Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
Gras und bis an den Fuß eines Baumes, dessen Zweige die kleinen Vögel dicht besetzt hatten. Die Kurukus lauern in solcher Aufstellung auf Insectenschwärme, die ihnen zur Nahrung dienen. Man sah, wie ihre befiederten Füßchen die jungen Triebe, auf denen sie saßen, fest umklammert hielten.
    Die Jäger nahmen eine passende Stellung, bedienten sich ihrer Stöcke gleich Sensen und mähten ganze Reihen von Kurukus nieder, die gar nicht daran dachten, zu entfliehen, und sich stumpfsinnig niedermetzeln ließen. Wohl lagen schon gegen Hundert auf dem Boden, bevor die klebrigen davonflogen.
    »Schön, bemerkte Pencroff, das wäre also ein Wild, wie es zu unserer Jagdausrüstung paßt. Diese Thierchen kann man ja mit den Händen einfangen!«
    Der Seemann reihte die Kurukus, so wie Lerchen, an dünnen Zweigen auf, und weiter ging der Zug. Der Wasserlauf bildete eine Biegung nach Süden, welche jedoch keine zu große Ausdehnung haben konnte, da seine Quelle offenbar in den Bergen lag und sich vielleicht von dem schmelzenden Schnee der einen Seitenwand des Centralkegels ernährte.
    Der specielle Zweck der Expedition richtete sich bekanntlich auf die Erlangung möglichst vielen eßbaren Wildes für die Gäste der Kamine. Bis jetzt konnte man denselben doch schwerlich erreicht nennen; auch verfolgte ihn der Seemann noch mit aller Hast, und wetterte auf seine Weise, wenn ihm irgend ein Thier, das er vielleicht nur ganz flüchtig erblickt hatte, furchtsam davon lief. Hätte er nur Top bei sich gehabt – der war aber gleichzeitig mit seinem Herrn verschwunden und auf jeden Fall umgekommen.
    Gegen drei Uhr Nachmittags bemerkte man andere Gesellschaften von Vögeln ist den Kronen gewisser Bäume, deren aromatische Beeren sie aufpickten, wie z.B. die von Wachholderbäumen. Plötzlich schallte ein wahrhafter Trompetenton durch die Stille des Waldes. Die sonderbar gellenden Fanfaren rührten von einer Art Hühnervögel her, welche in Amerika unter dem Namen »Tetras« (eine Abart der Auerhähne) bekannt sind. Bald ward man einige Pärchen derselben mit gelblich-bräunlichem Gefieder und braunen Schwanzfedern gewahr. Harbert unterschied die Männchen unter denselben an zwei spitzen Afterflügeln, die aus abstehenden Halsfedern gebildet sind. Pencroff hielt es für unerläßlich, sich einiger derselben, deren Fleisch dem des Birkhuhns gleichkommt, zu bemächtigen; da jene sich aber nur schwierig beikommen ließen, war die Sache nicht so leicht. Nach mehreren erfolglosen Versuchen, durch welche die Tetras nur scheuer gemacht wurden, sagte der Seemann zu seinem Begleiter:
    »Nun, wenn man jene nicht im Fluge erlegen kann, so wird man sie mit der Angel fangen müssen.
    – Wie einen Karpfen? fragte Harbert erstaunt.
    – Ganz wie einen Karpfen«, wiederholte ernsthaft der Seemann.
    Pencroff hatte in dem Grase ein halbes Dutzend Tetranester aufgefunden, deren jedes zwei bis drei Eier enthielt. Er hütete sich wohl, diese Nester, nach denen ihre Eigenthümer doch zurückkehren mußten, anzurühren. In ihrer Nähe wollte er auch seine Schnuren auslegen und zwar wirkliche Angeln. Er führte Harbert in einige Entfernung weg und richtete seine Geräthschaften mit der Sorgfalt eines Schülers Isaac Waltons 1 zu. Harbert verfolgte die Arbeit mit leicht verständlichem Interesse, obwohl er derselben keinen Erfolg versprach. Die Schnuren wurden aus dünnen, mit einander verknüpften Lianen in einer Länge von etwa fünfzehn Fuß hergestellt. Starke, an der Spitze umgebogene Dornen eines Zwergakazienstrauches dienten an deren Enden als Angelhaken und trugen als Lockspeise dicke rothe Würmer, wie sie auf der Erde umherkrochen.
    Hiernach schlich sich Pencroff vor und legte seine Haken in der Nähe jener Nester aus. Dann verbarg er sich, das andere Schnurenende in der Hand, mit Harbert hinter einem dicken Baume. Geduldig warteten alle Beide; freilich rechnete Harbert überhaupt auf gar keinen Erfolg der Pencroff’schen Erfindung.
    Es verrann wohl eine gute halbe Stunde, dann kamen aber, wie der Seemann vorausgesehen, mehrere Tetrapärchen zu ihren Nestern zurück. Sie hüpften umher, pickten nach dem Boden und schienen die beiden Jäger, welche vorsichtiger Weise unter dem Winde Stellung genommen hatten, gar nicht zu bemerken.
    Es versteht sich, daß der junge Mann jetzt mit lebhaftestem Interesse lauschte. Er hielt fast den Athem an, ebenso Pencroff, der mit weit aufgerissenen Augen, offenem Munde und gespitzten Lippen schon eine Tetrakeule auf der

Weitere Kostenlose Bücher