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Die Geliebte des Kosaken

Die Geliebte des Kosaken

Titel: Die Geliebte des Kosaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McFadden
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ohne lästige Begleitung zu wählen. Arbeiter mit Pferdefuhrwerken waren unterwegs, Frauen, die ihre Bündel und Körbe zum Markt schleppten, zerlumpte Kinder, die die vornehme Dame mit erstaunten Augen anstarrten. Ein wenig mulmig wurde Natalja schon zumute, als sie die frechen und begehrlichen Blicke der jungen Kerle bemerkte, die sich in den Hauseingängen herumdrückten und scheinbar nichts anderes zu tun hatten, als den Vorübergehenden nachzugaffen. Dann wäre sie um ein Haar über einen Mann gestolpert, der am Boden saß und bettelte. Es war ein Kriegskrüppel, bärtig und voller Schmutz, das Gesicht vom Schnaps gerötet. Statt der Beine besaß er nur noch zwei kurze, mit Lumpen umwickelte Stümpfe.
    „Verzeihung“, sagte sie erschrocken, kramte eine kleine Münze hervor und warf sie dem Mann zu. Er fing sie so geschickt auf, dass sie über seine Beweglichkeit staunte.
    Sie war schon fast am Newski-Prospekt angekommen, als ein junger Bursche sie überholte, der ihr offensichtlich schon einige Zeit gefolgt war. Jetzt stellte er sich ihr in den Weg, riss sich die staubige Mütze vom Kopf und offenbarte dabei eine hellblonde, verfilzte Lockenmähne.
    „Um Vergebung, schöne Dame“, sagte er und verneigte sich gleich mehrfach. „Dimitrij Andrejitsch – zu Euren Diensten. Ich kenne hier in der Stadt jeden Winkel. Für nur drei Kopeken kann ich Euch alle Sehenswürdigkeiten zeigen.“
    Natalja war verblüfft, dann aber fand sie den Burschen ganz lustig. Er war sehr schlank, schien aber sehnig und gewandt zu sein, und über sein bartloses Gesicht zog sich ein vertrauenerweckendes Lächeln. „Du kennst dich also hier in der Stadt aus?“
    Er verneigte sich wieder und nickte dabei eifrig. „Nur drei Kopeken, meine Dame. Das ist nicht viel, die anderen nehmen vier oder fünf Kopeken und wissen lange nicht so viel wie ich.“
    Sie lächelte. Er schien ziemlich geschäftstüchtig zu sein, das gefiel ihr. „Ich brauche keinen Führer. Aber ich würde gern eine Reisekutsche für eine längere Fahrt mieten. Kannst du mir eine Adresse nennen?“
    Er blinzelte und schien keineswegs überrascht. Vermutlich war er es gewohnt, alle möglichen Arten von Aufträgen zu erledigen. „Ihr habt großes Glück,“, sagte er und strahlte sie an, „mein Onkel vermietet Kutschen, und er kann Euch auch gute Pferde verschaffen. Wohin soll die Reise denn gehen?“
    „In den Ural.“
    Dimitrij runzelte die Stirn, er schien darüber nachzugrübeln, wie weit es bis dorthin wohl sein mochte.
    „Ich brauche eine stabile und schnelle Kutsche, dazu Pferde, Kutscher und zwei Knechte. Außerdem eine Dienerin für mich. Wenn du das alles besorgen kannst, werde ich dich gut bezahlen, Dimitrij.“
    Er zögerte, drehte die Mütze in der Hand und sah sie abschätzend an. „Das alles wird nicht einfach zu beschaffen sein, verehrte Dame.“
    Sie begriff, dass er ihr nicht traute, und bemühte sich, energisch aufzutreten. „Ich brauche die Kutsche in einer Stunde vor dem Stadthaus der Großfürstin Galugina an der Moika. Wenn du es bis dahin regeln kannst, wird es dein Schaden nicht sein. Hier hast du eine Anzahlung.“ Sie kramte in ihrem Täschchen herum und zog einen Goldrubel heraus, bei dessen Anblick der Bursche gierige Augen bekam. Er griff nach dem Geldstück, steckte es hastig in seine Mütze, setzte sie auf und verbeugte sich so tief, dass er die Mütze festhalten musste, sonst wäre sie ihm vom Kopf gefallen.
    „In einer Stunde wird alles für Euch bereitstehen, Herrin. Vertraut auf Dimitrij Andrejitsch, Ihr werdet mit mir zufrieden sein.“ Tatsächlich drehte er sich auf der Stelle um und rannte so eilig davon, dass seine weiten Hosen flatterten. Natalja beobachtete, wie er sich geschickt zwischen zwei Fuhrwerken hindurchschlängelte, einer Gruppe Mägden, die Wäsche zum Fluss trugen, mit großer Gewandtheit auswich und dann in einem schmalen Durchgang zwischen zwei Häusern verschwand.
    Einen Augenblick stand Natalja unschlüssig da, und sie spürte, wie ihr Herz unruhig schlug. Hatte sie das Richtige getan? Konnte sie diesem windigen, jungen Burschen überhaupt trauen? Wer sagte ihr, dass er sich nicht einfach mit ihrem Goldrubel auf Nimmerwiedersehen davonmachte? Ach was, dachte sie dann. Eine Stunde kann ich warten. Kommt er nicht, besorge ich mir auf anderem Weg, was ich brauche.
    Entschlossen wandte sie sich um und trat den Rückweg an. Ihr wagemutiges Vorhaben, bisher nur ein romantisches Luftschloss, war jetzt plötzlich

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