Die Geheimnisse des Nicholas Flamel - Die silberne Magierin: Band 6 (German Edition)
sich zur Seite und wackelte bedenklich. Perenelle ging rasch zur anderen Seite, damit das Gleichgewicht wiederhergestellt war.
Das Paar stand nebeneinander auf dem gefrorenen Stück Meer. Ringsherum war das Wasser nach wie vor flüssig. Der Alchemyst rieb die Hände aneinander, als forme er eine Kugel. Pfefferminzduft überlagerte fast alle anderen Gerüche. Er holte aus und schleuderte seine grüne Aura als knapp eineinhalb Meter langes Band von sich. Es klatschte aufs Wasser und sofort wurde eine schmale Eisbrücke daraus. Hand in Hand betraten der Alchemyst und die Zauberin den knackenden Steg.
Am Ende angekommen, holte Perenelle aus und ein schimmerndes, zwei Meter langes Stück weißer Rauch legte sich auf die Meeresoberfläche und verwandelte sie in Eis.
Schweigend bewegte sich das Paar vorwärts, indem es die Eisbrücke Stück für Stück vor sich entstehen ließ. Hinter ihnen holte sich das salzige Meerwasser den eisigen Pfad rasch wieder zurück. So dicht an der Wasseroberfläche und eingehüllt in den immer dichter werdenden Nebel, konnten sie absolut nichts erkennen und hatten keine Vorstellung, wie weit sie sich vom Ufer entfernt hatten. Sie wussten nur, dass es ein gutes Stück sein musste, da die Wellen inzwischen höher waren und beim Gefrieren wunderschöne, S-förmige Gebilde entstanden. Die rauere See bedeutete allerdings, dass der Eissteg nur Sekunden hielt und die Zeit kaum reichte, um von einem zum nächsten zu laufen.
Plötzlich drückte Perenelle die Hand ihres Mannes. Er nickte wortlos.
Irgendetwas hatte links von ihnen das Wasser aufgewühlt. Es brodelte ein zweites und ein drittes Mal. Dann hörten sie ganz schwach wie aus winzigen, weit entfernten Kopfhörern etwas, das klang wie ein Zoo zur Fütterungszeit. Da wussten sie, dass sie die Insel fast erreicht hatten.
Flamel warf das nächste Wegstück ins Wasser. In dem Moment, in dem sie es betraten, tauchte ein Ungeheuer aus dem Nebel auf.
Dann ein zweites und ein drittes.
Nereiden.
Wild zerzaustes grünes Haar, schiefe Zähne und ausgestreckte Krallen, so schossen sie aus dem Nebel auf die beiden Gestalten auf dem schmelzenden Eissteg mitten in der Bucht von San Francisco zu.
KAPITEL DREISSIG
D ie Nereide war riesig.
Im Gegensatz zu ihren beiden grünhaarigen Gefährtinnen war sie kahlköpfig. Eine Seite ihres Gesichts war von einer langen, weißen Narbe und etlichen kleineren, schlecht verheilten Wunden entstellt. Das Auge auf dieser Seite war nur noch eine milchige Kugel. Den Mund in einem gurgelnden Schrei weit aufgerissen, ein Arm erhoben, stellte sich das narbige Monster auf seinen Schwanz und stieß einen gefährlich spitzen steinernen Dreizack in Perenelles Richtung.
Die Zauberin machte einen Satz nach hinten. Sie verlor den Boden unter den Füßen und stürzte aufs Eis, das sofort in zwei Stücke zerbrach.
Flamel warf der Kreatur eine Handvoll seiner grünen Aura ins Gesicht. Das Meerwasser auf der nassen Nereide gefror und bildete einen rissigen Überzug. Es begann am Kopf, ging über Brust und Bauch bis hinunter zum Schwanz und verwandelte sie in einen kompakten Eisblock. Nur Sekunden, bevor das Gewicht des Eises sie zum Kippen brachte und sie kopfüber ins aufgewühlte Wasser stürzte, riss er ihr den Dreizack aus den Klauen und stach damit auf eine der anderen Nereiden ein, die auf den auseinandergebrochenen Eissteg zu klettern versuchte. Mit wild um sich schlagendem Schwanz glitt sie ins Wasser zurück.
Perenelle lag immer noch auf dem Rücken. Die dritte Nereide versuchte, sie ins Wasser zu ziehen. Die Zauberin warf ihr Eisstückchen in die Augen, doch das Monster grub die langen Krallen in die Eisbrücke und hievte sich weiter aus dem Meer.
Doch dann bespritzte Nicholas es mit seiner Aura. Die Nereide gefror sofort zu einem Eisblock, durch dessen Gewicht die Steghälfte noch einmal in zwei Teile brach. Das kleine Reststück, auf dem Perenelle jetzt lag, schmolz rasch.
Und ringsherum tauchten immer mehr Nereiden aus dem Wasser auf.
Flamel presste die Hand auf den Skarabäusanhänger an seinem Hals und aktivierte seine Kraftreserven. Seine gespreizten Finger sandten breite Bahnen seiner grünen Aura übers Wasser. Sofort überzog ein kristallener grüner Teppich die Oberfläche, sodass die Nereiden nicht mehr aufsteigen konnten. Sie heulten und hämmerten von unten gegen das Eis.
Perenelle sprang im letzten Augenblick von ihrer fast geschmolzenen Eisscholle. Sie landete auf dem grünen Teppich und schlitterte
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