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Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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angewurzelt. Cyrus Smith und seine Freunde betrachteten ihn schweigend.
    Auf ein Zeichen des Ingenieurs untersuchten Pencroff und Nab die Leichen, welche sich schon kalt und starr erwiesen.
    Eine äußere Verletzung zeigte sich an denselben nirgends.
    Nach genauester Besichtigung erkannte Pencroff nur an der Stirn des Einen, an der Brust des Andern, am Rücken von Diesem und der Schulter von Jenem ein kleines rothes Pünktchen, dessen Ursprung ein Räthsel blieb.
    »An diesen Stellen sind sie getroffen worden, sagte Cyrus Smith.
    – Doch mit welcher Waffe! rief der Reporter.
    – Mit einer Blitze schleudernden Waffe, die für uns ein Geheimniß ist!
    – Und wer hat sie mit Blitzen erschlagen? fragte Pencroff.
    – Der Richter und Rächer der Insel, antwortete Cyrus Smith, der Euch hierher gebracht hat, Ayrton; dessen Macht noch immer wieder sichtbar ist; der für uns Alles das ausführt, woran wir selbst scheitern müßten, und der sich nachher – unseren Blicken entzieht.
    – Suchen wir ihn! rief Pencroff.
    – Ja, suchen wir ihn, fuhr Cyrus Smith fort; aber dieses höhere Wesen, das solche Wunder vollbringt, werden wir nicht eher finden, als bis es uns zu sich ruft!«
    Der unsichtbare Schutz, der ihre eigene Thätigkeit unnöthig machte, berührte und erregte vor Allen den Ingenieur. Die Inferiorität, welche er constatirte, war eine derartige, daß sich eine stolze Seele dadurch verletzt fühlen konnte. Ein Edelmuth, der sich jeder Anerkennung zu entziehen sucht, verräth etwas wie Mißachtung gegen die Beschützten, und glich in Cyrus Smith’s Augen den Preis der Wohlthaten bis zu einem gewissen Punkte aus.
    »Suchen wir ihn, begann er nochmals, und Gott wolle es uns dereinst noch gestatten, dem stolzen Wohlthäter zu beweisen, daß er keine Undankbaren vor sich hatte! Was gäb’ ich darum, wenn wir gegen ihn Vergeltung üben und ihm, sei’s um den Preis unseres Lebens, einen hervorragenden Dienst leisten könnten!«
    Seit diesem Tage beschäftigte diese Aufsuchung fast allein die Gedanken der Ansiedler. Alles trieb sie, die Lösung des Räthsels zu finden, die nur in dem Namen eines Mannes liegen konnte, der mit außergewöhnlichen und fast übermenschlichen Kräften ausgestattet war.
    Bald kehrten die Colonisten nach der Wohnung in der Hürde zurück, wo ihre Sorgfalt Ayrton in kurzer Zeit seine moralische und physische Energie wieder gab.
    Nab und Pencroff schafften die Leichen der Verbrecher weit in den Wald hinein und verscharrten sie in einer tiefen Grube.
    Nun ward Ayrton auch von dem unterrichtet, was sich seit seiner Gefangennehmung zugetragen hatte. Er vernahm Harbert’s gefährliches Abenteuer und die Reihe von Prüfungen, welche über die Colonisten gekommen waren. Letztere hatten längst nicht mehr gehofft, Ayrton je wieder zu sehen, ihn vielmehr von den Sträflingen erbarmungslos ermordet geglaubt.
    »Und nun, sagte Cyrus Smith, indem er seinen Bericht schloß, bleibt uns noch eine Pflicht zu erfüllen. Die eine Hälfte unseres Zweckes wäre erreicht; wenn die Sträflinge aber nicht mehr zu fürchten und wir wieder die Herren der Insel geworden sind, so verdanken wir das nicht unseren eigenen Kräften.
    – Gewiß, erklärte Gedeon Spilett, so wollen wir also das ganze Labyrinth der Ausläufer des Franklin durchsuchen; keine Höhle, keine Oeffnung unergründet lassen. O, wenn ein Reporter jemals vor einem spannenden Räthsel stand, so bin ich es jetzt, meine Freunde.
    – Und wir kehren nicht eher nach dem Granithause heim, sprach Harbert, als bis wir unsern Wohlthäter fanden.
    – Ja wohl! stimmte ihm der Ingenieur zu, wir wollen Alles thun, was Menschen zu leisten vermögen … Doch ich wiederhole, wir werden Jenen nicht finden, sobald er es selbst nicht für gut findet.
    – Bleiben wir in der Hürde? fragte Pencroff.
    – Ich meine es, antwortete Cyrus Smith. An Lebensmitteln ist hier Ueberfluß, und dazu liegt der Ort gerade dem Ziele unserer Ausflüge nahe. Sollte es sich nöthig machen, so ist ja der Wagen stets schnell nach dem Granithause zu senden.
    – Gut, erwiderte der Seemann; nur eine Bemerkung …
    – Welche?
    – Die schöne Jahreszeit schreitet voran, und wir dürfen nicht vergessen, daß uns noch eine Fahrt über See bevorsteht.
    – Eine Seefahrt? sagte Gedeon Spilett.
    – Ja wohl! Nach der Insel Tabor, belehrte ihn Pencroff. Es ist nothwendig, eine Notiz dahin zu schaffen, welche die Lage unserer Insel und den Ort, an dem Ayrton sich jetzt befindet, angiebt, für den

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