Die Geliebte des Piraten
nervöser wurde sein Gegenüber.
»Sie kennt ihren Platz nicht.«
Wie einen erfrischenden Regen empfand Raiden die Erleichterung, die ihn durchströmte. Gleichzeitig musste er sich beherrschen, nicht die Hand auszustrecken, um diesen königlichen Hals umzudrehen. »Das weiß ich.«
»Du wünschst diese überaus widerspenstige Frau zu kaufen?«
»Nennt mir den Preis, Hoheit«, entgegnete Raiden und verneigte sich.
Der Prinz wählte ein Stück Fleisch aus und knabberte daran herum. Er ließ Raiden dabei nicht aus den Augen. »Vor Jahren haben die Engländer mir mein Zuhause mit Gewalt genommen und haben, als sie es verließen, nichts als Schmutz im Palast meines Vaters hinterlassen.« Inaka zog ein säuerliches Gesicht. »Wusstest du, dass sie sich nicht jeden Tag waschen, nicht einmal vor ihrem Gebet?«
Raiden nickte. Dieser Themenwechsel überraschte ihn nicht sonderlich. Der Prinz spielte wieder mit ihm. »Ich würde alles geben, was ich habe, um sie zurückzubekommen, Eure Hoheit.«
Inaka explodierte vor Lachen, und Raiden runzelte, trotz der Gefahr, die Stirn. »Und ich werde alles nehmen, was du hast, Schwarzer Engel, aber ich sage dir auch, dass du sie vergessen und dir eine andere Frau suchen solltest.« Inakas Blick glitt über das Mädchen, das in der Nähe stand und ihm Feigen anbot. Inaka nahm eine und aß sie, dabei sah er das Mädchen unverwandt an. Schließlich sagte er ihr, dass sie seine Gunst gewonnen hätte und hinter ihm Platz nehmen dürfte.
»Ich möchte nur diese Frau.«
Der Prinz seufzte und warf den Rest des Fleischbrockens in den Sand. »Mir scheint, ich habe dir vor Jahren doch nicht das Herz aus dem Leib geschlagen, Sohn des Montegomery.«
Raidens Geduldsfaden riss, und er richtete sich auf. Augenblicklich richtete ein Dutzend Krieger ihre Kurzschwerter auf seine Brust. Raiden schaute auf die Waffen und erhob sich. Aller Etikette trotzend, sah er auf den Sultan herunter. Einer der Krieger versuchte vergebens, ihn niederzudrücken. »Ich habe einen Preis gezahlt, den kein Mann zahlen sollte, Prinz Inaka. Ihr schuldet mir diesen Gefallen.«
Der Prinz erhob sich, wobei seine Armbänder und Halsketten vernehmlich klirrten. Er erwiderte Raidens Blick. »Dies ist meine Insel, es sind meine Leute. Und ich schulde niemandem etwas, und einem Weißen schon gar nichts.«
»Bin ich nicht mehr Eingeborener als die Engländer, die Holländer? Respektiere ich nicht Eure Gewohnheiten, Eure Sitten?«
Der Prinz betrachtete ihn nachdenklich. Dann, mit einer flüchtigen Handbewegung, sagte er: »Sie gehört dir.«
»Mit Eurer Erlaubnis.«
Der Prinz schnaubte und stemmte die Hände in die Hüften, während ein Grinsen sich auf seinem dunkelhäutigen Gesicht ausbreitete. »Du hast meine Erlaubnis niemals gebraucht, Schwarzer Engel. Denn ich halte sie nicht gefangen.« Der Prinz drehte sich um und zeigte zum Fort. »Die haben sie.«
In diesem Augenblick begann der Gunung Api zu grollen und eine weiße Rauchwolke stieg aus seinem Krater in die Dunkelheit auf.
20
Raiden lief den dunklen feuchten Gang entlang und rief immer wieder Willas Namen. Perth und Kahlid folgten ihm mit fünf von Inakas Kriegern und gaben ihm Rückendeckung. Und wenn Willa gar nicht im Fort war? Wenn der Sultan mit ihm gespielt hatte und sie in Wahrheit doch irgendwo gefangen hielt? War sie überhaupt noch am Leben? Raiden bebte vor Zorn und Ungeduld, als er durch das knöchelhoch stehende, von Unrat verschmutzte Wasser von Kerker zu Kerker lief.
Plötzlich blieb er stehen.
Einen Augenblick lang konnte er sich nicht bewegen, konnte er nicht atmen, so groß war die Erleichterung, die ihn durchströmte. Mit nichts als einem mattblauen Sarong am Leib kauerte sie auf dem dreckigen Roden, dicht gedrängt in eine dunkle Ecke. An ihren Handgelenken trug sie die Abdrücke von Stricken und auf der nackten Schulter eine Wunde. Sie sah aus wie ein geschlagenes Tier. Als Raiden sich vorstellte, was ihr Ehemann ihr womöglich alles angetan hatte, erfüllte ihn maßlose Wut.
»Willa.« Sie reagierte nicht. Raiden packte die Gitterstäbe und rüttelte heftig daran. »Willa!«
Ihr Kopf fuhr hoch, und sie starrte ihn durch einen Vorhang wirr herabhängender Haare an. »Raiden?« Ihre Stimme klang rau, ausgedörrt.
»Ja, Liebste.« Er kniete sich hin, um ihr in die Augen sehen zu können.
Ihre Hand zitterte, als sie sich das Haar zurückstrich. In ihren Augen lag der Ausdruck von Verzweiflung und Qual. Sie starrte ihn an. »Du bist zu
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