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Die geheimnisvollen Pergamente

Die geheimnisvollen Pergamente

Titel: Die geheimnisvollen Pergamente Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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haben. Hast du mich verstanden, junger Suleiman?«
    »Ja. Allah sei Dank. Nehmt Ihr mich auf?«
    »Darüber müssen wir beraten. Du und Sean, ihr wäret unsere Nachfolger, die Schüler, sozusagen. Aber das muss wohlüberlegt sein.«
    »Das verstehe ich.«
    »Also wirst du uns jetzt verlassen und zu deiner Christin gehen oder in deine Schreibstube. Morgen treffen wir uns… wo?«
    Hilfe suchend blickte Suleiman Uthman und Henri an.
    »Hier. In dieser Gasse. Oder in der Moschee? Besprich es mit Uthman. Ihr beide kennt die Stadt, besser als wir«, sagte Henri.
    »Komm mit mir.«
    Uthman hob den Turban auf, warf ihn Suleiman zu und führte ihn aus dem Zimmer zur Treppe. Kurze Zeit später hörten Sean, Henri und Joshua, wie sich die Haustür öffnete, schloss und wieder verriegelt wurde.
    Leise sagte Joshua: »Wer hätte mit dieser Wendung der Geschehnisse rechnen können? Immer wieder lesen wir in den alten Schriften von solchen und anderen Wundern.«
    Henri neigte den Kopf und murmelte: »Amen. So ist es.«

11
    Nächte ohne Schlaf
     
    Der Umstand, dass die Gefahren vorüber zu sein schienen – zumindest für einige Zeit –, hatte die weißhaarige Mara dazu gebracht, für die erste Mahlzeit des Tages mit allen Köstlichkeiten der Küche und ihrer Kochkunst aufzuwarten. Der große Tisch unter dem Sonnensegel auf dem Dach war mit weißen Tüchern gedeckt. Dutzende Schalen, kleine und große Körbe, Becher und Krüge standen zwischen den unterschiedlichen Blüten, die sie irgendwo in der Stadt gekauft oder selbst gepflückt hatte. Die Gefährten hatten einander bei den Nachtwachen abgelöst, aber die größten Störungen waren auf kläffende Hunde, jaulende Katzen und einen Betrunkenen zurückgegangen.
    Riesige weiße Wolken wurden vom Nordwestwind über die Stadt getrieben. In kurzen Abständen zogen sie vor über der die Sonne her hin und streuten mächtige Schatten über Jerusalem.
    »Was wir erlebt haben, ist nicht neu.« Henri wickelte Bratenscheiben in einen dünnen Teigfladen und biss dann herzhaft hinein. »Es ist uralt. Fürsten, große Händler, Könige, Bischöfe, selbst Päpste – Unzählige haben kleine Scharmützel angezettelt, die zu großen Kriegen wurden. Dieser Mann, von dem Suleiman redete, versucht das Gleiche.«
    »Wir wissen ihn nicht, wer es ist«, sagte Uthman und griff nach dem Salznapf.
    »Suleiman kennt ihn. Ich habe stundenlang schlaflos dagelegen«, sagte Joshua, der einen süßen Brei löffelte. »Es wäre leichtfertig, ihm jedes Wort zu glauben.«
    »Er hat ehrliche Augen«, sagte Sean. »Ich glaube ihm. Er ist offensichtlich klug, oder besser, gebildet. Aber er hat sich auffällig viel Mühe gegeben, um mit uns zusammenzutreffen.«
    »Abgesehen von deinen Überlegungen«, brummte Uthman und strich seine schwarzen Brauen glatt, »es stehen noch einige andere Figuren auf dem großen Schachbrett: deine Entführer, deren Anführer, der mächtige Reiche im Hintergrund…«
    »Vielleicht lernen wir sie durch Suleiman kennen«, mutmaßte Henri. Er schaufelte in Würzöl gebratene, flockige Eier in seine Schale. »Wir sollten nicht zu leichtgläubig sein.«
    »Noch haben wir uns nicht entschieden«, murmelte Joshua. Die Freunde hatten oft und lange darüber geredet: Da sie alt und müde geworden waren, sollten Jüngere ihr Werk in ihrem Sinne fortsetzen und für den Frieden zwischen den Religionen und den Menschen eintreten. Selbst wenn sie nur drei oder vier junge Leute fanden, die ihre Ansichten teilten, wäre dies ein schöner, hoffnungsvoll stimmender Anfang.
    »Suleiman wird es nicht leicht haben, wenn er eine Christin liebt«, warf Sean ein. »Nicht unter seinesgleichen. Offensichtlich kommt er aus einem reichen Haus. Seine Kleidung und seine Bildung sprechen dafür. Arme lernen nicht schreiben und lesen und besitzen auch keine Bücher und Schriften.«
    »Das stimmt«, bestätigte Uthman. »Einen solchen Schüler könnten wir wohl brauchen. Eigentlich sollten wir Suleiman mit offenen Armen aufnehmen.«
    »Bis dahin sollten wir noch einige Zeit vergehen lassen«, entschied Henri. »Zeit haben wir reichlich.«
    Sie ließen sich das Essen schmecken. Uthman begleitete später Mara zum Basar, Sean und Henri streiften durch die Gassen und über die Plätze der Stadt. Abends erwarteten sie Suleiman, aber er kam nicht. Er ließ ihnen auch keine Botschaft zukommen.
     
    Am späten Nachmittag und beim Abendessen hatten die Gefährten eine erhitzte Debatte geführt und dabei auf Suleiman gewartet.

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