Die geheimnißvolle Insel
zukommen lassen!
– Ha, ein Gedanke, Herr Spilett! entgegnete Robert. Wir sagen für jetzt Pencroff hiervon nichts, richten diese Blätter zu, und eines schönen Tages präsentiren wir ihm eine gestopfte Pfeife!
– Einverstanden, Harbert, und an diesem Tage wird unser ehrenwerther Freund auf der ganzen Gotteswelt nichts mehr zu wünschen übrig haben!«
Der Reporter und der junge Mann sammelten einen tüchtigen Vorrath der geschätzten Pflanze ein, den sie in das Granithaus »einpaschten«, als ob Pencroff der scharfsichtigste und strengste Zollbeamte sei.
Cyrus Smith und Nab wurden in’s Vertrauen gezogen, der Seemann aber bemerkte Nichts trotz der langen Zeit, welche zum Trocknen und Zerkleinern der Blätter, sowie zu einer Art Röstung derselben zwischen erwärmten Steinen nothwendig war. Das Alles erforderte zwei Monate; alle Manipulationen konnten bequem ohne Wissen Pencroff’s vorgenommen werden, da dieser, beim Schiffsbau eifrig beschäftigt, nur Abends zur Essenszeit nach dem Granithause zurückkehrte.
Noch einmal wurde seine Lieblingsarbeit, er mochte wollen oder nicht, am 1. Mai durch ein Fischerei-Abenteuer unterbrochen, an dem alle Colonisten theilnehmen mußten.
Seit mehreren Tagen zeigte sich schon auf zwei bis drei Meilen seewärts ein riesenhaftes Thier im Gewässer der Insel, ein Walfisch der größten Art, der wahrscheinlich jener im Süden vorkommenden Species angehörte, welche man »Cap-Wale« nennt.
»Welch’ Glück für uns, wenn wir den Burschen fangen könnten! rief der Seemann. O, besäßen wir nur ein geeignetes Boot und eine gute Harpune, wie rief ich gerne: ›Auf, auf! Das Thier da zu haschen verlohnt sich der Mühe!‹
– Ei, Pencroff, sagte Gedeon Spilett, ich hätte Sie gern einmal die Harpune führen sehen! Das muß eigenthümlich sein.
– Sehr eigenthümlich und nicht gefahrlos, fiel der Ingenieur ein; doch da uns alle Hilfsmittel fehlen, das Thier dort anzugreifen, ist es wohl richtiger, an dasselbe gar nicht mehr zu denken.
– Ich bin erstaunt, sagte der Reporter, einen Walfisch in verhältnißmäßig so hoher Breite zu sehen.
– Und weshalb, Herr Spilett? antwortete Harbert. Wir befinden uns gerade in demjenigen Theile des Pacifischen Oceanes, den die englischen und amerikanischen Fischer ›
Wahle-Field
‹ 1 nennen, und hier mitten zwischen Neu-Seeland und Südamerika begegnet man diesen Meeresriesen am häufigsten.
– Ganz richtig, bestätigte Pencroff, und mir ist es weit mehr aufgefallen, daß uns nicht häufiger ein solcher Walfisch zu Gesicht gekommen ist. Da wir aber doch nicht im Stande sind, uns jenem zu nähern, so kann es uns ziemlich gleichgiltig sein.«
Pencroff ging, nicht ohne einen Seufzer des Bedauerns, wieder an seine Arbeit, denn in jedem Seemanne steckt Etwas vom Fischer, und wenn das Vergnügen beim Fischfange einigermaßen in geradem Verhältnisse zur Größe des Thieres steht, so kann man sich wohl eine Vorstellung machen, was ein Walfänger in Gegenwart eines solchen Walfisches empfindet.
Und wenn es nur das Vergnügen allein gewesen wäre! Man konnte sich aber auch den Nutzen nicht verhehlen, den eine solche Beute der Colonie durch Oel, Fett und Fischbein, lauter verschiedentlich zu verwendende Gegenstände, hätte bringen müssen.
Nun geschah es aber, daß der betreffende Walfisch sich aus dem Gewässer der Insel gar nicht entfernen zu wollen schien. Ob von den Fenstern des Granithauses oder vom Plateau der Freien Umschau aus, nie verließen Gedeon Spilett und Harbert das Fernrohr, so wenig wie Nab, trotzdem er seine Oefen überwachte, und Alle folgten aufmerksam den Bewegungen des Thieres. Der Walfisch, der tief in die Unions-Bai hineingedrungen war, durchschwamm sie schnell vom Kiefer-bis zum Krallen-Cap, getrieben durch seine mächtigen Schwanzflossen, mit deren Hilfe er sich fast sprungweise und mit einer Schnelligkeit von zwölf Meilen die Stunde fortbewegte. Dann und wann näherte er sich der Insel so weit, daß man ihn deutlich zu erkennen vermochte. Er gehörte zu den Südseewalen, die ganz schwarz am Körper sind und einen mehr platt gedrückten Kopf haben, als jene aus den nördlichen Meeren.
Man sah ihn durch seine Luftlöcher zu bedeutender Höhe eine große Wolke austreiben, eine Wolke von Dampf oder Wasser, denn – so sonderbar das klingen mag – die Naturforscher sowohl, als auch die Walfänger, sind sich über diesen Punkt noch nicht klar. Ist es Luft oder Wasser, was das Thier in bekannter Weise ausstößt?
Weitere Kostenlose Bücher