Die Geliebte des griechischen Reeders
Lindy ihn wütend an.
„Ich hole dich ins Bett zurück und hoffe, dass du dort wieder Vernunft annimmst, glikia mou “, erklärte Atreus ungerührt.
„Bilde dir ja nicht ein, dass ich je wieder mit dir schlafe.“ Lindy schlug seine Hände fort und glitt blitzschnell aus dem Bett. „Wir sind fertig miteinander!“
5. KAPITEL
Fassungslos ließ Atreus sich auf die Kissen zurücksinken und betrachtete Lindys entschlossene Züge. „Gerade von dir hätte ich so einen dramatischen Gefühlsausbruch wirklich nicht erwartet. Du erfährst, dass wir nicht vor den Altar treten werden, und das war’s? Aus, Schluss, vorbei? Findest du das nicht ein bisschen kindisch?“
„Nein. Du hast mir mehr als deutlich zu verstehen gegeben, dass du mich weder achtest noch ernst nimmst“, hielt Lindy ihm empört vor. „Ich will nicht die Frau sein, mit der du an den Wochenenden schläfst, die aber nicht gut genug ist, um sich mit ihr öffentlich zu zeigen. Das reicht mir nicht.“
Verärgert richtete Atreus sich auf. „Bisher war es anscheinend mehr als genug, denn du warst all die Monate über sehr glücklich damit. Muss ich dich außerdem daran erinnern, dass du es warst, die mit mir nicht in der Öffentlichkeit gesehen werden wollte?“
„Ich bin nur deine Mätresse“, hielt Lindy ihm bebend vor, ohne auf seinen Einwand einzugehen. „Oder etwa nicht?“
„Das ist ein altmodischer Begriff, und ich bin alles andere als altmodisch“, erwiderte Atreus betont ruhig.
„Kannst du es nicht wenigstens zugeben?“ Lindy ballte die Hände zu Fäusten und beherrschte sich nur noch mühsam.
Beinahe missbilligend sah Atreus sie an. Aufrichtigkeit brachte ihn hier zweifellos am weitesten. „Wenn du darauf bestehst. Ja, du bist meine Geliebte.“
Ihr kamen die Tränen. In diesem Moment hasste sie ihn, sie wollte ihn anschreien, ihm etwas ins Gesicht schleudern, doch sie beherrschte sich und hielt seinem Blick einfach nur stand. Nicht mehr zu sein als seine Geliebte empfand sie auf einmal als schlimmste Erniedrigung.
„Trotzdem bist du für mich sehr wichtig“, versicherte er ihr, doch seine Stimme blieb kühl. „Du bedeutest mir viel.“
„Ja … wenn du Sex willst, Spaß, Abwechslung! Für dich bin ich eine Frau, die dir die Wochenenden auf dem Lande würzt und dir keinerlei Ungelegenheiten bereitet“, hielt Lindy ihm verbittert vor.
Ihr Herz jagte. So schrecklich hatte sie sich noch nie gefühlt. Es war, als drehe jemand ein Messer in ihrer Brust um, der Schmerz schien alles in ihr zu zerreißen. Gleichzeitig war sie wütend auf sich selbst, dass sie sich auf diese Affäre überhaupt eingelassen hatte. Noch nie hatte sie sich so hintergangen und verloren gefühlt. Atreus gehörte zu ihr, sie konnte sich ein Leben, eine Zukunft ohne ihn einfach nicht mehr vorstellen.
Seine Geliebte. Mehr war sie nie für ihn gewesen. All die Monate über hatte sie in Wunschdenken geschwelgt, an eine tiefere, dauerhafte Beziehung zwischen ihnen geglaubt, sich als Atreus’ gleichwertige Partnerin gefühlt. Dabei betrachtete er sie lediglich als Bettgefährtin, die ihm im Verborgenen sexuelle Vergnügungen bot, ohne sich in sein eigentliches Leben einzumischen.
Für ihn war sie eine Frau, die höchstens Wohlwollen und kleine finanzielle Gesten erwartete. Kein Wunder, dass er darauf bestanden hatte, sie solle den Wagen annehmen, den er ihr gekauft hatte. Wenig erstaunlich auch, dass er keine Miete von ihr nehmen wollte. Schließlich musste man eine Mätresse auch irgendwie belohnen, sich erkenntlich zeigen. So lautete der Handel. Unangenehme Fragen wie jene, die sie ihm gerade gestellt hatte, sprengten die stillschweigend vorausgesetzten Spielregeln.
„Ich schätze dich wirklich sehr“, versicherte Atreus ihr. „So lange wie mit dir habe ich es noch bei keiner Frau ausgehalten.“
Doch Lindy sah die für ihn so erstaunlich dauerhafte Affäre in einem ganz anderen Licht. Nie hatte sie Atreus mit Liebesschwüren bedrängt. Sie hatte ihn einfach vergöttert, bewundert und eigentlich nur für ihn gelebt. Erwartet oder gar verlangt hatte sie nichts von ihm. Wieso sollte er aus so einem bequemen Arrangement ausbrechen?
Er behauptete, sie zu schätzen, und beteuerte, sie sei wichtig für ihn. Aber waren das nicht nur ganz unverbindliche, vorsichtige Formulierungen, mit denen er ihr nichts Ernstes oder Dauerhaftes in Aussicht stellte? Atreus Dionides hatte sehr klare Vorstellungen von ihrem Stellenwert, ihrem Platz in seinem Leben. Mehr
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