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Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Menschlichkeit zurückgekehrt.
    – Mir ist es noch unklar, welche Art von Menschen wir hierher gebracht haben, sagte der Seemann. Da sind Geheimnisse ….
    – Denen wir jede Rücksicht schenken werden, fiel Cyrus Smith lebhaft ein. Wenn er einen Fehler begangen, so hat er ihn grausam gebüßt und in unseren Augen ist er entsühnt.«
    Zwei Stunden lang blieb der Unbekannte allein, offenbar unter dem Einflusse der Erinnerungen, die – vielleicht ein erschreckendes Panorama – vor seinem Geiste vorüberziehen mochten, und die Colonisten unterließen es auch, trotzdem sie ihn nicht aus den Augen verloren, seine Einsamkeit zu stören.
    Nach jener Zeit schien er aber zu einem Entschlusse gekommen zu sein und suchte Cyrus Smith selbst auf. Seine Augen waren von vergossenen Thränen geröthet, doch weinte er jetzt nicht mehr.
    Ueber seiner ganzen Erscheinung lag eine tiefe Betrübniß. Er schien furchtsam, beschämt, ganz zusammengesunken, und immer hielt er den Blick zur Erde gesenkt.
    »Mein Herr, sagte er zu Cyrus Smith, Sie und Ihre Begleiter, sind Sie Engländer?
    – Nein, erwiderte der Ingenieur, wir sind Amerikaner.
    – Ah so!« antwortete der Unbekannte und setzte halblaut die Worte hinzu:
    »Das ist mir lieber!
    – Und Sie, mein Freund? fragte der Ingenieur.
    – Engländer«, erwiderte er hastig.
    Und als ob ihm schon diese wenigen Worte zu sprechen schwer geworden wären, entfernte er sich und durchschritt in höchster Erregung das Uferland von dem Wasserfalle bis zur Mündung der Mercy
    Dann, als er einmal nahe an Harbert vorbei kam, fragte er diesen mit eigenartiger Stimme:
    »Welchen Monat haben wir?
    – December, antwortete Harbert’
    – Welches Jahr?
    – 1866.
    – Zwölf Jahre! rief er da aus, zwölf lange Jahre!«
    Dann verließ er den jungen Mann eiligst Harbert hatte diese Fragen und die letzte Antwort den Ansiedlern mitgetheilt.
    »Dieser Unglückselige, sagte Gedeon Spilett, war weder über Monat noch Jahreszahl unterrichtet.
    – Ja, fügte Harbert hinzu, und zwölf Jahre schon bewohnte er das Eiland, als wir ihn auffanden.
    – Zwölf Jahre! wiederholte Cyrus Smith, o, zwölf Jahre der Einsamkeit, vielleicht nach einem Leben, dessen Erinnerung noch quält, sind wohl im Stande, eines Menschen Vernunft zu rauben!
    – Ich halte dafür, fiel Pencroff ein, daß dieser Mann nicht in Folge eines Schiffbruches nach der Insel Tabor gekommen, sondern wegen eines begangenen Verbrechens daselbst ausgesetzt worden ist.
    – Sie können wohl Recht haben, Pencroff, bemerkte der Ingenieur, und wenn dem so ist, erscheint es nicht unmöglich, daß die, welche ihn zurückließen, einst wiederkommen, um ihn zu suchen.
    – Und jetzt finden sie ihn nicht wieder, sagte Harbert.
    – Aber dann, meinte Pencroff, müßte man ihn zurückschaffen, und ….
    – Besprechen wir diese Frage nicht, meine Freunde, nahm Cyrus Smith das Wort, bevor wir noch gar nicht wissen, woran wir sind. Ich für meinen Theil glaube, daß jener Unglückliche gelitten, daß er etwa begangene Fehltritte grausam gebüßt hat und das Bedürfniß, sein Herz auszuschütten, noch jetzt schwer auf ihm lastet. Wir wollen ja vermeiden, ihn irgendwie zur Erzählung seiner Geschichte zu veranlassen! Er wird das von selbst thun, und wenn wir sie kennen gelernt, dann mag entschieden werden, was etwa zu beginnen sei. Er allein vermag uns darüber Aufschluß zu geben, ob er noch Hoffnung, noch sichere Aussicht hat, einmal sein Vaterland wiederzusehen; doch zweifle ich daran.
    – Und weshalb? fragte der Reporter.
    – Weil er für den Fall einer gewissen, nach bestimmter Zeit bevorstehenden Befreiung die Stunde wohl ruhig abgewartet und nicht dieses Document dem Meere anvertraut haben würde. Nein, es ist viel wahrscheinlicher, daß er verurtheilt war, auf dem Eilande zu sterben und Seinesgleichen niemals wiederzusehen.
    – Eines aber, fiel der Reporter ein, vermag ich mir noch nicht zu erklären.
    – Und das wäre?
    – Wenn jener Mann seit zwölf Jahren schon auf der Insel Tabor ausgesetzt war, so kann man wohl annehmen, daß er auch schon längere Zeit in dem Zustande der Verwilderung gewesen ist, in welcher wir ihn fanden.
    – Wahrscheinlich, antwortete Cyrus Smith.
    – Dann müßte das Document aber nothwendiger Weise schon vor mehreren Jahren geschrieben sein.
    – Ohne Zweifel …. und dennoch erschien die Schrift noch ziemlich frisch! ….
    – Und wie sollte man überdies glauben, daß die jenes Document enthaltende Flasche mehrere Jahre

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