Die Geliebte des griechischen Reeders
Auffahrt entlang. Nirgends brannte Licht, das Anwesen wirkte wie ausgestorben. Vor der Eingangstreppe lieà sie das Fahrrad fallen, stürmte die Stufen zum Hauptportal hinauf und schlug mit dem schweren Klopfer heftig gegen die mächtige Tür. Verzweifelt hämmerte sie, bis ihr Arm schmerzte, dann versuchte sie es mit der anderen Hand. Als die Tür endlich geöffnet wurde, kamen über die Auffahrt mehrere Geländewagen angebraust.
âWas, zum Teufel â¦? Es ist nach Mitternacht.â Verständnislos sah Atreus Dionides sie an. Er trug einen eleganten Nadelstreifenanzug, sein dunkles Haar war zerzaust.
âDer Westflügel brennt!â, brachte Lindy atemlos hervor.
Ungläubig sah Atreus sie an. âWie bitte?â
âIhr Anwesen brennt ⦠so begreifen Sie doch!â, schrie Lindy ihn an, die instinktiv spürte, dass er zu den Menschen gehörte, die sich von anderen nichts sagen lieÃen.
Zögernd stieg er die Treppe hinunter. âEs brennt?â
âDer Westflügel. Das Obergeschoss steht in Flammen.â
Nun rannte Atreus so schnell los, dass Lindy nicht mit ihm Schritt halten konnte. Beim Anblick des Flammeninfernos, das die Dunkelheit erhellte, blieb er stehen und stieà eine Verwünschung auf Griechisch aus.
Er hatte den Ernst der Lage erfasst und übernahm sofort das Kommando.
Aus einem der Wagen sprangen bereits einige kräftig gebaute Männer und stürmten über den Kies herbei. Lindy erkannte Atreus Dionidesâ muskulöse Leibwächter, die ihn überallhin begleiteten. Schon erteilte er ihnen Anweisungen, und sie eilten ins Haus.
âIst es nicht zu gefährlich, die Leute da hineinzuschicken?â, fragte Lindy besorgt.
âWenn es so wäre, würde ich es ihnen nicht zumuten. In meinem Arbeitszimmer befinden sich mein Laptop und wichtige Unterlagen, die unbedingt gerettet werden müssen. Das Feuer ist noch weit genug davon entfernt, dass meine Männer gefahrlos dort hinein könnenâ, erklärte Atreus gereizt.
Kritik konnte er offenbar schlecht vertragen, bemerkte Lindy. Nicht zu fassen, dass er nur ans Geschäftliche dachte, obwohl sich in den Gängen unvorstellbar kostbare Gemälde und Kunstwerke befanden, die ebenfalls ein Raub der Flammen zu werden drohten. War dem Mann nicht klar, wie schnell ein Brand sich in einem Gebäude ausbreiten konnte? Albtraumhafte Bilder aus der Kindheit stiegen vor Lindy auf, sie ballte die Hände zu Fäusten und wandte sich Phoebe zu, die von Dorfbewohnern umringt wurde. Alle standen wie erstarrt da und verfolgten seltsam fasziniert die sich vor ihren Augen anbahnende Katastrophe.
âWir dürfen keine Zeit verlieren! Lasst uns die Gemälde und Kunstgegenstände rausholenâ, drängte Lindy die Umstehenden.
Prompt bildete sich eine Kette hilfsbereiter Nachbarn, die ersten Bilder wurden abgehängt und von Hand zu Hand durch die Fenster herausgereicht. Organisieren war Lindys Stärke. Sie steuerte die Rettungsbemühungen, und nachdem auch Dionidesâ Leibwächter und die Gutsarbeiter mit anfassten, lief alles noch sehr viel zügiger und wirksamer. Zwei Löschzüge trafen ein, und Atreus besprach sich knapp mit dem Feuerwehrchef. Leitern wurden aufgestellt, Schläuche über den Boden gezurrt. Chantry House lag auf einer Anhöhe, und vom See musste Wasser heraufgepumpt werden für den Fall, dass die Flammen sich weiter ausbreiteten.
Der Umstand, dass die meisten Räume renoviert werden sollten und deshalb leer standen, erleichterte die Aufgabe, die Kunstwerke aus dem weitläufigen Herrensitz zu retten. Fast alle Gemälde und alten Möbel waren im Moment im Haupttrakt untergebracht. Als die Feuerwehrleute schlieÃlich mit den Löscharbeiten beginnen konnten, verfolgte Lindy bebend, wie die Wasserstrahlen zischend in die Flammen schossen und schwarze Rauchwolken zum Nachthimmel aufstiegen. Vom beiÃenden Rauch in der Luft wurde ihr übel.
âDas Feuer hat den Dachstuhl erreichtâ, stellte Atreus Dionides grimmig fest.
Erst jetzt fiel Lindy Dolly ein, von der die Wirtschafterin ihr erzählt hatte. âIst die Katze drauÃen?â, erkundigte sie sich beunruhigt und machte einen ersten hastigen Schritt auf das Haus zu.
Atreus drängte sie auf den Rasen zurück, denn in diesem Moment sprengten die Flammen hinter einer Scheibe das Glas mit ohrenbetäubendem Krachen. âWelche
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