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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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wärst, hätten sich die Dinge vielleicht genauso entwickelt. Hier haben noch andere Leute die Hand im Spiel, und ich lasse nicht zu, daß du die ganze Schuld auf dich nimmst.«
    Sanft strich er mir das Haar aus dem Gesicht. Eine Träne rollte mir über die Wange, und er fing sie mit dem Finger auf.
    »Das meine ich nicht«, erwiderte ich. Mit der Hand beschrieb ich
einen Bogen, der die beiden Heere, Charles, die hungernden Männer in den Wäldern und die bevorstehende Schlacht umfaßte. »Nicht das. Ich rede über das, was ich dir angetan habe.«
    Er lächelte mich mit unendlicher Zärtlichkeit an und legte seine warme Hand an meine Wange.
    »Aye. Und was ist mit dem, was ich dir angetan habe, Sassenach? Ich habe dich aus deinem Heim herausgerissen, in die Armut, in das Dasein eines Geächteten, und ich habe dich über Schlachtfelder geführt und dein Leben in Gefahr gebracht. Wirfst du mir das vor?«
    »Du weißt genau, daß ich das nicht tue.«
    »Und ich ebensowenig, Sassenach.« Als er zur Bergkuppe hochblickte, schwand das Lächeln aus seinem Gesicht. Der Steinkreis selbst war vor unseren Blicken verborgen, doch ich spürte die Bedrohung, die von ihm ausging.
    »Ich gehe nicht, Jamie«, wiederholte ich hartnäckig. »Ich bleibe bei dir.«
    »Nein.« Er schüttelte den Kopf. Er sagte es sanft, aber seine Stimme war fest und ließ keinen Widerspruch zu. »Ich muß zu meinen Männern zurückgehen, Claire.«
    »Jamie, das darfst du nicht.« Verzweifelt klammerte ich mich an seinen Arm. »In der Zwischenzeit haben sie Dougal gefunden. Willie Coulter hat es den anderen bestimmt erzählt.«
    »Natürlich hat er das.« Er legte die Hand auf meinen Arm und tätschelte ihn. Auf unserem Ritt hatte er seine Entscheidung getroffen; ich las es ihm am Gesicht ab, aus dem Entschlossenheit und eine unermeßliche Trauer sprachen. Doch zum Trauern hatte er jetzt keine Zeit.
    »Wir könnten versuchen, nach Frankreich zu fliehen«, schlug ich vor. »Jamie, das müssen wir tun!« Doch noch während ich das sagte, wußte ich, daß ihn nichts von der einmal getroffenen Entscheidung abbringen würde.
    »Nein«, sagte er leise. Er wies auf das dunkle Tal unter uns und die Berge, die sich dahinter abzeichneten. »Dieses Land befindet sich im Aufstand, Sassenach. Alle Häfen sind geschlossen. O’Brien ist schon zum drittenmal bei dem Versuch gescheitert, ein Schiff nach Schottland einzuschleusen, das den Prinzen nach Frankreich und damit in Sicherheit bringen könnte. Das hat Dougal mir erzählt, bevor...« Ein Zittern lief über sein Gesicht, und seine Züge
verkrampften sich schmerzerfüllt. Doch er schob seine Gefühle beiseite und sprach mit fester Stimme weiter.
    »Charles Stuart wird von den Engländern gejagt. Doch mir werden nicht nur die Engländer, sondern auch die Clans auf den Fersen sein. Ich habe beide Seiten verraten, bin ein Aufständischer und ein Mörder. Claire...« Er hielt inne und rieb sich mit der Hand den Nacken. »Claire, mich erwartet der sichere Tod.«
    Tränen strömten mir über die Wangen, und das kalte Naß brannte auf meiner Haut wie Feuer.
    »Nein«, sagte ich erneut, aber ohne große Wirkung.
    »Wie du weißt, ist meine Erscheinung nicht gerade unauffällig«, scherzte er gequält, während er sich mit der Hand durch die rostroten Locken fuhr. »Der rote Jamie würde wohl nicht weit kommen. Aber du...« Mit einem Finger zog er die Form meiner Lippen nach. »Dich kann ich retten, Claire, und daran wird mich niemand hindern. Das ist das Wichtigste. Und dann gehe ich zurück und bringe meine Männer in Sicherheit.«
    »Die Männer von Lallybroch? Wie willst du das anstellen?«
    Jamie runzelte die Stirn und strich gedankenverloren über seinen Schwertgriff.
    »Ich glaube, ich kann sie fortschaffen. Auf dem Moor wird ein großes Durcheinander herrschen. Wahrscheinlich laufen Soldaten und Pferde wie wild hin und her, und die Kommandeure rufen widersprüchliche Befehle in die Gegend. So eine Schlacht ist eine wirre Angelegenheit. Und selbst wenn sich bis dahin herumgesprochen hat, was... was ich getan habe, wird mich niemand aufhalten, wenn uns die Engländer gegenüberstehen und alle auf den Befehl zum Angriff warten. Aye, ich kann es schaffen.« Entschlossen ballte er die Hände zu Fäusten.
    »Sie werden mir folgen, ohne Fragen zu stellen - Gott, auf diese Weise sind sie ja überhaupt erst in diesen Schlamassel hineingeraten. Murtagh hat sie sicher bereits versammelt, und ich werde sie vom Schlachtfeld

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