Die Geliebte des griechischen Reeders
Fenster auf der Beifahrerseite herunter, um weiter mit ihr sprechen zu können.
Unwillkürlich verkrampfte sie sich und stand stocksteif da, weil genau in diesem Augenblick eine schwere dunkle Limousine durch die hohen schwarzen Tore glitt. Blitzschnell duckte Lindy sich hinter die Beifahrertür, sodass Bens Wagen sie verdeckte.
âWas hast du?â, fragte Ben befremdet.
âFahr erst los, wenn die Limousine vorbei ist!â, forderte sie gedämpft. Ihr schoss das Blut ins Gesicht, die peinliche Situation erinnerte sie schmerzlich an die demütigende Episode am Fluss.
Langsam glitt die Limousine die Auffahrt entlang und verschwand hinter einer Ecke. Erleichtert richtete Lindy sich wieder auf. Das glänzende braune Haar fiel ihr in weichen Wellen über die Schultern, und ihre leuchtend blauen Augen wirkten beunruhigt.
âWas sollte das?â, fragte Ben verständnislos.
âAch nichts.â Lindy zuckte die Schultern und verzichtete auf nähere Erklärungen. âBis nächsten Freitag dann, wenn du Pip abholen kommst.â So schnell sie konnte, flüchtete sie ins Haus, wo der Chihuahua den armen Sausage drohend anknurrte, der sich hinter einen Sessel geflüchtet hatte.
Sechs Wochen waren vergangen, seit Lindy zum ersten Mal auf Atreus Dionides getroffen war. Doch selbst jetzt noch brach ihr der kalte Schweià aus, wenn sie daran dachte, dass der griechische Industrielle sie splitternackt beim Baden im Fluss überrascht hatte. So hatte noch kein Mann sie gesehen, sie schämte sich und kam darüber nicht hinweg. Hätte sie auch nur geahnt, dass jemand sie entdecken könnte, hätte sie sich nicht einmal einen Strumpf ausgezogen. Selbst im Badeanzug fühlte sie sich unwohl, und bis zu jenem Tag hatte sie noch nie nackt gebadet. Das würde sie auch garantiert nie wieder tun, solange sie lebte!
Wann immer sie an den verhängnisvollen Nachmittag dachte, wand sie sich innerlich und verwünschte ihre Sorglosigkeit. Es war der heiÃeste Tag des Jahres gewesen, und sie hatte den ganzen Vormittag über im Tierheim geholfen, ein gespendetes Fuder Heu abzuladen. Als sie mit dem Fahrrad nach Hause fuhr, brannte die Sonne erbarmungslos, die winzigen Strohhalme pieksten auf ihrer Haut. Sehnsüchtig hatte sie an den Fluss gedacht, der sich an einer Stelle zwischen ausgewaschenen Felsen zu einem natürlichen kleinen See staute. Im Jahr zuvor war sie dort öfter geschwommen.
Doch damals hatte das herrschaftliche Anwesen noch leergestanden. Zu der Zeit hatte es einem alten Mann gehört, der meist im Ausland lebte und seinen Mietern keinerlei Vorschriften machte. Atreus Dionides dagegen umgab sich mit modernsten Sicherheitssystemen und pochte auf seine Rechte. Die Gutsverwaltung hatte keine Zeit verloren, einen entsprechenden Rundbrief zu verschicken, in dem die neuen Besitzverhältnisse bis ins Kleinste dargelegt waren, besonders die Forderung des neuen Eigentümers, auf seinen weitläufigen Ländereien von nichts und niemandem gestört oder belästigt zu werden.
An jenem heiÃen Sommertag vor sechs Wochen hatte Lindy eigentlich nur fünf Minuten die nackten FüÃe kühlen wollen, an einer ruhigen, einsamen Stelle des Flusses, wo Bäume und dichtes Buschwerk Blickschutz boten. Als das kühle Wasser ihre FüÃe perlend umspielte, war sie der Versuchung erlegen und hatte sich ohne weiter nachzudenken nackt ausgezogen, ihre Sachen am Ufer auf einem Haufen hinterlassen und war wohlig seufzend in die herrlich erfrischenden Fluten eingetaucht. Selbst jetzt noch erschauerte Lindy beim Gedanken an die Szene, die dann folgte.
âWas tun Sie hier?â, lieà eine herrische Männerstimme Lindy zusammenfahren, die in dem ruhigen Wasser träumerisch dahintrieb.
Sie wirbelte herum und entdeckte den Mann am Ufer. Blitzschnell tauchte sie tief ins Wasser ein, um ihre Brüste zu bedecken. Im eleganten schwarzen Anzug, weiÃen Hemd und Seidenkrawatte hob Atreus sich seltsam unwirklich gegen die bewaldete Umgebung ab. Aber natürlich wusste Lindy sofort, wer er war. Sie hatte sein Foto im Lokalblatt neben einem begeistert geschriebenen Artikel über den neuen Eigentümer von Chantry House gesehen. Atreus Dionides sah fabelhaft aus, doch er wirkte kalt und grimmig, hatte sie gedacht, während sie das Bild betrachtet hatte. Als er jetzt vor ihr stand, war er die Verkörperung klassischer männlicher Schönheit.
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