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Die Geisel

Die Geisel

Titel: Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. M. Ford
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»Roscoe.«
    »Ja«, kam die Antwort.
    »Bring den letzten Fahrer zu seinem Laster.«

14
    Paul Lovantano hatte noch nie etwas so Schönes gesehen wie den riesigen Texaco-Stern auf der Seite seines DESERT DISTRIBUTING-Lasters, der dort zwischen den Gebäuden stand wie ein großes silbernes Flugzeug, das nur darauf wartete abzufliegen.
    »Der Schlüssel steckt«, sagte der große Sträfling, bevor er den Haken aus der Halterung trat und die Tür hinter sich zuknallen ließ.
    Paul konnte sein Glück kaum fassen. Er schaute sich um. Das Gelände war wie leergefegt. Der Himmel über ihm hatte die Farbe von gewalztem Stahl, Sterne waren keine zu sehen. Der Bereich direkt am Zellenblock war knöchelhoch mit Glasscherben bedeckt. Langsam setzte er sich in Bewegung, als erwartete er, jeden Moment von unsichtbarer Hand niedergeschossen zu werden. Er war bereits auf halbem Weg zu dem Laster, als in einiger Entfernung ein paar Knallgeräusche durch die Nachtluft hallten und der Himmel auf einmal voller Leuchtraketen war, die in hohem Bogen durch die Schwärze flogen und die Erde darunter in waberndes rotes Licht tauchten.
    Was immer es mit den Leuchtraketen auf sich hatte, sie verhießen nichts Gutes. Sein Instinkt sagte ihm, dass er so schnell wie möglich hier rausmusste, solange es noch ging. Er rannte los, überwand die letzten zwanzig Meter mit der Geschwindigkeit eines angreifenden Footballspielers, packte den Türgriff, schwang sich auf die Stufe und in die vertraute Enge des Führerhauses.
    Eine ganze Minute brauchte er, um den Motor anzulassen, dann war er unterwegs. Er ließ die Kupplung härter und schneller kommen als je zuvor, spürte die Räder einige Sekunden auf dem Asphalt schaben, bevor der Laster anrollte. Er wirbelte das Lenkrad herum, streifte mit der vorderen Stoßstange an der gegenüberliegenden Wand entlang, um sicherzugehen, dass das ganze Gespann genug Platz hatte, um die Kurve zu kriegen, und hielt den Atem an, als er schließlich herumschwang und auf das Haupttor zuhielt, legte den zweiten Gang ein und ließ den Laster aufheulend über den Hof zum Ausgang rollen.
    Als er zwei Drittel des Weges hinter sich gebracht hatte, begann das Tor aufzugleiten. Das Lächeln auf Paul Lovantanos Gesicht verblasste erst, als er das Panzerfahrzeug auf der anderen Seite sah. Ein halbes Dutzend Soldaten klebte hinten darauf wie Flöhe auf einem Hund, mit angelegten Gewehren, die auf die Windschutzscheibe des Lasters zielten. Paul schaltete mit einer Hand einen Gang herunter, mit der anderen signalisierte er zum Fenster heraus, dass er sich ergab, und brachte den Tankwagen direkt am Tor zum Halten. Es wäre typisch gewesen, so weit zu kommen, nur um dann von irgendeinem nervösen Jungen, dem der Finger am Abzug juckte, eine Kugel in den Kopf verpasst zu kriegen.
    Ein Sergeant sprang auf die Treppe und drückte eine schwarze Armeepistole Kaliber 55 gegen Pauls Ohr. »Raus« war alles, was er sagte.
    Paul ließ den Motor laufen und zog den Türgriff. Als er über den Sitz rutschte, hörte er, wie die Beifahrertür aufsprang, und schaute gerade noch rechtzeitig über die Schulter, um zu sehen, wie ein Soldat auf der anderen Seite ins Führerhaus stieg.
    Mit hoch erhobenen Händen sprang er hinaus auf den Asphalt. Der Lauf der Automatik grub sich in das weiche Fleisch seines Ohres, als jemand ihn hart in die Knie zwang, ihm seine Brieftasche abnahm und sie aufklappte. Paul wollte etwas sagen, wollte ihnen sagen, wer er war und dass er nur hier rauswollte, brachte jedoch keinen Laut heraus.
    Der Pistolenlauf zog sein Ohr hoch, während der Sergeant seine Papiere prüfte und Paul dann die Brieftasche vor die Brust knallte.
    »Hier«, sagte er.
    Paul senkte einen Arm und griff nach der Brieftasche, drückte sie einen Augenblick fest an seine Brust, nahm dann die andere Hand zu Hilfe, um sie wieder in seine Hosentasche zu stecken.
    Schweigend sah er zu, wie ein Soldat auf das Dach des Tankwagens kletterte, den Riegel an der Luke aufzog und in den Tankbehälter hineinlugte. »Voll«, meldete er dem Sergeant, der nickte und ihn mit einer Geste nach vorne winkte. Der Soldat hatte sich gerade wieder aufgerichtet und balancierte auf dem Wagen nach vorne, als plötzlich … aus dem Nichts heraus … die Hölle losbrach.
    Corso hockte mit dem Rücken an der Frontseite des Tankbehälters. Er bemühte sich, flach zu atmen und so wenig Luft wie möglich durch den Filter zu ziehen. Ihm war bitterkalt. Er fror bis auf die Knochen, denn

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