Die geheime Waffe
dem Datenschutz?«, fragte Petra, während sie bereits die Tasten bearbeitete. Aus den Augenwinkeln sah sie Torstens wegwerfende Handbewegung und wusste, dass diesem die Datenschutzgesetze im Augenblick gleichgültig waren. Die Informationen, die sie brauchte, hätte sie nach einem entsprechenden Papierkrieg auch auf offiziellem Weg erhalten können. Sie aber zog die schnellere Methode über die Datenleitung vor. Wenn es herauskam, würde sie einen Rüffel erhalten, doch das war ihr die Freundschaft mit Torsten wert.
Nach einer Weile sah sie wieder zu ihm hoch. »Hier habe ich was. Da ist zum einen ein amerikanischer Pilot, dessen Flugzeug bei einem waghalsigen Flugmanöver außer Kontrolle geraten und in ein Wohnhaus gestürzt ist. Er hat sich mit dem Schleudersitz retten können, aber drei Bewohner des Hauses, darunter zwei kleine Kinder, hat es erwischt.«
Torsten schüttelte den Kopf. »Den Kerl hält die US Air Force unter Verschluss. Außerdem ist er schon unauffällig zurück in die Staaten geschafft worden.«
Petra suchte weiter und stieß schließlich einen triumphierenden Laut aus. »Hier ist etwas Interessantes, das in unser Raster passt. Morgen wird in Lingen an der Ems ein Mann entlassen, der als Müllkönig bezeichnet wird. Ihn hat man beschuldigt, in seinen Deponien illegal Giftmüll gelagert zu haben. Auf einer aufgelassenen Deponie wurden später preisgünstige Wohnungen für junge Familien gebaut. Fünf Kinder sind dort gestorben, bis die Behörden herausgefunden haben, dass die Giftrückstände der alten Deponie daran schuld waren. Die ganze Siedlung musste abgerissen und der Giftmüll entfernt werden. Der Müllkönig kam in Untersuchungshaft,
und alle haben damit gerechnet, dass er etliche Jahre hinter Gittern verbringen würde. Doch dann brachten seine Anwälte entlastendes Material zum Vorschein, das die Schuld an den Giftmülllagerungen einem vor Jahren verstorbenen Mitarbeiter seiner Firma zuschob. Der sei von verschiedenen Seiten bestochen worden, damit die Leute giftige Rückstände auf seiner Deponie abladen konnten. Aus diesem Grund kam der Müllkönig mit einer lächerlich geringen Strafe davon, die mit der Untersuchungshaft als verbüßt angerechnet wurde. Morgen wird er entlassen.«
»Es kann doch sein, dass dieser Mitarbeiter die Sache wirklich auf eigene Rechnung durchgezogen hat«, wandte Torsten ein.
»Dann müsste er das Geld unter seinem Kopfkissen versteckt haben. Der Mann hatte bis zu seinem Tod keine besondere Summe auf dem Konto und seiner Frau und den beiden Kindern nur ein mit Hypotheken belastetes Haus hinterlassen. Außerdem ist er wahrscheinlich selbst an den Folgen dieser Giftmülllagerungen gestorben. Eigenartigerweise konnte seine Frau während des Prozesses ihre Hypotheken tilgen und eine teure Auslandsreise antreten. In meinen Augen ein guter Preis für ein Stück Papier, auf dem sie bezeugt hat, ihr Mann habe Drohungen gegen seinen Chef ausgestoßen und erklärt, er würde es ihm noch heimzahlen, weil er zweimal keine Gehaltserhöhung bekommen hätte.«
»Wie bist du eigentlich an diese Daten gekommen?« Torsten schüttelte ungläubig den Kopf.
Petra lachte. »Betriebsgeheimnis. Na, was sagst du jetzt zu unserem Müllkönig?«
»Ein geeignetes Opfer für jemanden, der sich als Rächer toter Kinder aufspielen will.« Torsten war zwar nicht hundertprozentig überzeugt, aber bereit, auch nach einem Strohhalm zu greifen. »Du sagst, der Mann wird morgen entlassen?«
»Punkt acht Uhr in der Früh! Offiziell wird die Zeit allerdings
mit vierzehn Uhr angegeben. Wie es aussieht, wollen die Behörden jedes Aufsehen vermeiden.«
»Dann hoffen wir, dass unser Mörder sich nicht auf die offiziellen Informationen verlässt. Druck mir die Daten aus, damit ich mein Navi programmieren kann. Das muss irgendwo in Niedersachsen sein. Ich hole meine Sachen und fahre dann los.«
Petra sah auf ihre Armbanduhr. »Es ist gleich acht. Deinetwegen habe ich heute schon wieder Überstunden gemacht. Vielleicht solltest du besser fliegen. Dann könntest du dich noch ein Stündchen aufs Ohr legen.«
»Und habe eine Menge Ärger am Hals, bis ich ein entsprechend ausgerüstetes Ersatzfahrzeug bekomme. Nein danke! Ich nehme meinen Wagen. Den bin ich gewohnt. Also bis gleich. Beeil dich bitte!« Mit diesen Worten verließ Torsten Petras Büro.
Petra sah ihm nach und fragte sich, ob sie Major Wagner informieren sollte. Sie machte sich Sorgen um Torsten und fürchtete, er könnte über
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