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Die Geishas des Captain Fishby

Die Geishas des Captain Fishby

Titel: Die Geishas des Captain Fishby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vern Sneider
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von
dichten Fliegenschwärmen umsummt, wohlig in dem Morast unter den Bananenbäumen.
Vom nahen Ozean her kam ein Wind, der jedoch auch die nicht eben erfreulichen
Düfte des Fernen Ostens mit sich brachte.
    Fisby schüttelte traurig den Kopf. Dem
Dorfe würde ein bißchen Fortschritt wahrlich guttun — das mußte man zugeben.
Aber wie sollte man den Menschen hier den Geist der Demokratie einimpfen, wie
Oberst Purdy es verlangte? Wie konnte man sie überhaupt für irgend etwas
begeistern? Fisby jedenfalls wußte es nicht.
     
     

3
     
    Sakini begann ungeduldig zu werden.
„He, Chef, hier sind die Geschenke, die Motomura für Sie dagelassen hat!“ Fisby
nickte gleichgültig und sah weiter aus dem Fenster. „Leg sie auf den
Schreibtisch.“
    „Ja, Chef, aber ich glaube, das wäre
denen nicht sehr lieb.“
    „Denen? Was soll das heißen?“
    „Den Geschenken.“
    Captain Fisby hörte ein silberhelles
Lachen. Als er sich rasch umdrehte, fiel sein Blick auf ein Paar zierlicher
weißer Schuhe und auf zwei blaugeblümte Kimonos. Er wagte nicht, noch genauer
hinzusehen, aus Angst vor dem, was er dann noch entdecken würde. „Das — das
sind die Geschenke?“ fragte er entgeistert. Sakini nickte beglückt. „Ja, Chef.
Zwei Geishas. Fabelhaft, nicht wahr?“ Fisby sah verstohlen auf die hübschen,
lächelnden Gesichter, und sein bereits fast kahler Schädel wurde dunkelrot.
Geishas! Auf der Militärschule seinerzeit in Princeton hatte seine Klasse
während eines Semesters einen zweistündigen Kursus mitgemacht, in dem nur von
Geishas die Rede gewesen war. Und obwohl Fisby dabei nie ganz klargeworden war,
was man unter einer Geisha eigentlich verstand, hatte Oberst Purdy mit
unfehlbarer Logik erklärt: „Und wieso, meine Herren, würde die japanische
Regierung wohl eine monatliche Steuer von diesen Mädchen erheben, wenn sie
nicht konzessionierte Prostituierte wären?“
    Fisby wurde es schwarz vor den Augen.
Ein Mann, der eine Prostituierte sein eigen nannte, machte sich völlig
unmöglich. Wer so etwas tat, gehörte zum Abschaum der Menschheit. Was würde
geschehen, wenn Oberst Purdy dahinterkäme? Man würde ihn, den Captain, bestimmt
vor ein Kriegsgericht stellen. Und wenn die Zeitungen zu Hause davon erführen
und eine Schlagzeile erschien: „Captain Jeff Fisby aus der Armee ausgestoßen!“
— Sein Ruf wäre damit ruiniert. Man würde ihn aus dem „Verband der Kaufleute“
ausschließen, denn der „Verband der Kaufleute“ war sehr auf die Moral seiner
Mitglieder bedacht. Fisby mußte schlucken.
    „Dies hier, Chef“, verkündete Sakini
stolz, „ist ,Goldblume’, eine Geisha von ganz besonderer Klasse.“
    „Goldblume“, in deren Augen ein
Lächeln spielte, verneigte sich leicht. Sie mochte nicht älter als zwanzig
Jahre sein. Und während Fisby ihr schmales, zartes Gesicht und das tiefschwarze
Haar, das sie kunstvoll hochgesteckt trug — so wie Geishas es zu tun pflegen —
, flüchtig musterte, wich er unwillkürlich einen Schritt von dieser verworfenen
Frau zurück. „Goldblume“ wandte sich daraufhin an Sakini, um ihn zu fragen, wie
man jemanden auf englisch begrüße, und sagte dann: „Hallo, Chef!“ Fisby schoß
von neuem das Blut heiß in den Kopf. „Sakini, sag ihr, daß sie mich nicht mit
,Chef’ anreden soll.“
    „Warum denn nicht? Herr Motomura hat
sie Ihnen doch geschenkt.“
    Da Fisby bemerkte, daß Korporal Barton
auf seinem Feldbett in der Ecke grinste, riß er sich zusammen und versuchte, so
stramm wie möglich zu erscheinen. „Und das“, fuhr Sakini fort, „ist
,Lotosblüte’.“ Die zweite Geisha machte ebenfalls eine kleine Verbeugung, und
Sakini bückte sich über den Schreibtisch zu Fisby hinüber. „Sie ist nur
zweitklassig“, flüsterte er vertraulich, „aber sie arbeitet fleißig, weil sie
ihre Prüfung bestehen will, damit sie in die erste Klasse aufrückt.“
    Hilflos starrte Fisby auf den
lächelnden Sakini. „Aber Sakini, ich habe nie ein Wort gesagt, daß ich Geishas
als Geschenk annehme! Korporal Barton, Sie können das doch auch bezeugen?“
    Korporal Barton, dem das alles einen
Riesenspaß bereitete, stützte sich auf seinen Ellbogen. „Ich kann nur sagen,
was ich gehört habe, Captain. Als der Mann hier hereinkam und fragte, ob Sie
ein Geschenk annehmen würden, haben Sie geantwortet: ,Okay’.“
    „Ja, so war es, Chef“, stimmte Sakini
ihm zu.
    Die beiden lächelnden Geishas traten
näher an den Schreibtisch heran, und Fisby wich weiter zurück.

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