Die Geishas des Captain Fishby
„Sakini, bring
die beiden Geishas wieder zurück zu Herrn Motomura.“
Sakini schüttelte den Kopf. „Das geht
nicht, Chef.“
„Warum geht das nicht?“
„Weil es Herrn Motomuras Ansehen
schaden würde.“
„Das stimmt, Captain“, fiel auch
Korporal Barton ein. „Und denken Sie daran, was Oberst Purdy im Plan B
geschrieben hat: ,Sorge dafür, daß niemals jemand in seinem Ansehen geschädigt
wird.’“ Captain Fisby konnte sich sehr genau daran erinnern, aber im Augenblick
bereitete ihm nur sein eigenes Schicksal Sorge.
„Außerdem“, sagte Sakini, „Herr
Motomura ist gar nicht mehr hier im Dorf.“
„Er ist nicht mehr hier?“
„Nein, er hat sich so sehr darüber
aufgeregt, daß der Kommandant von Awasi ihn hinausgeworfen hat; er muß sich
deshalb jetzt erst eine Weile erholen. Er ist nach Kunigami gefahren, er will
einen Freund besuchen.“
Fisby zuckte zusammen. Also hatte Herr
Motomura dem Leutnant Fay drüben in Awasi das gleiche Geschenk machen wollen,
aber Fay hatte es ausgeschlagen. Und jetzt hatte sich dieser Motomura aus dem
Staube gemacht, bevor Fisby ihn seinerseits zum Teufel jagen konnte. Dieser
saubere Herr hatte wirklich seine Maske fallenlassen, ging es Fisby durch den
Kopf — was konnte man schon von jemandem erwarten, dessen Beruf es ist... Ja,
was konnte man da anderes erwarten? Trotzdem kam es dem Korporal Barton
keineswegs zu, so höhnisch-überlegen zu grinsen, so als ob er sagen wollte:
„Ich habe Sie ja auch gleich gewarnt.“ — Jeder kann sich eben einmal im Charakter
eines Menschen irren. Fisby wollte bereits aufbrausen, doch da fiel ihm ein,
daß er die beiden Mädchen ja noch auf dem Halse hatte, und er fuhr deshalb
Sakini an: „Ich kann keine Geishas gebrauchen.“
Sakini kratzte sich am Kopf. „Das
verstehe ich nicht, Chef. Das ist sehr ehrbar.“
Fisby suchte nach Worten, dachte eine
Weile nach und erklärte dann lächelnd: „Geishas zu besitzen ist verboten,
Sakini. Weißt du, es lebte einmal ein sehr großer Mann in unserem Lande. Wir
nannten ihn den ,großen Befreier’. Und von ihm stammt das Wort: ,Menschen
dürfen keine anderen Menschen ihr Eigentum nennen’, und darum...“ Fisby zuckte
die Schultern und setzte sich sichtlich erleichtert auf seinen Drehstuhl, sehr
zufrieden mit dem, was er da eben verkündet hatte.
Sakini sah ihn prüfend an. „Chef, hat
der große Befreier auch gesagt, man darf keine Geishas besitzen?“ Fisby rückte
in seinem Stuhle etwas nach vorn und erwiderte: „Das zwar nicht. Aber wohl
hauptsächlich deswegen, weil er nichts von Geishas wußte.“
Sakini lächelte listig. „Dann ist ja
alles gut. Die beiden gehören Ihnen also nun.“ Er sagte das in so bestimmtem
Ton, daß Fisby von neuem völlig in sich zusammensank.
„Goldblume“ zupfte Sakini am Ärmel und
flüsterte ihm etwas zu.
„Chef“, übersetzte Sakini, „sie möchte
wissen, wo sie wohnen werden.“
„Wohnen?“
„Ja, Chef. Der Bürgermeister hat mich
vorhin noch gebeten, Sie daran zu erinnern; er wollte Herrn Motomura aufnehmen,
damit hat er natürlich auch seine Familie gemeint, und so ..
Entsetzt schlug Fisby mit der Faust
auf den Tisch: „Nein!“ So etwas würde er nie erlauben.
„Aber Chef, der Bürgermeister sagt,
für ihn sind alle Leute im Dorf so etwas wie seine Kinder, und es würde ihn
deshalb sehr betrüben, wenn er hört, daß einige seiner Töchter draußen im
Dunkel und Regen stehen und...“
„Nein!“
Sakini dachte einen Augenblick nach,
dann trat er einen Schritt näher an den Schreibtisch heran und sagte heiter:
„Schön, Chef. Es ist ja auch genug Platz in meinem Haus. Da leben nur mein
Großvater und ich.“
„Nein!“
Obgleich er recht enttäuscht war,
lächelte Sakini: „Ich verstehe, Chef, ich verstehe. Sie sollen bei Ihnen
wohnen.“ Fisby zitterte vor ehrlicher Entrüstung an allen Gliedern. „Sie werden
auch nicht bei mir wohnen.“
„Aber wo sollen sie dann wohnen?“
Fisby hielt es für angebracht,
wenigstens für eine gewisse Zeit ein Quartier zu besorgen. „Jetzt werden sie
erst einmal...“ Er versuchte nachzudenken. „Warte. Sie werden im Altersheim
wohnen. Ja, das ist gut. Sie können da etwas helfen. Sie können — sie können
dort als Pflegerinnen tätig sein.“
Als Sakini „Goldblume“ diese Worte
übersetzte, funkelten ihre dunklen Augen zornig. Sie sprach laut und erregt im
Luchuandialekt. Mit theatralischen Gesten holten sie und „Lotosblüte“ Papiere
aus ihren Taschen und
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