Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die gepluenderte Republik

Titel: Die gepluenderte Republik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Wieczorek
Vom Netzwerk:
Gesamtetats des BR-Hörfunks verschlungen haben, trugen sie laut Rechnungshof lediglich 1,5 Prozent zum Radioprogramm bei. Folglich kostete jede Sendeminute über 1000 Euro, im Vergleich zu lediglich 64 Euro im gesamten BR-Hörfunk. Außerdem waren 2004 mit 238 Stellen rund ein Viertel aller Planstellen des Hörfunks bei den Klangkörpern gebunden. Hierzu meinte BR-Sprecher Rudi Küffner zu Recht: »Es darf hier nicht um eine rein haushalterische Sicht der Dinge gehen. Der BR hat schließlich einen Kulturauftrag.« 226
    Nun kann man darüber streiten, was förderungswürdige Kultur ist. Fest steht aber, dass die Öffentlich-Rechtlichen gerade nicht nach dem Prinzip der Profitmaximierung arbeiten sollten: Natürlich sind im Fernsehen Kochsendungen am billigsten und im Hörfunk das Abdudeln von CDs, aber dies entspricht gerade nicht dem Kulturauftrag. Und wenn die Öffentlich-Rechtlichen für die Rechte an den Fußballweltmeisterschaften 2006 und 2010 jeweils 180 Millionen Euro übrig hatten, von den Millionen für Quotenzwerge wie Harald Schmidt und Johannes B. Kerner ganz zu schweigen, dann sollten sie sich schämen, über 8,8 Millionen für die 110 Musiker und weitere Mitarbeiter des weltberühmten Symphonieorchesters zu streiten.
    Es ist immer dasselbe: Während die Ausplünderung des Staates durch Banken und Konzerne als »alternativlos« oder »systemrelevant« hingenommen wird, stellt man die sachgemäße Verwendung von Steuern oder GEZ-Gebühren als wahre »Plünderung« dar.
     
    Übrigens: Noch dreister und neoliberaler gebärdet sich der Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen. »Die Hochschulen sollen möglichst viele Studenten abkassieren«, resümiert
Spiegel Online
. Stein des Anstoßes ist ein Geschwisterrabatt bei Studiengebühren. An der Ruhr-Uni Bochum etwa zahlen Studenten nur die halbe Campusmaut, sobald ein Bruder oder eine Schwester ebenfalls Studiengebühren entrichtet. Bei drei gebührenzahlenden Geschwistern sinkt die Maut in Bochum auf ein Drittel.
    Dies wurde vom selben Rechnungshof scharf angeprangert, der offenbar kaum etwas gegen die Milliardengeschenke für die Zocker von der WestLB einzuwenden hat. Im Gegenteil: Möglicherweise steckt hinter der Anstiftung zum skrupellosen Abkassieren der Studenten ja gerade der Gedanke, irgendwie müsse man ja die Subventionen für die Landesbank »gegenfinanzieren«. 227
12. Abgehakt? Die Plünderung der DDR
     
    Die gigantische Ausplünderung des Ostens nach der Wende – Stichwörter Abwicklung und Leuna/Minol – ist entgegen allem Anschein keineswegs nur ein Problem der Ossis. 228
    Am 17. Juni 1990 verabschiedet die Volkskammer das Treuhandgesetz; am 31. Dezember 1994 beendet die Treuhand ihre Arbeit. In dieser Zeit werden etwa 3600 Betriebe stillgelegt und fast 90 000 Objekte privatisiert, davon allein 50 000 Immobilienund knapp 15 000 Unternehmen und Unternehmensteile. Die neuen Eigentümer versprechen 211 Milliarden DM Investitionen und den Erhalt von 1,5 Millionen Jobs. 229 Unter dem Strich bleiben der Treuhand 256,4 Milliarden DM Schulden. Dies ist umso bemerkenswerter, weil Detlev Karsten Rohwedder, der später ermordete Vorgänger der berüchtigten Treuhand-Chefin Birgit Breuel, am 22. Oktober 1990 über die der Treuhand anvertraute DDR-Volkswirtschaft knapp drei Wochen nach der Einigung geurteilt hat: »Der ganze Salat ist etwa 600 Milliarden Mark wert« 230 . Dies bedeutet rein rechnerisch einen Gesamtfehlbetrag von weit über 800 Mrd. DM. 231
    Noch aufschlussreicher ist, dass die Treuhand »von windigen Investoren und untreuen Mitarbeitern um etwa 350 Millionen DM betrogen worden« ist. 232 Der Chef der Treuhand-Nachfolgerin »Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben« (BvS), Günter Heimstedt, erläutert 1994 »zur Beruhigung«, die meisten Schäden seien allerdings nicht durch Beschäftigte der früheren Privatisierungsanstalt für die DDR-Wirtschaft, sondern durch deren Geschäftspartner angerichtet worden. 233 Insgesamt sei die BvS an 1400 Prozessen als Klägerin oder Beklagte beteiligt. Angesichts der 20 000 Treuhand-Mitarbeiter seien die 196 Ermittlungsverfahren sehr gering. Bislang seien neun Urteile gefällt und vier Anklagen erhoben worden. 234 Dazu sagt allerdings der ermittelnde Oberstaatsanwalt Dr. Erbe vor dem Untersuchungsausschuss »Treuhand«: »Die Qualität der angezeigten Sachverhalte hat sich … nach oben hin entwickelt.« Und er sagt voraus: »Wenn dieser Bereich der Treuhand, der bislang noch, sagen

Weitere Kostenlose Bücher