Die Geishas des Captain Fishby
Bananenfasertuch zu beschaffen. Und vor allem brauchen ,Goldblume’ und
,Lotosblüte’ dringend Seide für neue Kimonos. Und Fräulein Higa-Jiga...“
„Da sehen Sie ja, was Sie in Ihrer
Dummheit angerichtet haben. Nun müssen alle deswegen leiden“, wetterte der
Oberst.
Fisby wurde es schwarz vor den Augen.
Seine einzige Hoffnung war die, daß die Bekleidungslager im Go-down noch eine
ganze Weile für den Bedarf der Bevölkerung ausreichen würden.
„Es ist nur ein Glück, daß unsere
Regierung sich um all das kümmert“, fuhr der Oberst unbeirrt fort. „Wenn sie
nicht so weitgehend geholfen hätte, würden die Menschen hier jetzt glatt
verhungern.“
Fisby blickte den Oberst verblüfft an.
„So weitgehend geholfen, Herr Oberst? Wieso geholfen?“
„Natürlich, Fisby. Dachten Sie, wir
überlassen die Menschen hier einfach sich selbst?“ antwortete der Oberst
pathetisch.
„Aber wir haben hier bisher nichts
davon gemerkt“, stotterte Fisby.
„Selbstverständlich nicht. Wir halten
alles noch im Hauptquartier zurück, bis wir ein gerechtes Verteilungssystem
ausgearbeitet haben. Ich wollte schon die Dörfer hinzuziehen, aber Major
Thompson warnte mich, weil nach seiner Meinung die Dorfkommandanten zu
verschwenderisch verfahren. Und ich bin nun auch nur froh, daß ich diese
Hilfsspenden einbehalten habe.“
„Woraus bestehen sie denn?“ fragte
Fisby, der hier plötzlich eine Chance zu ahnen begann.
„Aus Reis, Bohnen, Backöl,
Fischkonserven und dergleichen mehr.“
„Haben Sie viel Reis, Herr Oberst?“
forschte Fisby weiter.
„So viel, daß jedem täglich ein halbes
Pfund zugeteilt werden kann.“
Fisby nahm allen Mut zusammen: „Und
wenn ich mir diese Frage erlauben darf, Herr Oberst — seit wann lagern diese
Bestände bei Ihnen?“
„Seit ungefähr fünf Monaten.“
Fisby hätte vor Freude auf jauchzen
mögen. Das waren also bereits fünfundsiebzig Pfund Reis pro Kopf, und das
bedeutete, daß das Dorf Tobiki allein dreihundertfünfundsiebzigtausend Pfund bekäme.
Seine Augen strahlten: der Oberst hatte den Reis, den man hier so dringend
benötigte!
26
Während sie weiter durch die Straßen
gingen, musterte der Oberst die weißen Häuser, ihre geschweiften roten
Ziegeldächer. Im Unterschied zum Godown hatten sie Holzläden, die jedoch jetzt
geöffnet waren, so daß man im Vorübergehen einen Blick in die Innenräume tun
konnte. Dem Oberst fiel zuerst ein Schild auf, das über einem der Eingänge
hing, auf englisch und japanisch:
Tobiki-Handelsgesellschaft für Sojabohnenprodukte
aller Art
Sojasauce — Misopaste
„Fisby“, fragte er, „was ist denn das
nun schon wieder: Misopaste?“
„Sie besteht aus gemahlenen
Sojabohnen“, erklärte Fisby, „denen man Hefe und Salz zusetzt und die man dann
ungefähr zwei Monate gären läßt. Man verwendet sie für Suppen. Man nimmt dann
einen Löffel Paste, gießt heißes Wasser darüber und verrührt gut. Das ist hier
das übliche Frühstücksgetränk.“ Er hielt einen Augenblick inne und fuhr dann
fort: „Könnten Sie uns denn aber nicht bald etwas von dem Reis schicken, Herr
Oberst?“
„Ja, vielleicht, demnächst. Wir haben
die Frage im Stab bereits erörtert und sind übereingekommen, daß die Leute für
diesen Reis Arbeit leisten sollen. Sonst entsteht in der Bevölkerung nur allzu
leicht das Gefühl, ein Almosen zu erhalten.“ Oberst Purdy spähte in einen Raum,
wo einige Frauen gerade eine schwere Steinmühle drehten. Dann blickte er auf
das Schild der Bohnenmusfabrik Nishimaru, auf der gegenüberliegenden
Straßenseite. „Was ist Bohnenmus, Fisby?“
„Das ist ein Gemisch aus gemahlenen
Bohnen und braunem Zucker. Es sieht aus wie ein dicker Brei und wird vor allem
als Füllung für Reiskuchen benutzt. Für die Reiskuchen braucht man freilich
Reis! Übrigens, Herr Oberst — was für eine Arbeit sollen die Leute denn nach Ansicht
des Stabes als Entgelt für diesen Reis leisten?“
„Major Thompson hat vorgeschlagen, sie
in Arbeitskolonnen zusammenzufassen, zum Bau von Straßen.“
„Aber Herr Oberst, unsere Pioniere und
unsere Marinebautrupps schaffen mit ihren Maschinen und ihrer Spezialausrüstung
doch bestimmt hundertmal soviel wie die Zivilisten hier, die alles alleine mit
den Händen machen müssen.“
Der Oberst hob bedeutungsvoll einen
Finger. „Sie merken nicht, worauf es uns dabei ankommt, Fisby. Das
Entscheidende ist, daß die Leute überhaupt arbeiten.“
Fisby lugte in einen
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