Die Geliebte des Piraten
zögern beugte Raiden vor dem Mann das Knie. Er musste dabei zwar seinen Stolz hinunterschlucken, aber er war gewillt, alles zu tun, um Willa zurückzubekommen.
Die Krieger seiner Hoheit waren in leuchtend rot-orange gemusterte Sarongs gehüllt, die knapp die Knie bedeckten. Sie waren ihrem Herrn an Bord gefolgt und hatten im Halbkreis um ihn Aufstellung genommen, die Blasrohre in den Händen haltend.
Der Sultan befahl Raiden sich zu erheben. Dieser gehorchte, hielt den Blick jedoch weiter auf den Boden gerichtet. »Lord Raiden. Es ist viel Zeit vergangen.«
»So ist es, Eure Majestät.«
Raiden spürte, dass der Prinz ihn inspizierte. Kahlid trug eine kleine Truhe herbei, die er zu Füßen des Sultans abstellte. Dieser nahm den Inhalt aus Perlen und Sandelholz in Augenschein und winkte einem seiner Diener, sie fortzubringen.
»Du darfst mich jetzt ansehen.«
Vorsichtig hob Raiden den Blick.
Prinz Inaka trat näher und beäugte Raidens Arme. »Ich sehe viele Narben mehr. Du wirst mir davon erzählen.«
Raiden verneigte sich. »Wie Ihr wünscht, Eure Hoheit.«
Prinz Inaka betrachtete ihn eingehend, als versuchte er, sich eine Meinung über ihn zu bilden, dann sagte er: »Wir glauben, es ist gut, dass du zu einem Besuch gekommen bist.« Der Sultan mit der kaffeebraunen Haut und den glänzenden Augen schaute nach links und rechts auf die anderen Schiffe. »Dein Wagemut kennt keine Grenzen, Schwarzer Engel.«
»Wir sind bestrebt, Eurer Hoheit zu gefallen. Wenn ich eine Bitte äußern darf …« Der Prinz nickte bejahend. »Ich wünsche eine private Audienz bei seiner Hoheit«, sagte Raiden und verneigte sich tief. Dabei hielt er die Hände vor der Brust, die Handflächen aneinander gelegt.
Prinz Inaka sah ihn an. »Du bist nicht gekommen, um zu handeln und zu feiern?«
»Ich habe mir genug von Englands Gewürzen geholt.«
»Während ich ihr Geld verwahre.«
»Eure Hoheit ist gütig zu allen.«
»Ja, das bin ich.« Aus seinem Gesicht erschien ein Grinsen, doch Raiden wusste aus Erfahrung, dass er dem nicht trauen konnte. Er wartete auf die Einladung.
»Bei Sonnenuntergang werden wir ein Fest feiern. Wir würden uns freuen, dann von deinen jüngsten Schlachten zu hören.«
Der Blick des Sultans heftete sich auf Raidens Kleider und zeigte sein Missfallen darüber ganz unverhohlen. Zwei kräftig gebaute Krieger kamen herbei, hoben den Sultan auf ihre Schultern, trugen ihn das Fallreep herunter und betteten ihn wie ein Kind auf seinen Diwan. Ein wunderschönes junges Mädchen fächelte ihm mit einem Palmenwedel kühle Luft an die königliche Haut. Raiden sah verstohlen zu, wie das Boot zur Küste zurückfuhr, denn die Augen hielt er respektvoll niedergeschlagen.
»Komm erst zu mir, wenn er an Land gegangen ist«, sagte Raiden.
Tristan blieb bei diesen Worten stehen.
Als Inaka den Strand betrat, stieß Raiden einen langen Atemzug aus und ging dann langsam auf Tristan zu. »Sorg dafür, dass alle sich ruhig verhalten und nicht mit ihren Waffen herumfuchteln. Die Krieger dürfen sich in keiner Weise bedroht fühlen. Sie werden alle ihre Boote am Strand bereithalten und genug Gift, um uns alle zu töten, ehe wir auch nur einen Mucks machen könnten.«
»Du denkst doch wohl nicht daran, allein zu gehen?«
»Es ist mir erlaubt, zwei Männer als Begleitung mitzunehmen, aber dich brauche ich hier an Bord.«
Tristan nickte. »Ist er es, der dich vor Jahren gefangen gehalten hat?«
»Ja. Er war damals natürlich jünger und noch sehr von seinen Launen abhängig.«
»Wie viele sind wegen seiner Launen gestorben?«
Raiden machte sich nicht die Mühe zu antworten. Das Leid, das er vor Jahren erfahren hatte, ließ sich nicht mit dem vergleichen, das er jetzt durchlitt. Er schaute zur Insel hinüber, als versuchte er, an dem Fort und an dem undurchdringlichen Dschungel vorbeizusehen. Willa war ihm keine Sekunde lang aus dem Sinn gegangen, ebenso wenig wie die Frage, was Inaka ihr antun würde, sollte dieser noch immer seinen seltsamen Vorlieben frönen. Und falls Inaka Willa nicht gefangen hielt, dann, so hoffte Raiden, würde er ihm vielleicht seine Hilfe anbieten oder ihn dorthin führen können, wo man sie festhielt. Und sollte sie einem der Feinde Inakas in die Hände gefallen sein, dann würde sich der Prinz ihm sofort anschließen, um gegen diese in die Schlacht zu ziehen, davon war Raiden überzeugt.
Raidens Blick wanderte zu den Schiffen, die in der Bucht lagen. Er war sich bewusst, dass jeder Kapitän in
Weitere Kostenlose Bücher