Die Geishas des Captain Fishby
nicht viel zu verdienen, denn ,Goldblume’ und „Lotosblüte’ waren
die einzigen, die es benutzten. Doch als Fräulein Higa-Jiga es schließlich
übernahm, ist das ganz anders geworden. Sie hat kräftig die Werbetrommel
gerührt.“
„Aber wie denn, Fisby?“
„Sie hat ihre Großmutter
väterlicherseits und ihre Tante Takamini im ganzen Dorf herumgeschickt. Und
jedesmal, wenn die beiden jemandem begegneten, flüsterten sie: ,Von Zeit zu
Zeit sollte doch jeder von uns einmal ein Bad nehmen.’ Na — und da hätten Sie
sehen sollen, wie das Geschäft zu blühen begann! Und jetzt ist es schon so
weit, daß man sich für ein Bad vormerken lassen muß.“ Fisby nickte begeistert.
„Diese Privatinitiative ist doch etwas Großartiges. Man hält’s kaum für
möglich, auf was die Leute kommen, um sich ein paar Yen zu verdienen. Nehmen
Sie zum Beispiel Kanemoto. Er war früher einfacher Landarbeiter auf der Farm.
Aber als wir hier Handel und Industrie ins Leben riefen, hat er sich auf
Champignonzucht geworfen. Und nun sollten Sie nur einmal sehen, was für
prächtige Exemplare er züchtet.“
Fräulein Higa-Jiga kam jetzt an ihnen
vorüber und blieb grüßend stehen: „Ohay o gozaimas.“
Fisby legte einen Finger an die Mütze
und grüßte lächelnd zurück: „Ohio.“
Oberst Purdy sah ihn verdutzt an. „Was
soll denn hier ,Ohio’?“
„,Ohio’ bedeutet ,Guten Morgen1 auf
japanisch, Herr Oberst.“
„Sieh mal einer an! Aber warum bringen
Sie ihnen eigentlich nicht unsere Sprache bei?“
„Ein paar Worte haben sie schon
gelernt und ich ebenso ein paar Worte Japanisch.“
Fräulein Higa-Jiga zupfte Fisby am
Ärmel. „Kami ii san, Chef. Hokay?“
„Okay.“
Sie lächelte und trippelte weiter.
„Was hat sie da gesagt, Fisby?“ fragte
der Oberst.
„,Friseur’. Sie wollte damit andeuten,
daß sie jetzt zum Schönheitssalon geht, um sich dort frisieren zu lassen — sie
hat heute nachmittag eine wichtige Verabredung. Hokkaido kommt zu ihrer
Teezeremonie.“ Die Augen des Obersten blitzten. „Was — einen Schönheitssalon
haben Sie auch, Fisby?“
„Ja, Herr Oberst. ,Lotosblüte’ ist die
Besitzerin. Sie hat zehn Angestellte.“
Der Oberst rieb sich die Hände. „Meine
Frau würde das sicherlich interessieren. Sehen wir uns den doch einmal an! Wenn
ich eine Kamera auftreibe, könnte ich ein paar Aufnahmen machen und sie nach
Hause schicken.“
Fisby hätte dem Oberst viel lieber
noch weitere Wohnhäuser gezeigt, denn er mochte den Vorwurf nicht auf sich
sitzen lassen, die Bevölkerung obdachlos gemacht zu haben. Er hätte ihm auch
gern erklärt, daß es hier jetzt besondere Vorschriften für die Tierhaltung gab:
Schweine und Ziegen durften nur noch in Gemeindeställen außerhalb des Dorfes
gehalten werden. Aber der Oberst stapfte schon weiter. Ihn interessierte nur
noch die Hauptgeschäftsstraße, wo sich der Schönheitssalon befand. Es war eine
mit Bäumen bestandene, breite, gepflasterte Straße, die um diese Zeit recht
verschlafen wirkte. Auf dem Gehsteig aus weißem Kalkstein, der an den Läden
entlangführte, sah man nur wenige Menschen dahinschlendern: Frauen in
amerikanischen Baumwollkleidern oder Kimonos aus amerikanischen Stoffen und
Männer in Leinenhosen und buntbedruckten Sporthemden.
Fisby und der Oberst eilten an dem
Bankgebäude an der Ecke und an einer langen Reihe von Gemüseständen vorüber und
gingen dann schräg auf die andere Straßenseite zu einem kleinen Laden, der mit
weißem Mörtel beworfen war und auf dessen große Schaufenster Reklamebilder mit
neuesten amerikanischen Haartrachten aufgeklebt waren. Nachdem Oberst Purdy
diese Bilder eingehend betrachtet hatte, zog er Fisby am Arm zum Eingang.
Die Angestellten in ihren weißen
Kitteln blickten entsetzt auf, als die beiden Offiziere den Laden betraten, und
die Kundinnen, die noch eben, während geschickte Hände sich mit ihnen
beschäftigten, laut geschnattert hatten, verstummten plötzlich und funkelten
die Eindringlinge empört an.
„Sehen Sie nur, was es hier alles
gibt!“ rief der Oberst unbekümmert und schritt auf einen kleinen Lacktisch zu,
auf dem die verschiedensten amerikanischen Cremes, Shampoons, Haarwässer,
Lockenwickler und dergleichen ausgestellt waren. „Nein, da hört doch alles
auf!“ rief er lachend. „Sogar Bubikopfspangen haben die hier!“
Hinter ihnen begann erregtes Tuscheln.
„Herr Oberst“, flüsterte Fisby beklommen, „wäre es nicht besser, wir gingen
wieder?“
Der Oberst
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