauenkamm, und deine Schönheit aufzugeben würde der eigentlichen Absicht widersprechen, denke ich mir mal. Vielleicht dein Geruchssinn?«
    Ich schüttelte meinen Kopf, verängstigt durch all diese Möglichkeiten, besonders meinen Geruchssinn. Wie sollte ich meine Arbeit im Grimm-Sammelsurium erledigen, wenn ich keine Magie mehr riechen könnte?
    »Nein? Die meisten kümmert es nicht, wenn sie für ein paar Tage darauf verzichten, aber das ist natürlich eine Frage der persönlichen Vorlieben. Vielleicht dein Sinn für Humor?«
    »Machen Sie Witze?«
    »Deine Musikalität? Dein Können bei Spielen? Deine Fähigkeit, Klassenarbeiten zu bestehen? Kindheitserinnerungen? Dein Richtungssinn?«
    »Richtungssinn«, sagte ich schnell. Das schien mir die unwichtigste der Möglichkeiten zu sein, die er erwähnt hatte. Erst einmal war mein Richtungssinn sowieso nicht besonders, und dann war es ja auch nur für ein paar Tage.
    »Du bist Rechtshänderin, richtig? Gib mir deine rechte Hand.«
    Ich zögerte. »Sie wollen meine rechte Hand? Haben Sie nicht gesagt, nur meinen Richtungssinn?«
    Er lächelte beruhigend. »Nicht als Pfand. Nur als Leiter.«
    »Oh. Okay.« Ich legte meine Hand in seine trockene, kühle Hand.
    »Orientierung, von einem zum andern, raus aus dem Körper, du musst jetzt wandern!«
, intonierte er beeindruckend.
    Nichts passierte. Ich räusperte mich.
    »Nanu, nanu«, sagte er bedächtig. »Ich frage mich, wieso das nicht … Oh, was ist das denn?«
    »Das« waren die verfilzten Überreste des Garns, das Jaya mir um das Handgelenk geschlungen hatte.
    »Nur ein Knoten, den Anjalis kleine Schwester geknüpft hat.«
    »Schlaues Mädchen. Wie heißt sie?«
    »Jaya.«
    »Jaya Rao. Eine von Abigail Benders Schülerinnen, oder? Hm … Würde es dir etwas ausmachen, das abzunehmen?«
    »Nein, gar nicht«, sagte ich.
    Ich zog am Garn, aber es wollte nicht reißen. Ich kaute mit meinen Zähnen darauf herum; keine gute Idee. Ich fummelte am Knoten herum, aber ich konnte ihn nicht lösen.
    »Haben Sie eine Schere?«
    Dr.Rust griff in eine Schublade und reichte mir eine. Sie sah scharf aus, aber genau wie die billigen, stumpfen Babyscheren, die Kinder in der Grundschule bekommen, quetschte sie das Garn nur nutzlos zusammen.
    »Du könntest versuchen, etwas Ermunterndes dazu zu sagen«, schlug er vor. »Sag ihm, dass du auf den Schutz verzichtest und so. Wenn möglich in Reimform.«
    Ich dachte eine Minute nach.
    »Jetzt nicht mehr, geknüpfter Schutz. Lass mich los und . . . mach Schluss«
, sagte ich und kam mir dabei sehr albern vor. Aber es funktionierte: Der Knoten löste sich, sobald ich ihn berührte.
    Ich schob das Garn von meinem Handgelenk. Es hatte also tatsächlich magische Kräfte gehabt. Ich hatte angenommen, Jaya hätte nur gespielt. Hatte es mich tatsächlich beschützt? Vielleicht hätte ich gründlicher überlegen sollen, ehe ich mich davon trennte. Aber jetzt war es zu spät.
    »Sehr gut«, sagte Dr.Rust, nahm meine Hand und begann von vorn.
    Diesmal funktionierte die Verzauberung. Etwas tröpfelte aus mir heraus. Es floss nur schwer, als würde man Blut spenden. Es hatte eine kompliziert gemusterte Struktur, die mehr Platz einzunehmen schien, als man sehen konnte, so als hätte sie zusätzliche Dimensionen. Es floss und floss heraus – war
das
wirklich in mir drin gewesen?
    Doc Rust legte es vorsichtig auf den Rand des Schreibtischs. Ich befürchtete, dass es durch die Eigenbewegung herunterfallen würde, aber es fiel nicht. Es roch furchtbar vertraut, wie mein eigener Atem.
    »Hier unterschreiben«, sagte er.
    Ich unterschrieb.
    »Jetzt der Eid. Sprich mir nach:
    Frei gewählt: Sei Pfand für mich
,
    Ich verzichte nun auf dich.
    Ich bewahre nun

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