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Die geheimen Jahre

Titel: Die geheimen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Unterschied zwischen möglichem Glück und tiefstem Schmerz. Daniel biß die Zähne aufeinander und schaffte es schließlich, dem Cottage – und Thomasine – immer näher zu kommen.
    Thomasine duckte sich hinter den Kamin und wußte, daß sie mit ihren Kräften am Ende war. Die Angst um William hatte ihr anfangs Stärke gegeben, aber die Anstrengung, aufs Dach zu klettern, hatte diese Kraft verbraucht, und jetzt fühlte sie sich schwach und erschöpft. Ihre Glieder waren starr vor Kälte, und der Regen hatte sie bis auf die Haut durchnäßt. Sie konnte die Laterne nicht mehr schwingen, um damit vielleicht jemand auf sich aufmerksam zu machen. Sie hatte sie wieder an den Schornstein gebunden. Wenn sie jetzt ausginge, wären die Streichhölzer zu naß, um sie wieder anzuzünden.
    William, der noch immer in dem Spalt zwischen Dach und Kamin eingeklemmt dasaß, war eingeschlafen. Sie war froh darüber, denn solange er schlief, hatte er keine Angst. Was sie selbst anbelangte, so war sie eigentlich zu müde, um sich noch zu fürchten. In ihrem Innersten wußte sie, daß sie nicht weit davon entfernt war, sich vom Dach in die erlösende Umarmung des Wassers fallen zu lassen. Daher blieb sie aufrecht stehen, die Hände wärmesuchend um den Glassturz der Öllampe gelegt.
    Der Regen schlug ihr ins Gesicht. Allmählich spürte sie die Kälte nicht mehr, sie glitt in eine nebelige Wärme und entzog sich einer Wirklichkeit, gegen die sie angekämpft hatte, von der sie aber schließlich doch besiegt worden war. Das Dach kam ihr inzwischen fast friedlich vor … selbst das Tosen des Sturms ebbte ab. Sie hoffte, daß auch Nicholas eine Art Frieden gefunden hatte, bevor er starb. Mit halbgeschlossenen Augen erinnerte sie sich, wie sie mit Daniel auf die Buche geklettert war und auf die Glockenblumen hinabgesehen hatte. Doch wenn sie jetzt hinabsah, waren die Glockenblumen schwarz, abgesehen von einem auf und ab hüpfenden Lichtpunkt in der Dunkelheit …
    Mit einem Schlag war sie wieder hellwach und richtete den Blick auf das Licht. Als sie die Augen zusammenkniff und vor dem Regen bedeckte, warf das Licht einen größeren Schein, und sie erkannte das Boot.
    Sie hörte sich wie wahnsinnig auflachen. Aus Angst, das Boot könnte sich wieder in der Dunkelheit auflösen, ließ sie es keinen Moment lang aus den Augen. Inzwischen war es auf eine Entfernung von ein paar Metern an das halb untergegangene Haus herangekommen. Thomasine stieß laute Rufe aus, packte die Lampe und schwenkte sie heftig hin und her. Als der einsame Ruderer aufblickte, erkannte sie, daß es Daniel war.
    Jetzt wußte sie, daß sie gerettet waren. Daß der starke, umsichtige Daniel sie retten und in Sicherheit bringen würde. Thomasine ließ sich aufs Dach sinken, weil ihr vor Erleichterung die Beine schwach wurden. Daniel steuerte das Boot seitlich zum Haus.
    Â»Thomasine!« Seine Stimme übertönte das Brausen von Sturm und Wasser. »Ist alles in Ordnung? Ist William in Sicherheit?«
    Â»Mir geht’s gut, und William ist hier!« rief sie, auf den Kamin deutend. »O Daniel – Gott sei Dank, daß du gekommen bist …«
    Er kauerte im Boot und wickelte das Seil auf. »Ich werf dir das zu, Thomasine. Versuch es zu fangen.«
    Sie nickte, und das Seil flog durch die Luft auf sie zu. Sie streckte die Hand aus, berührte es kurz, aber dann rutschte es ihr aus der Hand und fiel das Dach hinunter.
    Â»Tut mir leid …«
    Â»Macht nichts, wir probieren’s noch einmal.« Erneut wickelte er das Seil um seinen Arm. Das Boot schwankte gefährlich. Wieder wurde ihr das Seil zugeworfen, und diesmal fing sie es auf.
    Â»Kannst du es um den Schornstein binden?«
    Sie begriff, was er vorhatte. Sorgfältig wickelte sie das Seil mehrmals um den eckigen Kamin. Ihre Finger waren klamm und starr, einen Knoten zu binden tat höllisch weh.
    Â»Bind das andere Ende um Williams Taille und laß ihn zu mir runter.«
    Vorsichtig weckte sie William auf. »Mr. Gillory ist mit dem Boot gekommen, William. Es ist alles gut. Wir sind bald in Sicherheit.« Sie schaffte es, das Seil um die Taille des kleinen Jungen zu wickeln und mit zwei Knoten festzubinden. Dann half sie ihm, auf die andere Seite des Kamins zu kriechen.
    Â»Mami, ich hab Angst  …«
    Â»Ich weiß, Liebling. Aber das Boot ist nicht

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