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Die Geishas des Captain Fishby

Die Geishas des Captain Fishby

Titel: Die Geishas des Captain Fishby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vern Sneider
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mehr von unserem Dorf sehen?“
    Sie setzten ihren Weg fort, aber an
einer Hecke blieb der Oberst stehen. Dr. McLean saß dort in seinem Morgenrock
in einem kleinen Garten und blickte starr vor sich hin. „Fisby“, flüsterte der
Oberst verdutzt, „was ist denn mit dem los?“
    „Gar nichts, Herr Oberst. Er meditiert
nur. Das gehört zur Teezeremonie, die ,Goldblume’ gerade veranstaltet und an
der er teilnimmt.“
    Der Oberst machte ein böses Gesicht.
„Fisby, ich habe übrigens noch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen. Mir falsche
Berichte zu schicken! Am besten, ich werde jetzt gleich...“
    „Bitte, Herr Oberst“, fiel Fisby ihm
ins Wort, „könnten Sie nicht später mit ihm sprechen? Wissen Sie — er hat
großen Ärger zu Hause und versucht ihn zu vergessen.“
    „Oh!“ Der Oberst machte große Augen.
„Was für Ärger?“
    „Seine Frau hat bei der Nachprüfung
ihres Kontoauszuges entdeckt, daß sie in Wisconsin achtzehnhundert Eier
bezahlte, die sie nie gesehen hat. Und sie hat dann herausbekommen, daß die
Eier auf ihre Rechnung für ihren Mann besorgt worden sind. Daraufhin hat sie
ihm geschrieben, daß er, falls sie den Betrag nicht binnen einer Woche
zurückerstattet bekommt, täglich mit den Zinsen in Höhe der Kosten eines
Kleides belastet wird.“
    „Na, und da hat er ihr das Geld
geschickt?“
    „Ja, Herr Oberst. Aber sie hat ihren
Brief nicht per Luftpost gesandt und ihn außerdem wohl sogar absichtlich noch
ein paar Tage zurückgehalten. Jedenfalls hat er sich ausgerechnet, daß er ihr
bis jetzt bereits dreiundzwanzig Kleider schuldet, und dabei wird sie seine
Antwort frühestens in einer Woche haben.“ Der Oberst wurde ernst. „Ich kann
Ihnen nur verraten, Fisby — in Gelddingen läßt sich eine Frau nie betrügen. Ich
erinnere mich, daß ich, als ich selbst einmal etwas knapp bei Kasse war,
versucht habe, die Rechnung für eine Wagenwäsche und einen Ölwechsel ins Konto
meiner Frau einzuschmuggeln. Aber da hätten Sie sehen sollen, was für einen
Krach sie da gemacht hat!“
    Man merkte ihm an, daß es ihm noch in
der Erinnerung daran graute. Nach einer kleinen Pause aber fragte er
unvermittelt:
    „Hat der junge Mann neben McLean auch
häuslichen Ärger?“
    „Ach, Sie meinen Seiko. Der ist noch
unverheiratet. Aber er hat auch seine Nöte. Seine und Kieis Porzellanfabrik
geht zwar recht gut, doch da sind Unstimmigkeiten mit ,Goldblume’.“
    „Wieso?“
    „Nun, Seiko arbeitet von früh bis spät,
und ,Goldblume’ ist ärgerlich, weil er nie Zeit hat, an einer Teezeremonie
teilzunehmen. Und sie hat ihm deshalb gesagt, er soll sich ein anderes Mädchen
suchen.“
    „Und da hat er wohl nachgegeben, wie?
Statt ein energisches Wort mit ihr zu reden und ihr zu zeigen, wer der Herr
ist. Das war das erste, was ich meiner Frau beigebracht habe. Und wir haben in
den zwanzig Jahren unserer Ehe nie irgendwelchen Verdruß gehabt.“ Der Oberst
schüttelte sinnend den Kopf. „Er fängt das bestimmt falsch an. Aber vielleicht
sollten wir die beiden jetzt lieber meditieren lassen. Häuslicher Ärger kann
einem schwer zusetzen. Erinnern Sie mich jedoch daran, daß ich mit dem jungen
Mann einmal spreche. Ach ja — und auch daran, daß ich McLean wegen seiner
Berichte und wegen seines unmöglichen Aufzugs zur Rede stelle.“
    In diesem Augenblick hörte man
Holzsandalen auf dem Steinpfad klappern, und Fisby flüsterte dem Oberst zu: „Da
kommt Fräulein Higa-Jiga, Herr Oberst. Sie sieht gar nicht so übel aus in ihrer
Kriegsbemalung.“
    „Was für eine Kriegsbemalung?“
    „Nun, Peggy hat einen Lippenstift und
Puder für sie geschickt, und beides hat sie gründlich benutzt.“ Fräulein
Higa-Jiga kam mit trippelnden Schritten näher. Sie wirkte fast mädchenhaft in
ihrer amerikanischen Frisur und einem Kimono aus weißgeblümtem blauem Nylon, um
den sie eine leuchtendrote Schärpe — Obi, wie sie im Japanischen heißt —
geschlungen trug. Fisby nickte anerkennend. „Das Mädchen verdient eine Menge
Geld, Herr Oberst. Und dabei sah es im Anfang bei ihr recht trübe aus. Als wir
unser Geld hier einführten, fingen fast alle Frauen der Liga für demokratische
Betätigung ein Geschäft an. Fräulein Susano eröffnete einen Kosmetiksalon.
Andere machten Kleidergeschäfte auf. Aber Fräulein Higa-Jiga schien für nichts
geeignet zu sein. Und sehr bald waren auch alle Möglichkeiten erschöpft. Das
einzige, was noch übrigblieb, war das Badehaus, das ich im Dorf gebaut habe.
Aber damit war

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