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Die geheimnisvollen Pergamente

Die geheimnisvollen Pergamente

Titel: Die geheimnisvollen Pergamente Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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diese Zeit sollten alle im Haus schlafen – alle bis auf ihn.
    Henri setzte den Krug so leise wie möglich ab, drehte sich halb herum und suchte in der Dunkelheit den Griff seines Schwertes. Als er die schwere Waffe aufhob und aus der Scheide zog, knarrte eine zweite Stufe. Oder ein zweiter Fuß ließ dieselbe Stufe knarren.
    Es sind Eindringlinge im Haus, dachte er und suchte nach seinem Dolch, den er, als er ihn endlich gefunden hatte, in die linke Hand nahm. Was die Meute nicht geschafft hat, beenden womöglich Einbrecher!
    Henri schlich zur Tür und öffnete sie behutsam. Als sie einen Spalt breit offen stand, vergewisserte er sich, dass auf der Treppe zum zweiten Stock niemand war. Henri konnte die Stufen trotz des schwachen Mondlichts gut erkennen. Joshua, dessen Zimmer auf diesem Stockwerk lag, war wahrscheinlich über seinen Büchern eingeschlafen. Noch hatte Henri Sean und Uthman nicht geweckt, noch hatte Henri keinen Eindringling gesehen.
    Er ging auf Zehenspitzen bis zur Treppe, blieb aber im Schutz der Dunkelheit versteckt und hielt den Atem an.
    Und dann sah er sie! Die zweite Treppe, die zum Dach führte, war direkt dem Mondlicht ausgesetzt. Henri sah zwei schwarze Gestalten und das helle Metall zweier Krummschwerter blitzen. Die Eindringlinge standen auf der untersten Stufe, drehten die Köpfe nach links und rechts und schienen zur Tür von Joshuas Zimmer schleichen zu wollen. Zwölf Stufen trennten Henri von den Eindringlingen. Aber er musste treppauf kämpfen und überdies gegen zwei Gegner. Er hob den Dolch vor sein Gesicht, klemmte ihn zwischen die Zähne und nahm sein Schwert in die Linke.
    Er wog die kleine Waffe in der Hand, holte weit aus und zielte. Ihm half nur die Überraschung. Henri wartete, bis der links stehende Eindringling ihm die Brust zuwandte, dann warf er den Dolch.
    Die Waffe überschlug sich in der Luft und traf den Eindringling in die Kehle. Henri wartete das Todesröcheln nicht ab, er rannte die Stufen hinauf und wich dem in sich zusammensackenden Körper aus, der in den Korridor polterte. Die Waffe löste sich aus seinen Fingern und schlug auf den Bodenplatten auf.
    Henris Schwerthieb hätte dem zweiten Eindringling fast den Kopf vom Rumpf getrennt, doch im letzten Moment riss der Schwarzgekleidete noch sein Schwert in die Höhe und parierte den Hieb. Es hätte nicht viel gefehlt, und Henri hätte dem Kerl die Waffe aus der Hand geschlagen, aber er konnte sie gerade noch festhalten. Das Klirren der Klingen hallte laut durch das gesamte Haus. Henri zog das Schwert in die andere Richtung und sprang den Fremden an, noch bevor dieser das Schwert zurückschwingen konnte. Als die Körper dumpf zusammenstießen, rammte Henri die Schwertspitze von seiner Hüfte schräg aufwärts durch die Brust des Eindringlings, sprang zurück und riss die Waffe mit einem wilden Ruck heraus. Ein Blutstrom stürzte auf die Stufen, dann fiel der zusammengekrümmte Körper zu Boden.
    Auf den Dielen breiteten sich zwei Blutlachen aus. Sean und Uthman kamen halb nackt, Schwert und Axt in den Händen, aus ihren Zimmern gerannt. Türen schlugen krachend gegen die Wand.
    »Macht Licht!«, schrie Henri.
    Er rutschte im Blut der Getöteten aus, als er die restlichen Treppenstufen hinaufstürmte, mit den Ellbogen an Mauern und Pfosten anstieß und aufs Dach hinaufhastete. Er lief bis zur Brüstung und warf einen schnellen Blick über die Kante. Er sah einige Gestalten, die ebenfalls dunkel oder schwarz gekleidet waren, und das helle Holz der Leiter, um die sie sich versammelt hatten. Ein dritter Mann stand auf der untersten Sprosse.
    Augenblicklich lief Henri auf Zehenspitzen zur Treppe und raunte Sean und Uthman zu: »Helft mir. Auf der Straße warten noch mehr von den Halunken.«
    »Was hast du vor, Henri?« Sean kam mit zwei brennenden Kerzen aus Joshuas Zimmer. Das Blut der Eindringlinge breitete sich immer weiter im Treppenhaus aus.
    »Wir bringen sie dorthin, woher sie gekommen sind. Fass an, Uthman.« Henri bückte sich und zog seinen Dolch aus der Kehle des einen Eindringlings.
    Sie schleppten die Leichname so leise wie möglich an den entsetzten Augen Joshuas vorbei aufs Dach und ließen sie neben der Brüstung fallen. Dann packten sie noch einmal an und warfen die Leichen über die Brüstung, mitten zwischen die Wartenden. Die Männer sprangen erschreckt auseinander. Henri beugte sich über die Brüstung und stieß die Leiter um. Als sie auf das Pflaster schlug, brach sie entzwei. Henri ging zurück

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