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Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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nicht ergründen Mit nur einzelnen Objecten, und diese in beschränktem Gesichtskreise vor Augen, immer in Berührung mit den Ansiedlern, besser genährt und bekleidet, war es blos natürlich, daß seine physische Natur sich dabei veränderte; zog dann aber auch ein neues Leben in ihn ein, oder, um ein auf ihn recht passendes Wort zu gebrauchen, sollte man ihn nur für ein gegenüber seinem Herrn bezähmtes Thier ansehen? Diese wichtige Frage bald zu lösen lag Cyrus Smith zwar sehr am Herzen, dennoch wollte er bei dem Kranken nichts übereilen. Für ihn war der Unbekannte eben nichts Anderes, denn ein Kranker! Sollte er nie die Genesung finden?
    Und wie achtete der Ingenieur jeden Augenblick auf ihn! Wie belauerte er seine Seele, wenn man so sagen darf! Wie spannte er darauf, sie zu erhaschen!
    Mit geheimer Erregung verfolgten die Ansiedler jede Phase dieser von Cyrus Smith unternommenen Behandlung. Auch sie halfen an diesem Werke der Nächstenliebe, und theilten bald, bis auf den ungläubigen Pencroff, die schönsten Erwartungen des endlichen Erfolgs.
    Den Unbekannten verließ seine tiefe Ruhe nicht wieder, und gegen den Ingenieur, dessen Einflusse er sichtlich unterlag, zeigte er fast eine Art Zuneigung. Cyrus Smith beschloß demnach, ihn zu prüfen, indem er Jenen in eine andere Umgebung versetzte, und zwar unmittelbar in die Nähe des Oceanes, an dessen Betrachtung sein Auge doch gewöhnt sein, und an den Saum des Waldes, der ihm die Erinnerung an jene andern auffrischen mußte, in welchen er so viele Lebensjahre verbracht hatte.
    »Können wir aber, bemerkte Gedeon Spilett, wohl darauf rechnen, daß er in Freiheit gesetzt nicht zu entlaufen versucht?
    – Das wird der Versuch lehren, antwortete der Ingenieur.
    – Ach, sagte Pencroff, wenn der Bursche die Weite vor sich und die freie Luft in der Nase spürt, läuft er aus Leibeskräften davon.
    – Ich glaube das nicht, erwiderte Cyrus Smith.
    – Versuchen wir es«, sagte Gedeon Spilett.
    Man zählte heute den 30. November, d.h. den neunten Tag nach Einbringung des Schiffbrüchigen von der Insel Tabor als Halbgefangenen des Granithauses. Es war ziemlich warm, und die helle Sonne goß ihre Strahlen über die Insel.
    Cyrus Smith und Pencroff begaben sich nach dem von dem Unbekannten bewohnten Zimmer, in dem sie diesen dicht am Fenster liegend und die Augen auf den Himmel geheftet antrafen.
    »Kommt mit, Freund«, redete der Ingenieur ihn an.
    Der Unbekannte erhob sich sofort. Sein Auge richtete sich auf Cyrus Smith, dem er nachfolgte, während der Seemann, mit wenig Vertrauen auf den glücklichen Ausgang dieses Versuches, hinter ihm her ging.
    An der Thüre angelangt, ließen Cyrus Smith und Pencroff ihn in dem Aufzuge Platz nehmen, indeß Nab, Harbert und Gedeon Spilett sie schon am Fuße des Granithauses erwarteten. Der Korb sank herab, und nach wenigen Augenblicken waren Alle auf dem Uferlande vereinigt.
    Die Ansiedler zogen sich vorsichtig von dem Unbekannten zurück, um demselben einige Freiheit zu bieten.
    Dieser that einige Schritte vorwärts nach dem Meere zu, wobei sein Blick in ungewöhnlichem Feuer erglänzte, aber er unterließ jeden Fluchtversuch. Schweigend betrachtete er die kleinen Wellen, welche, am Eilande schon gebrochen, sanft murmelnd über den Strand ausliefen.
    »Das ist nur erst das Meer, äußerte Gedeon Spilett, und es könnte möglich sein, daß dieses kein Verlangen zu entfliehen in ihm rege macht.
    – Ja wohl, stimmte auch Cyrus Smith zu, wir werden ihn nach dem Plateau, an den Saum des Waldes führen müssen; nur dieser Versuch kann entscheidend sein.
    – Uebrigens, nahm auch Nab das Wort, wird ihm kein Fluchtversuch gelingen, da die Brücken alle aufgezogen sind.
    – O, sagte Pencroff, er scheint mir nicht der Mann, sich von einem Bache wie der Glycerinsluß sehr in Verlegenheit setzen zu lassen; den vermöchte er wohl, vielleicht mit einem einzigen kühnen Sprunge, zu überschreiten.
    – Wir werden es ja sehen«, begnügte sich Cyrus Smith zu antworten, während seine Augen immer auf denen des Kranken ruhten.
    Letzterer ward nun nach der Mercy-Mündung geleitet, und Alle erreichten längs des linken Flußufers das Plateau der Freien Umschau.
    Als man sich den ersten schönen Waldriesen näherte, durch deren Blätterwerk eine schwache Brise fächelte, schien der Unbekannte den durchdringenden Wohlgeruch der Atmosphäre mit einer wahren Begierde einzusaugen, wobei ein tiefer Seufzer sich seiner beklommenen Brust entrang.
    Die

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