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Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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in wiederholten Ausrufungen Luft.
    »Das kann der Wind unmöglich gethan haben, bemerkte Harbert.
    – Ich fange an zu glauben, daß auf der Insel Lincoln sonderbare Dinge vor sich gehen, sagte Pencroff.
    – Sonderbare? antwortete Gedeon Spilett, nein, Pencroff, das geht Alles ganz natürlich zu. Während unserer Abwesenheit ist Einer gekommen, hat von unserer Behausung Besitz genommen und die Leiter in die Höhe gezogen.
    – Einer gekommen? fragte verwundert der Seemann. Und wer denn?
    – Nun, der Jäger, von dem das Schrotkorn herrührt. Wozu sollte das dienen, als um unser Mißgeschick zu erklären?
    – Gut, wenn sich irgend Jemand da oben befindet, fuhr Pencroff mit einem leisen Fluche fort, so rufe ich ihn an, bis er antwortet.«
    Mit wahrer Donnerstimme ließ der Seemann sein: »Ohe!« ertönen, das die Echos hundertfach wiedergaben. Die Colonisten lauschten und glaubten in der Höhe des Granithauses eine Art Hohngelächter zu vernehmen, dessen Ursprung ihnen unerklärlich blieb. Doch keine Stimme antwortete auf Pencroff’s wiederholte laute Rufe.
    Eine Sachlage, die auch die indifferentesten Menschen aufgerüttelt hätte, konnte unsere Ansiedler offenbar nicht gleichgiltig lassen. In ihrer Lage gewann jedes Vorkommniß an Gewicht, und seit den sieben Monaten, die sie die Insel bewohnten, war ihnen etwas so Auffallendes nicht zugestoßen.
    Doch ob sie auch jede Anstrengung vergaßen und von dem sonderbaren Ereignisse erregt waren, sie befanden sich immer am Fuße des Granithauses, wußten nicht, was sie denken, was sie thun sollten, fragten einander, ohne sich eine Antwort geben zu können, und häuften immer eine unwahrscheinlichere Hypothese auf die andere.
    Nab jammerte darüber, nicht in seine Küche zu können, und um so mehr, weil die Reisevorräthe erschöpft waren und man für den Augenblick keine Mittel hatte, sie zu ersetzen.
    »Es bleibt uns nur Eins übrig, meine Freunde, begann Cyrus Smith, das ist, den Tag ruhig zu erwarten und dann den Umständen gemäß zu handeln. Wir wollen jetzt nach den Kaminen gehen, dort sind wir geschützt genug, um wenn nicht essen, so doch schlafen zu können.
    – Wer ist aber der Taugenichts, der uns diesen Streich gespielt hat?« fragte Pencroff, der sich über das Abenteuer nicht beruhigen konnte, noch einmal.
    Mochte das sein, wer es wollte, jetzt hatte man keinen anderen Weg, als nach dem Rathschlag des Ingenieurs nach den Kaminen zu gehen und dort den Tag zu erwarten. Inzwischen erhielt Top Ordre, unter den Fenstern des Granithauses zu bleiben, und wenn der Hund einen Befehl seines Herrn empfing, so führte er ihn ohne Widerrede aus. Der brave Wächter blieb also am Fuße der Granitwand, während sein Herr und dessen Begleiter in den Felsen Schutz suchten.
    Es hieße lügen, wenn man sagen wollte, daß die Colonisten trotz ihrer Müdigkeit auf dem Sandboden der Kamine gut geschlafen hätten. Einestheils mußte dieses neue Ereigniß sie beunruhigen, ob es nur die Folgen eines Zufalls waren, dessen Ursachen sich dereinst aufklären möchten, oder im Gegentheil das Werk eines Menschen; anderntheils lagen sie auch weniger gut, als gewöhnlich. Auf jeden Fall war ihre Wohnung eingenommen und für sie ungangbar gemacht.
    Das Granithaus stellte aber auch mehr als ihre Wohnung dar, es bildete gleichzeitig die Niederlage ihrer Reichthümer aller Art. Dort befand sich das ganze Material der Colonie an Waffen, Instrumenten, Werkzeugen, Schießbedarf, Lebensmitteln u.s.w. Wenn das Alles jetzt geplündert wäre, und die Ansiedler müßten ihre Arbeiten von vorn beginnen! Bei dieser bedenklichen Aussicht schlich sich immer Einer nach dem Andern von Unruhe getrieben einmal hinaus, um zu sehen, ob Top wohl aufmerksam Wache hielte. Cyrus Smith allein wartete die Entwickelung mit gewohnter Geduld ab, obwohl es gerade ihn bei seinem so scharfen Verstande besonders quälte, vor einer absolut unerklärlichen Thatsache zu stehen, und er ärgerte sich bei dem Gedanken, daß um und vielleicht über ihn sich ein Einfluß geltend machte, für den er keinen Namen hatte.
     

    Top wird als Wächter angestellt. (S. 302.)
     
    Gedeon Spilett theilte vollkommen seine Meinung, und Beide unterhielten sich wiederholt, doch nur halblaut, von diesen sonderbaren Umständen, gegenüber denen ihr Scharfsinn und ihre Erfahrung sie im Stiche ließen. Die Insel barg ohne Zweifel ein Geheimniß, aber wie sollte man zu dessen Erklärung gelangen? Harbert seinerseits wußte nicht, was er denken sollte,

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