Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
und hätte gern Cyrus Smith darüber gefragt. Nab kam endlich zu dem Einsehen, daß ihn die ganze Geschichte nichts angehe und nur seinen Herrn betreffe, und wenn es ihm nicht um seine ängstlicheren Gefährten zu thun gewesen wäre, hätte der wackere Neger diese Nacht ebenso gewissensruhig durchschlafen, als läge er auf seiner Stätte im Granithause.
    Mehr als alle Anderen polterte aber Pencroff und gerieth nach und nach in nicht geringe Wuth. »Das ist eine Posse, rief er, das ist eine Posse, die uns gespielt worden ist. Ich liebe die Narrenstreiche nicht, und wehe dem Possenreißer, wenn er mir in die Hände fällt!«
    Mit dem ersten Grauen des Tages begaben sich die Colonisten wohlbewaffnet nach dem Ufer. Das Granithaus, auf welches die Strahlen der Morgensonne fielen, mußte bald erkennbar werden, und wirklich zeigten sich die Fenster mit geschlossenen Läden noch vor fünf Uhr hinter ihrem grünen Blätterschmucke.
    So weit erschien also Alles in Ordnung; ein Schrei entrang sich aber den Colonisten, als sie die bei ihrem Weggange wohlverschlossene Thür weit offen stehend sahen.
    Irgend Jemand war also in das Granithaus hineingegangen, darüber konnte nun kein fernerer Zweifel sein.
     

    Vertreibung ungebetener Gäste. (S. 307.)
     
    Die obere Strickleiter hing wie gewöhnlich von der Thür nach dem Felsenabsatze herunter; die andere aber war bis zur Schwelle hinausgezogen.
    Es lag auf der Hand, daß die Eindringlinge sich gegen jede Ueberraschung hatten sicher stellen wollen.
    Wer und wieviel sie wären, ließ sich vorläufig nicht entscheiden, da sich Niemand blicken ließ.
    Pencroff rief jetzt von Neuem.
    Keine Antwort.
    »Diese Schurken! fuhr der Seemann auf, da schlafen sie ganz ruhig, als ob sie zu Haus wären. O, Ihr Piraten, Ihr Banditen, Corsaren, Ihr Söhne John Bull’s!«
    Wenn Pencroff in seiner Eigenschaft als Amerikaner Jemand als einen Sohn John Bull’s bezeichnete, so hatte er sich damit bis zur Grenze der Beschimpfung erhoben.
    Eben wurde es vollständig Tag und erglänzte die Façade des Granithauses in den Strahlen der Sonne. Doch innerhalb wie außerhalb des Hauses blieb Alles vollkommen ruhig.
    Noch einmal fragten sich die Colonisten, ob ihre Wohnung von Anderen besetzt sei oder nicht, und doch bewies die Situation leider das Erstere mit Gewißheit, und eben so sicher war es, daß die Eindringlinge, sie mochten nun sein, wer sie wollten, nicht daraus wieder fort sein konnten. Aber auf welchem Wege sollte man zu ihnen gelangen?
    Harbert kam zuerst auf den Gedanken, einen Strick an einem Pfeil zu befestigen und letzteren zwischen die ersten Sprossen der Leiter zu schießen, die an der Schwelle des Einganges hing. Man mußte dann doch, ziehend an dem Stricke, die Leiter herabholen und die Verbindung zwischen dem Boden und dem Granithause wieder herstellen können. Offenbar gab es keinen anderen Ausweg, und konnte die Sache bei einigem Geschick wohl von Erfolg sein. Zum Glück waren Bogen und Pfeile in einem Nebenraume der Kamine aufbewahrt, wo sich auch einige zwanzig Faden leichten Hibiscus-Seiles befanden. Pencroff entrollte das Letztere und befestigte das eine Ende an einem gefiederten Pfeil. Harbert visirte, nachdem er sein Geschoß zurecht gemacht, genau nach dem obersten Punkte der Leiter.
    Cyrus Smith, Gedeon Spilett, Pencroff und Nab waren etwas zurückgetreten, um besser beobachten zu können, was an den Fenstern des Granithauses vorging. Der Reporter bewachte mit angelegtem Carabiner die Thür.
    Der Bogen schnellte zurück, der Pfeil pfiff durch die Luft, zog den Strick mit sich und traf glücklich zwischen die beiden letzten Sprossen.
    Der Versuch war geglückt.
    Sofort ergriff Harbert den Strick; sobald er aber anzog, um die Strickleiter zu lösen, ergriff diese plötzlich zwischen Thür und Mauer ein Arm, und zerrte sie schnell in das Granithaus zurück.
    »Dreifacher Schurke! wetterte der Seemann; wenn Dich eine Kugel glücklich machen kann, sollst Du nicht lange warten.
    – Aber wer ist es denn? fragte Nab.
    – Wer? Hast Du es nicht gesehen? …
    – Nein.
    – Das war ein Affe, eine Meerkatze, ein Sapaju, ein Orang-Utang, ein Pavian, ein Gorilla! Unsere Wohnung ist von Affen eingenommen, die während unserer Abwesenheit die Leiter hinaufgeklettert sind!«
    In dem Augenblick zeigten sich, fast wie um dem Seemann Recht zu geben, drei oder vier Vierhänder an den Fenstern, deren Läden sie zurückgestoßen hatten, und begrüßten die gefoppten Besitzer des Platzes mit

Weitere Kostenlose Bücher