Die geheimnisvollen Zimmer
befindet sich in vortrefflicher Verfassung. Aber wie hat ihn die Sache gestern gepackt! Willst du im übrigen wissen, warum ich bei so guter Stimmung bin? Nun, aus dem einfachen Grunde, daß ich das Geheimnis mit den drei Zimmern entdeckt habe.«
»Nicht möglich! Wann gelang dir das denn?«
»Heute nacht. Als du bereits schliefst.« »Ist denn heute nacht noch etwas vorgefallen?«
»Nein. Aber ich saß dort in dem großen Sessel und dachte über die Sache nach. Ich rauchte und dachte und dachte und rauchte. Und plötzlich stand die ganze Geschichte klar vor meinem inneren Blick.«
»Du quälst mich, Krag. Worin besteht denn das Geheimnis?«
»Das kann ich dir noch nicht erklären, du mußt dich schon noch ein wenig länger quälen lassen. Damit mußt du dich nun mal abfinden.«
»Und das Verbrechen?«
»Ist geplant. Doch es hat nichts mehr mit den drei Zimmern zu tun. Dieses Rätsel hätten wir gelöst, sind aber dafür in ein anderes verwickelt. Doch gehen wir nun hinunter zum Frühstück.«
Der Detektiv und der Arzt frühstückten gemeinsam mit dem alten Gutsherrn und dessen Pflegesohn. Asbjörn Krag schien besonders zum Scherzen aufgelegt, und Aakerholm war offenbar belustigt durch seine vielen plötzlichen Einfälle. Auch Bengt schien sich mit ihm aussöhnen zu wollen.
Der Tag verging, ohne daß etwas Besonderes geschah. Gleich nach Tisch kam ein Bote, fragte nach Asbjörn Krag und übergab ihm eine Kiste. Der Detektiv sagte, sie enthalte seine Bücher.
»Meine Studien nehmen mich so vollkommen gefangen«, erklärte er, »daß ich auch auf Reisen meine Bücher stets mit mir haben muß.«
Er ließ die Kiste sofort nach seinem Zimmer hinaufbringen.
Der Arzt beobachtete diese Komödie voller Staunen. Er wußte, daß Asbjörn Krag sich sehr ungern mit anderer Lektüre beschäftigte, als der für gerichtliche Verfahren durchaus notwendigen. Er ahnte sofort, daß dahinter ein Geheimnis steckte, und sobald der Detektiv auf sein Zimmer gegangen war, folgte er ihm.
Als er eintrat, hatte Krag die Kiste bereits geöffnet.
»Verschließe die Tür hinter dir!« rief er dem Arzt zu.
»Was, Tim des Himmels willen, hast du nur vor?« fragte dieser neugierig interessiert.
»Ich ordne meine Bücher«, antwortete Krag.
Der Arzt trat näher. Die Kiste enthielt nichts als Glasscherben. Aber Krag nahm eine Scherbe nach der anderen heraus und ging so vorsichtig und behutsam damit um, als handle es sich um die kostbarsten Schätze.
»Siehst du nicht, was es ist?« fragte er und ächzte vor Eifer. Er nahm einen neuen Scherben aus der Kiste und untersuchte ihn aufs genaueste. »Es sind die Scherben des von dem alten Herrn zertrümmerten Spiegels.«
»Woher, zum Donnerwetter, hast du die?«
»Zu meinen Nachforschungen heute früh gehörte natürlich als wichtigste Frage die, ob noch alle Spiegelscherben vorhanden wären. Und wirklich, sie waren noch da. Der Stallknecht hatte sie aufgehoben. So gelang es mir, einen umherziehenden Handelsmann zu veranlassen, sie ihm abzukaufen und mir dann in dieser Kiste herzuschicken. In derlei kleinen Anordnungen bin ich Meister, lieber Doktor. Ich konnte ja den Knecht nicht bitten, mir die Scherben zu überlassen, ohne dadurch Aufsehen und Verdacht zu erregen. Daher schickte ich ihm also den Händler auf den Hals.«
Der Detektiv betrachtete die Scherben genau.
»Ja, es sind sicher alle«, sagte er. »Ich werde den Spiegel wohl wieder zusammensetzen können.«
Er sah sie sich immer wieder an und schüttelte den Kopf.
»Ein merkwürdiger Spiegel«, murmelte er. »Ein merkwürdiger Spiegel.«
Als im Wohnzimmer unten die Lampen angezündet waren, der Kaffee und die Zigarren auf dem Tisch standen, taute der alte Herr allmählich wieder auf. Asbjörn Krag ließ ihn mit dem Doktor allein plaudern. Er selbst hatte inzwischen mit Bengt ein interessantes Gespräch unter vier Augen.
Krag fragte den Pflegesohn, wer die Dame sei, die sein Vater heiraten wolle.
Bengt gab ihm eine Beschreibung, die sich in der Hauptsache mit der des Arztes deckte.
»Sie ist also verhältnismäßig noch jung und schön?«
»Ja.«
Der Detektiv betrachtete Bengt durchdringend, stellte aber seine Fragen in halb scherzendem Ton.
»Wäre es nicht eigentlich richtiger, wenn Sie sie zur Frau nehmen würden?«
Bengt wollte die Unterhaltung abbrechen, indem er sich schroff erhob. Doch Krag hielt ihn zurück.
»Mir scheint nämlich, aufrichtig gestanden«, fuhr er fort, »daß Ihr Pflegevater zu alt ist, um sich
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