Die Geheimnisse des Nicholas Flamel - Die silberne Magierin: Band 6 (German Edition)
Unterstützung kommt, könnte es sein, dass diese Auren, zusätzlich zu allen anderen hier, ein noch viel stärkeres Erdbeben auslösen. Wir müssen hinüber auf die Insel und die Sache beenden.« Perenelle nahm ihren Mann an der Hand und zog ihn über die Uferstraße zum Wasser. »Sobald wir unsere Auren einsetzen, kennt wer oder was immer da draußen ist, unseren Standort. Und der Alterungsprozess setzt ein. Falls uns auf dem Weg über die Bucht irgendetwas aufhält, laufen wir Gefahr, an Altersschwäche zu sterben, bevor wir die Insel erreichen.«
Perenelle und Nicholas liefen am Bay-Aquarium vorbei. Auf ihrer linken Seite hörten sie Wasser gegen Holzpfähle schlagen. Sie wussten beide, dass an den Liegeplätzen Dutzende Boote vertäut waren, auch wenn man sie wegen des Nebels nicht sehen konnte. Sie hörten Bootskörper gegen das Holz poltern und daran entlangratschen und Stage gegen Metall scheppern. Als direkt vor ihnen ein Mast aufragte, wussten sie, dass sie am Rand des Piers standen. Der Nebel waberte wie Dampf vom Wasser herauf.
»Weißt du noch, wie man es macht?«, fragte Flamel mit einem vorsichtigen Grinsen.
»Natürlich.« Perenelle lächelte. »Es ist ein einfacher Transmutationszauber, ein Verwandlungszauber. Früher haben wir damit die …« Sie stockte. Ihr Lächeln erlosch.
Flamel sprach aus, was sie sagen wollte: »Früher haben wir damit die Kinder unterhalten.« Er nahm seine Frau in den Arm und drückte sie fest an sich. Ihr Haar war feucht an seinem Gesicht. »Wir haben getan, was wir für richtig hielten«, fuhr er rasch fort, »und ich werde nie akzeptieren, dass es falsch war.«
»Wir haben auf das Buch aufgepasst«, murmelte sie.
Jahrhundertelang hatten Nicholas und Perenelle Flamel nach den legendären Zwillingen gesucht. Wenn sie ein Zwillingspaar mit goldener beziehungsweise silberner Aura fanden, versuchten sie es zu erwecken. Die wenigen, die den Prozess überlebten, trugen allesamt Gehirnschäden davon. Bis Sophie und Josh kamen.
»So viele verlorene Leben«, flüsterte sie.
»So viele gerettete«, warf er rasch ein. »Wir haben dafür gesorgt, dass das Buch nicht in Dees Hände fiel. Kannst du dir vorstellen, was er damit getan hätte? Und schließlich haben wir die legendären Zwillinge doch noch gefunden und erfolgreich erweckt. Wir haben das Richtige getan, davon bin ich überzeugt.«
»Ich nehme an, Doktor Dee sagt genau dasselbe, um sein Handeln zu rechtfertigen«, meinte Perenelle bitter.
»Perenelle.« Nicholas blickte seine Frau eindringlich an. »Unsere Reise hat uns hierher geführt, an diesen Ort, in diese Zeit, wo wir etwas bewirken können. Zusammen können wir die Stadt retten und verhindern, das die Dunklen des Älteren Geschlechts dieses Schattenreich zerstören.«
Die Zauberin nickte und löste sich aus der Umarmung ihres Mannes. Sie stellte sich ganz an den Rand des Piers, streckte die linke Hand aus, drehte die Handfläche nach oben und bog die Finger auf. Ihre eisweiße Aura bildete eine Pfütze in ihrer Hand. Langsam stiegen Blasen auf und zerplatzten, dann lief die Flüssigkeit über und tropfte in langen, gallertartigen Fäden ins Meer. Flamel streckte ebenfalls die Hand aus, und kurz bevor er die seiner Frau ergriff, legte sich seine eigene Aura als grüner Handschuh um seine Finger. Ein kräftiger Minzegeruch erfüllte die Luft. Die Auren vermischten sich – weiß und grün – und wurden zu einer klebrigen, smaragdgrünen Masse. Sie tropfte durch ihre zusammengelegten Hände ins Wasser und verwandelte den Nebel im Fallen in grüne Eissplitter.
»Transmutation«, murmelte Flamel, »eines der einfachsten Gesetze der Alchemie.«
Perenelle lächelte. »Für dich vielleicht.«
»Mein Spezialgebiet«, gab er zu. »Wir brauchen lediglich den Zustand des Wassers von flüssig nach fest zu verändern.«
Da, wo die Auren der Flamels das Wasser berührten, entstand eine runde Eisplatte. Knackend und klirrend gefroren die Wellen, während sie aufstiegen, und krachten als Eisscholle gegen den Pier.
Nicholas half Perenelle, auf die gefrorene Platte hinunterzusteigen. Sie stampfte mit dem Fuß auf. Das Eis knackte, aber es hielt. Dann hüpfte sie auf und ab.
»Bitte tu das nicht«, flüsterte Flamel.
»Komm herunter«, rief sie, »es ist fest.«
»Gut. Wir müssen uns beeilen.« Der Alchemyst setzte einen Fuß aufs Eis. »Es wird nicht lange so bleiben. Das Salzwasser greift es an.« Als er mit seinem vollen Gewicht auf die Eisplatte trat, neigte sie
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