Die gelöschte Welt
Soames, die wieder ihre Ninjakluft trägt. Zum einen ist diese Kleidung gut geeignet, um sich an jemanden anzuschleichen, zum anderen könnte es in den Reihen der Feinde Verwirrung stiften, wenn einer von uns eine ihrer Uniformen trägt. Ich trage meine eigene und dazu ein Paar anständige Schuhe. Im Notfall tun wir so, als würden wir einen Gefangenen eskortieren. Und dann schlagen wir zu. Elisabeth Soames wies darauf hin, dies habe schon in Star Wars nicht besonders gut funktioniert und werde deshalb auch in der realen Welt mit Sicherheit schiefgehen, da hier die Ansprüche an raffinierte Pläne sogar noch höher seien als im Film. Samuel P. gab sich große Mühe, so zu tun, als habe er nicht an Star Wars gedacht, als er diesen Vorschlag machte. Das Problem ist, dass es ein mieser Notfallplan ist, aber dummerweise der einzige, den wir haben.
Der Rest des Plans klingt recht gut, und wenn er so funktioniert wie besprochen und wir uns sehr gut schlagen, dann brauchen wir den miesen Teil überhaupt nicht mehr. Andererseits wird es mit großer Gewissheit nicht klappen, weil das Pläne meist so an sich haben. Er wird sich drehen, kriechen, sich verändern, sich umdrehen und mutieren, bis wir nur noch Draufgängertum und Frechheit haben und lediglich hoffen können, die andere Seite wiege sich im Glauben, sie habe alles unter Kontrolle. Strategien entwickelt man nicht, damit man einen sicheren Weg zum Sieg hat. Man entwickelt sie, damit so viele Wege wie möglich zu einem Ergebnis führen, das nicht als Niederlage gewertet werden muss. So hält man es jedenfalls, wenn man nicht sterben will.
Im Großen und Ganzen (die Details sind überraschend langweilig) läuft es darauf hinaus, dass Jim Hepsobah und Annie der Ochse eine kleine Abteilung der Free Company (vorübergehend remilitarisiert, weshalb jemand sie auch die Unzivilisierte Freebooting Company nannte) zum Haupttor führen und es sprengen. Das wird eine Menge unerwünschte Aufmerksamkeit erregen, in Form von Leuten, die auf sie schießen (die Wächter hier sind eher Soldaten als Ninjas, aber sie sind vielleicht außerdem oder zusätzlich auch noch Ninjas, weil gerade dies der springende Punkt ist, wenn man sich als Meuchelmörder betätigt – man verrät es einfach nicht jedem bei der ersten Begegnung). Dies wird die Verantwortlichen der Anlage veranlassen, ihre Aufmerksamkeit stärker auf den Haupteingang und weniger auf einen kleinen Bereich des Zauns zu richten, der sich an der Seite befindet. Dort werden Samuel P., Elisabeth Soames und ich uns anschleichen. Nach dem Frontalangriff werden sich die anderen bis zum Waldrand zurückziehen und etwaige Verfolger erledigen, die dort auf gewisse Hindernisse und eine große Zahl weiterer Mitarbeiter der Free Company stoßen sollten. Diese Truppe wird die Feinde ablenken und von uns fort in eine bizarre Welt locken, in der sie mit großer Sicherheit an ihrem Verstand zweifeln werden.
Uns genau gegenüber haben K (der Dicke) und sein Wanderzirkus ihre Geräusch- und Lichteffekte verteilt, soweit sie im Freien eingesetzt werden können, um Chaos und Verwirrung zu stiften. In dieser Disziplin ist K ein Naturtalent. Der bewaldete Hügel ist mit Zerrspiegeln, riesigen Kastenteufeln und automatischen Kuchenwerfern präpariert, die jetzt allerdings mit Beuteln voller Chilipulver bestückt sind. Atmet man das Pulver ein oder bekommt es in die Augen, so tut es weh, und man kann nicht mehr kämpfen. Außerdem werden zahlreiche indische Laufenten freigelassen und obendrein noch einige kürzlich erworbene, ausgesprochen schlecht gelaunte Gänse. Die Hirtenhunde Hbw und Mnwr dürfen an dem Spaß nicht teilnehmen, weil die Gefahr besteht, dass sie erschossen werden (außerdem würde Hbw wahrscheinlich eine Vorliebe für das Zerfleischen von Menschen entwickeln, während Mnwr sofort desertieren könnte). Man nennt dies »unter vollem Einsatz aller Ressourcen kämpfen«. Der Untertitel lautet: »Lächerlicher Mist, der vielleicht nicht funktioniert, aber wir kennen uns im Gegensatz zu ihnen damit aus.« Zwischen all den Belustigungen wird auch ein runzliger, übellauniger und unbewaffneter Kampfsportlehrer herumlaufen, der jahrelange Erfahrung damit hat, in den Menschen den Wunsch zu wecken, sie wären tot. Ronnie Cheung hat eigens um diese Aufgabe gebeten, da er meinte, dies sei das Richtige für einen gemeinen, unausstehlichen Kerl mit fragwürdigen Moralvorstellungen.
Unterdessen haben die Pantomimen im Schutze der Nacht die
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