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Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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der Seemann, und daran hatte ich Querkopf noch nicht gedacht!«
    Ohne Zweifel erschien das als der einzige Weg, in die Wohnung einzuzudringen und die Affenbande daraus zu vertreiben. Die Abflußöffnung hatte man freilich mit wohlvermauerten Steinen verschlossen, die wieder ausgebrochen werden mußten; doch darüber zerbrach man sich nicht lange den Kopf. Zum Glück war Cyrus Smith’s Vorhaben, die Mündung durch Erhöhung des Seeniveaus ganz zu verbergen, noch unausgeführt, denn in diesem Falle hätte die Arbeit weit mehr Zeit in Anspruch genommen.
    Erst kurz nach Mittag verließen die Colonisten wohlbewaffnet und mit Aexten und Hacken versehen die Kamine, bedeuteten Top, unter den Fenstern auch ferner Wache zu stehen, und begaben sich längs des linken Ufers der Mercy auf den Weg nach dem Plateau der Freien Umschau.
    Noch hatten sie keine fünfzig Schritt hinter sich, als sie den Hund wüthend bellen hörten, als ob er ihnen verzweifelt zurief.
    Sie hielten an.
    »Schnell zurück!« rief Pencroff.
    Was sie laufen konnten, liefen sie nun wieder hinab.
    An der Ecke angekommen, sahen sie, daß die Situation sich wesentlich geändert hatte.
    Die Affen suchten in Folge einer unbekannten Ursache, die sie erschreckt haben mochte, eiligst zu entfliehen. Mit der Gelenkigkeit von Clowns liefen und sprangen einige derselben von einem Fenster zum anderen. Sie vergaßen sogar die Leiter wieder herabzulassen, die ihnen doch einen bequemen Ausweg geboten hätte. Sobald fünf oder sechs sich schußgerecht zeigten, gaben die Colonisten Feuer. Einige stürzten verwundet oder todt in die Zimmer zurück und heulten jämmerlich; andere fielen herab und zerschmetterten sich durch den Fall, so daß man bald nachher annehmen konnte, daß kein lebender Vierhänder sich mehr im Granithause befinde.
    »Hurrah! rief Pencroff, Hurrah! Hurrah!
    – Nicht soviel Hurrahs, ermahnte ihn Gedeon Spilett.
    – Warum nicht? Sie sind ja Alle todt, rechtfertigte sich der Seemann.
    – Zugegeben, doch damit ist für uns noch kein Mittel gewonnen, hinauf zu steigen.
    – So dringen wir durch den Wasserabfluß ein! versetzte Pencroff.
    – Gewiß, sagte der Ingenieur, und doch zöge ich es vor …«
    In diesem Augenblick sah man, wie als Antwort auf Cyrus Smith’s noch nicht geäußerten Wunsch, die Strickleiter von der Schwelle herabgleiten und bis zur Erde rollen.
    »Alle Wetter, das ist stark! rief der Seemann mit einem Blicke auf Cyrus Smith.
    – Sehr stark! murmelte der Ingenieur und schwang sich auf die erste Sprosse.
    – In Acht nehmen, Herr Cyrus! rief ihm Pencroff nach, wenn dort oben noch einige solche Kerle wären …
    – Das werden wir bald sehen«, antwortete der Ingenieur, ohne sich aufzuhalten.
    Alle folgten ihm nach, und eine Minute später langten sie an der Thürschwelle an.
    Man durchsuchte Alles. Das Hauptzimmer war leer, ebenso wie das Magazin, das von der Affenbande verschont geblieben schien.
    »Nun, aber die Strickleiter? fragte der Seemann, welcher Ehrenmann hat sie uns denn herunter geworfen?«
    Zu gleicher Zeit ließ sich auch ein Schrei hören, und stürzte sich ein großer in dem Verbindungsgange versteckt gewesener Affe, von Nab verfolgt, in den Saal.
    »Warte, Du Räuber! rief Pencroff, und wollte ihm schon mit der Axt den Schädel spalten, als Cyrus Smith ihn mit den Worten anhielt:
    – Verschonen Sie ihn, Pencroff.
    – Warum soll dieser Schwarze Gnade finden?
    – Weil er uns die Leiter zugeworfen hat.«
    Der Ingenieur sagte das mit so eigenthümlicher Stimme, daß man unklar blieb, ob er im Ernst spräche oder nicht.
    Nichtsdestoweniger stürzte man sich auf den Affen, der nach kräftiger Gegenwehr niedergeworfen und gefesselt wurde.
    »Was machen wir nun aus dem Burschen? fragte Pencroff.
    – Einen Diener für uns!« antwortete Harbert.
    Wenn er so sprach, scherzte der junge Mann keineswegs, denn er wußte, wozu man diese intelligente Race Vierhänder abzurichten vermochte.
    Jetzt erst betrachteten die Colonisten ihren Gefangenen genauer. Er gehörte wirklich zu jener Species der Anthropomorphen, deren Gesichtswinkel nur wenig hinter dem der Australier und der Hottentotten zurückbleibt. Es war ein Orang-Utang, der als solcher weder die Wildheit der Paviane, noch die Tollheit der Meerkatzen, weder die Unreinlichkeit der letzteren, die Ungeduld der meisten großen Affen, noch auch die üblen Neigungen der Hundskopfaffen besaß. Von derselben Familie der Anthropomorphen erzählt man sich so vielerlei, was fast eine

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