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Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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befürchtete er noch deren Rückkehr.
    Ayrton litt aber vorläufig unter einer tiefen Erschöpfung, der er gar nicht zu entreißen war. Nach den wenigen mühsam hervorgestoßenen Worten erlag er ja einer unwiderstehlichen Betäubung, und sank bewegungslos auf sein Bett zurück.
    Die Colonisten warteten, eine Beute tausend sich durchkreuzender Gedanken, und mit erklärlicher Erregung, die ganze Nacht, ohne Ayrton’s Häuschen zu verlassen oder nach der Stelle zurückzukehren, an der die Leichen ihrer Todfeinde lagen. Ueber die Umstände, unter welchen Jene den Tod gefunden hatten, erwarteten sie von Ayrton kaum eine ausreichende Erklärung, da er ja nicht einmal wußte, wo er sich befand. Vielleicht vermochte er aber Etwas über die Vorfälle vor dieser schrecklichen Execution zu berichten.
    Am andern Tage erwachte Ayrton aus der Betäubung, und seine Gefährten bezeugten ihm die herzliche Freude, welche sie über sein Wiedersehen empfanden, und daß er sich nach hundertviertägiger Trennung nahezu heil und gesund befinde.
    Ayrton erzählte in kurzen Worten, was vorgefallen war, mindestens was er davon wußte.
    Am Tage nach seiner Ankunft an der Hürde, am 10. November, wurde er mit Einbruch der Nacht von den Sträflingen, die über die Umzäunung geklettert waren, gefangen. Diese fesselten und knebelten ihn. Hierauf ward er nach einer dunkeln Höhle des Franklin-Berges, den Schlupfwinkel der Verbrecher, abgeführt.
    Schon war sein Tod beschlossen, und sollte er am folgenden Tage erschossen werden, als Einer der Sträflinge ihn erkannte und mit seinem in Australien geführten Namen anrief. Die Elenden wollten Ayrton niedermachen; Ben Joyce respectirten sie!
    Von da ab konnte Ayrton aber dem Zureden seiner früheren Genossen gar nicht mehr entfliehen. Sie suchten ihn für sich zu gewinnen, wollten mit seiner Hilfe das Granithaus in Besitz nehmen, in diese unangreifbare Wohnung eindringen, und sich nach Ermordung der Colonisten zu Herren der Insel aufwerfen.
    Ayrton widerstand. Der alte reuige und begnadigte Sträfling zog den Tod dem Verrathe seiner Freunde vor.
    Vier lange Monate fast verbrachte Ayrton, gebunden und festgelegt, in jener Höhle.
    Inzwischen hatten die Sträflinge die Hürde entdeckt, schon kurz nach ihrer Ankunft auf der Insel, und von da ab lebten sie zwar von deren Vorräthen, bewohnten sie jedoch nicht. Am 11. November feuerten zwei der durch das Auftauchen der Colonisten überraschten Banditen auf Harbert, und einer von diesen kam prahlend zurück, daß er einen der Ansiedler erlegt habe, aber er kam allein. Sein Gefährte war, wie bekannt, von Cyrus Smith’s Dolchstoße gefallen.
    Nun bedenke man Ayrton’s Unruhe und Verzweiflung bei dieser Nachricht von Harbert’s Tode! Die Colonisten, jetzt nur noch vier, waren nun der Gnade der Sträflinge preisgegeben.
    Nach diesem Vorfalle, und während des ganzen durch Harbert’s Darniederliegen verzögerten Aufenthaltes der Colonisten in der Hürde, verließen die Piraten ihre Höhle nicht, und auch nach der Plünderung des Plateaus der Freien Umschau hielten sie es für gerathen, verborgen zu bleiben.
    Ayrton erfuhr eine immer härtere Behandlung. Seine Hände und Füße verriethen sie noch durch die blutigen Spuren. Jeden Augenblick erwartete er den Tod, dem er nicht mehr entgehen zu können schien.
    So dauerte das bis zur dritten Februarwoche. Die Sträflinge, immer auf der Lauer nach einer günstigen Gelegenheit, verließen nur selten ihre Zuflucht, und unternahmen höchstens eine Jagd in das Innere der Insel oder nach ihrer Südküste zu. Ayrton hörte nichts wieder von seinen Freunden, und hoffte nicht, sie jemals wieder zu sehen.
    Endlich verfiel der Unglückliche, dessen Kräfte die traurige Behandlung aufzehrte, in tiefe Betäubung, so daß er nichts mehr sah oder hörte. Von da ab, d.h. seit zwei Tagen, vermochte er auch nicht mehr zu sagen, was noch vorgefallen sei.
    »Doch, Herr Smith, fügte er hinzu, da ich in der Höhle gefangen lag, wie kommt es, daß ich mich in der Hürde befinde?
    – Wie kommt es, fragte der Ingenieur dagegen, daß die Sträflinge dort, mitten in der Umzäunung, todt hingestreckt liegen?
    – Todt!« schrie Ayrton, der sich trotz seiner Schwäche halb aufrichtete.
    Seine Gefährten hielten ihn. Er wollte sich erheben, man ließ es geschehen, und Alle begaben sich nach dem Bachesrande.
    Es war jetzt heller Tag.
    Dort lagen, von einem blitzartigen Tode ereilt, die fünf Leichname der Verbrecher.
    Ayrton stand wie

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