Die Geheimnisse des Nicholas Flamel - Die silberne Magierin: Band 6 (German Edition)
schwankte.
»Ein Erdbeben«, stellte Prometheus fest. »Bedeutet das jetzt, dass Ruaumoko sich doch noch auf die Seite der Dunklen Älteren geschlagen hat?«
»Nein, ich fürchte, unser feuriger Freund ist in einem Schattenreich gefangen«, erwiderte Niten mit leisem Lächeln. »Es kam zu einer kleinen Auseinandersetzung mit Aoife und er hat verloren.«
Ein Nachbeben grollte und die Metallbrücke dröhnte leise.
In die kalte Seeluft mischte sich der bittersüße Geruch von Anis. Prometheus machte nur einen einzigen Schritt und stand in seiner glänzenden roten Rüstung mit einem gewaltigen Breitschwert auf dem Rücken da. In einer Hand hielt er einen Kriegshammer und in der anderen eine Streitaxt.
Niten trug immer noch seinen schwarzen Anzug, hatte sich jetzt aber für alle sichtbar seine beiden Schwerter – ein Katana und ein Wakizashi – auf den Rücken geschnallt.
Als sich der Nebel über die Stadt gesenkt hatte und das Fahren zu gefährlich geworden war, hatten viele Leute ihre Wagen auf der Brücke stehen lassen. Wie schlafende Tiere kauerten sie jetzt in der Dunkelheit. Prometheus und Niten schauten im Vorbeigehen in jedes hinein, doch sie waren alle leer. Bei einem brannten noch die Scheinwerfer. Die Lichtbündel wurden von einer wabernden, undurchdringlichen Wand zurückgeworfen.
»Zwei gegen zweiunddreißig«, sagte Niten. »Nicht schlecht.«
»Ich habe noch nie gegen Sparten gekämpft«, gab Prometheus zu. »Ich kenne nur ihren Ruf – und der ist zum Fürchten.«
»Unser Ruf ist ganz ähnlich«, bemerkte Niten.
»Deiner ja. Ich war nie ein besonders guter Kämpfer. Und nach dem Untergang der Insel habe ich nur noch ganz selten eine Waffe in die Hand genommen.«
»Das Kämpfen ist eine Fertigkeit, die man nie verlernt.« Ein trauriger Unterton schwang in der Stimme des Japaners mit. »Mein erstes Duell habe ich mit dreizehn ausgefochten. Und seither kämpfe ich.«
»Aber du bist nicht nur Schwertkämpfer«, erinnerte Prometheus ihn. »Du bist auch Künstler, Bildhauer und Schriftsteller.«
»Niemand ist nur eines allein«, antwortete Niten. Seine Schulter fiel nach unten und plötzlich hatte er sein Schwert in der linken Hand. Auf der Klinge glitzerten Wassertropfen. »Aber zuallererst war ich immer ein Krieger.« Er stach mit dem Schwert in den Nebel und rührte ihn um wie eine Flüssigkeit.
»Er wird dichter«, stellte Prometheus fest.
»Was gut ist. Wir können ihn uns zunutze machen.«
»Aber wir sehen sie nicht.«
»Sie uns auch nicht. Unser Vorteil ist, dass wir genau wissen, mit wem und womit wir es zu tun haben. Sie haben keine Ahnung, was sie erwartet. Oder wie viele.«
»Ein gutes Argument.«
»Darf ich einen Vorschlag machen?«, fragte Niten fast schüchtern.
»Natürlich. Wenn es ums Kämpfen geht, bist du der Meister und Experte.«
»Lass deine Rüstung wieder verschwinden.«
Prometheus blinzelte überrascht.
Niten schnupperte. »Ich kann deine Aura riechen. Und wenn ich es kann, können andere es auch. Außerdem umgibt dich ein ganz schwacher roter Schimmer. In diesem düsteren Licht kommst du wie ein Leuchtfeuer daher.«
»Kann ich die Schwerter behalten?«, wollte Prometheus wissen.
»Eines sollte genügen.«
»Du hast aber auch zwei«, meinte der Ältere.
»Ich bin schnell«, erwiderte Niten. »Aber du bist stark. Behalte das schottische.«
Prometheus nickte. Im nächsten Augenblick war seine Rüstung verschwunden und er stand in Jeans und T-Shirt und nur mit dem schottischen Breitschwert in der Hand da.
»Welche Seite der Brücke willst du?«, fragte Niten.
»Ich nehm die rechte«, entschied Prometheus.
»Dachte ich mir.« Niten nickte und ging auf die linke Seite. »Wir dürfen die Sparten auf keinen Fall in die Stadt hineinlassen.«
»Aber denk dran, Schwertkämpfer, wir brauchen sie nicht zu töten. Es genügt, wenn wir sie bis Sonnenaufgang aufhalten. Dann schwindet die Energie, die sie belebt. Ich befürchte allerdings, dass einer oder zwei uns hier in einen Kampf verwickeln und der Rest einfach vorbeiflutscht. Wir können es nicht mit allen gleichzeitig aufnehmen.«
Niten nickte. »Wir brauchen eine Art Barriere …«, begann er.
Der Ältere und der Unsterbliche blickten gleichzeitig zu den verschwommenen Umrissen der abgestellten Wagen. »Wie stark bist du?«, fragte Niten.
»Sehr stark. Du denkst an eine Mauer aus Wagen?«
Der Nebel verwandelte Nitens dunkles Haar in eine silberne Haube. Er hob zwei Finger und spreizte sie wie ein V. »Wir
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