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Die Gelehrten der Scheibenwelt

Die Gelehrten der Scheibenwelt

Titel: Die Gelehrten der Scheibenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Meeresufer. Die Theorie stimmt mit mehreren menschlichen Eigenheiten überein: Wir mögen Wasser (neugeborene Kinder können schwimmen), wir haben ein komisches Haarmuster am Körper und wir gehen aufrecht. Man braucht nur in irgendeinen Urlaubsort am Mittelmeer zu gehen und sieht sofort eine riesige Menge nackter Affen, die den Strand für den idealen Ort zum Herumlungern halten.
    Ob die Wasseraffen-Geschichte des Ursprungs der Menschheit die Savannen-Theorie verdrängen wird, bleibt abzuwarten, doch die Savannengeschichte ist von ganz anderer Seite in Bedrängnis geraten. Phillip Tobias hat nicht die Fossilbelege in Frage gestellt, sondern ihre Deutung. Er stellte eine derart einfache Frage, daß sie fast allen anderen, die auf diesem Gebiet arbeiten, entgangen zu sein scheint. Ja, viele Gegenden, in denen Fossilien von affenähnlichen Vorfahren des Menschen gefunden wurden, sind heute Savannen. Aber waren sie es damals? Als unsere fernen Ur-Ur-…-Großeltern vor 2,7 Millionen Jahren fossil wurden – war die Vegetation damals möglicherweise anders als heute?
    Angesichts der Tatsache, daß die Tiere damals entschieden anders waren – unsere Vorfahren, nicht wir –, ist es ein wenig überraschend, daß diese Frage anscheinend noch niemandem zuvor in den Sinn gekommen ist. So läuft es leider oft in der Wissenschaft. Die Leute spezalisieren sich. Fachleute für prähistorische Menschenaffen interessieren sich vielleicht nicht besonders für Botanik.
    Wie sich zeigt, war Sterkfontein, einer der Orte, wo fossile Affen gefunden wurden, die die Savannen-Theorie stützen, damals überhaupt keine Savanne. Fossile Pollen weisen darauf hin, daß es ein Waldgebiet war, und fossile Lianen machen das fest. Andere Gebiete in Südafrika und in Äthiopien (wo die berühmte ›Lucy‹ gefunden wurde) zeigen, daß diese Gebiete Wälder waren, als die Affen dort lebten. Der ›Mörderaffe der Savannen‹, sagt Tobias, ist Unsinn.
    Und es gibt möglicherweise neue Indizien für eine wäßrigen Ursprung der Menschheit, wenngleich nicht unbedingt für den vollgültigen Wasseraffen. Eine gemeinsame Eigenschaft aller Fundstellen von fossilen Hominiden besteht darin, daß sie sich in der Nähe von Wasser befinden. Das hat Sinn, denn Homo sapiens muß eine Menge trinken, und er schwitzt und uriniert eine Menge. Wenn wir uns in den Savannen entwickelt hätten, hätten wir die anderen Tiere mit unserem ständigen Pinkeln zur Raserei getrieben. Und es hat den Anschein, daß wir mindestens vor einer Million Jahren erstklassige Schwimmer waren. Es gibt Indzien für menschliche Wanderungen auf Inseln wie Flores, das von Bali durch ein tiefes Unterwassertal getrennt ist. Selbst wenn man den niedrigeren Meeresspiegel der Vergangenheit berücksichtigt, müssen die Neuankömmlinge mindestens 30 km offenes Wasser schwimmend oder auf Flößen oder sonstwie zurückgelegt haben.
    Wir waren vielleicht nicht der Wasseraffe, aber gewiß waren wir der Feuchtwaldaffe. Ganz wie heute der Bonobo, einer unserer beiden nächsten lebenden Verwandten.
    Gehirne sind faszinierend. Sie sind das physische Vehikel für den Geist, der noch faszinierender ist. Der Geist ist sich seiner selbst bewußt (oder gibt zumindest seinem Besitzer den lebhaften Eindruck, er sei es) und hat einen freien Willen (oder gibt zumindest seinem Besitzer den lebhaften Eindruck, er habe ihn). Der Geist funktioniert in einer Welt von ›Qualia‹ – lebhaften Sinneseindrücken wie rot, heiß, sexy . Qualia sind keine Abstraktionen – sie sind ›Gefühle‹. Wir alle wissen, wie es ist, sie zu haben. Die Wissenschaft hat keine Ahnung, warum sie so sind, wie sie sind.
    Gehirne jedoch … Wir können bei den Gehirnen weitermachen. Auf einer Ebene der Betrachtung sind Gehirne eine Art Gerät zur Datenverarbeitung. Der offensichtlichste physische Bestandteil sind Nervenzellen, zu komplizierten Netzwerken angeordnet. Mathematiker haben solche Netzwerke untersucht und festgestellt, daß es die typische Arbeit von Netzwerken ist, interessante Prozesse durchzuführen. Man gebe ihnen einen Input, und man kriegt einen Output. Man gebe ihnen die Möglichkeit, daß sich die Verbindungen in ihnen entwickeln, indem man bestimmte Zusammenhänge von Input und Output selektiert – wie Reaktion auf das Bild einer Banane, aber keine Reaktion auf das Bild einer toten Ratte –, und man bekommt ziemlich schnell einen ziemlich wirksamen Bananen-Detektor.
    Was das menschliche Gehirn einmalig macht, soweit

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