Die Geliebte des Rebellen
Familie und den Dienstboten, die von Fenstern und Balkonen das Geschehen im Hof beobachteten, ging Rory zu seinem Pferd und hob AnnaClaire aus dem Sattel. Ihre Hände waren eiskalt, und sie zitterte am ganzen Körper.
“Das ist AnnaClaire Thompson”, sagte er laut und deutlich. “Als ich lebensgefährlich verletzt war, gewährte sie mir Unterschlupf und Sicherheit in ihrem eigenen Haus. Dabei setzte sie sich und ihre Bediensteten größter Gefahr aus. Ohne ihre Großmütigkeit hätte ich nicht überlebt.”
Moira war die Erste, die sich aus ihrer Erstarrung löste und zu AnnaClaire eilte. “Dann seid Ihr uns auf Ballinarin willkommen. Unser Heim soll Eures sein, solange Ihr es wünscht.”
“Ich danke Euch.” AnnaClaire war die Kehle wie zugeschnürt. Der Anblick von Rory und seiner Familie, die einander mit so offenkundiger Liebe begegneten, berührte sie zutiefst.
Eine kleine, verwachsene Frau wirbelte durch die Tür, blieb unvermittelt stehen und rang nach Luft. Das schneeweiße Haar war im Nacken zu einem strengen Knoten geschlungen. Sie hatte fast durchscheinende Haut, unter der sich die Adern und Venen deutlich abzeichneten.
“Master Rory, man sagte mir, dass Ihr wieder da seid”, rief sie aus. Ihre wässrigen Augen strahlten vor Freude.
“Mistress Finn!” Rory musste sich tief hinabbeugen, um die zarte Gestalt in die Arme nehmen zu können. “Kommt, ich will Euch unseren Gast vorstellen. Das ist AnnaClaire Thompson aus Dublin. Und das hier, AnnaClaire, ist Mistress Finn, die schon seit der Kindheit meines Vaters hier auf Ballinarin als Haushälterin arbeitet.”
“Ja, ich habe Gavin O’Neil aufwachsen sehen und desgleichen seine Söhne. Sind alle drei tapfere Krieger”, sagte sie mit unverkennbarem Stolz in der Stimme und tätschelte Rory die Wange. Dann griff sie nach AnnaClaires Hand. “Mylady, Ihr zittert ja, und Eure Kleider sind durchweicht. Rory, du gedankenloser Bursche, was fällt dir nur ein! Wieso hast du die Dame bei dem Unwetter nicht irgendwo ins Trockene gebracht!”
“Geleite unseren Gast umgehend ins Haus”, sagte Moira zu der alten Frau. “Briana und ich werden uns darum kümmern, dass Lady Thompson alles bekommt, um sich wohlzufühlen.”
Bei den letzten Worten ihrer Mutter hängte sich Briana an den Arm ihres Bruders. “Ich will bei Rory bleiben”, erklärte sie, “und alles über die Abenteuer, die er erlebt hat, hören.”
“Du wirst noch mehr als genug Zeit haben, mit deinem Bruder zusammen zu sein und seinen Geschichten zu lauschen”, versetzte Moira. “Jetzt wirst du mir allerdings helfen, alles für unseren Gast herzurichten.”
Briana wusste, dass jeglicher Widerspruch zwecklos war, wenn ihre Mutter in diesem Tonfall mit ihr sprach.
Mistress Finn bedeutete einer Magd, deren Gesicht von Sommersprossen übersät war, zu ihr zu kommen. “Velia”, sagte sie, “geh und sorge für heißes Wasser. Rory und die Lady brauchen ein warmes Bad und trockene Kleider.” Sie schaute nach oben, wo an fast allen Fenstern neugierige Dienstboten aufmerksam verfolgten, was unten vor sich ging.
“Und ihr da oben”, rief Mistress Finn, “macht euch gefälligst an die Arbeit. Wir müssen schließlich einen rauschenden Empfang für Rory O’Neil vorbereiten.”
“Und danach hast du diesen Tilden nicht mehr gesehen?” Conor reichte seinem Vater und Rory je einen Becher mit goldgelbem Whiskey. Die drei Männer hatten sich in die Bibliothek zurückgezogen, um in Ruhe über Rorys Erlebnisse reden zu können.
Zuvor hatte Rory sichergestellt, dass AnnaClaire bei seiner Mutter und Schwester in den allerbesten Händen war. Dann hatte er sich auf Betreiben seiner Mutter ebenfalls ein Bad und einige Stunden Schlaf gegönnt. Nun fühlte er sich erfrischt und ausgeruht.
“Doch, ich habe ihn in Dublin in den Docks gesehen und hätte ihn töten können, wenn der feige Bastard sich nicht hinter einer Horde englischer Soldaten versteckt hätte. Die waren gerade aus England eingetroffen.”
“Und an dem Tag bist du verwundet worden?”
“Ja, und kaum war die Schulter verheilt, wurde ich an der gleichen Stelle wieder von einem englischen Schwert getroffen. Ich dachte schon, mein letztes Stündlein hätte geschlagen.”
Von der Tür her erklang Moiras Stimme. “Du hättest etwas sagen sollen, bevor du frische Sachen angezogen hast. Ich werde Mistress Finn beauftragen, eine spezielle Kräutertinktur für dich zuzubereiten. Lass mich mal die Schulter sehen.”
Sie eilte zu
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