Die gepluenderte Republik
wir mal, unbeackertes Feld ist, auch nur im Entferntesten wiedergibt, was Gegenstand der Strafanzeigen ist, die bei uns in drei Fällen erstattet worden sind, dann haben wir ein Feld, was alles Bisherige in den Schatten stellen wird.« 235
Obwohl zunächst tunlichst verschwiegen wird, dass diese plötzlich so geschmähten »Geschäftspartner« häufig Ex-Treuhand-Mitarbeitersind, nehmen die Fälle und demzufolge das Interesse der Öffentlichkeit derart zu, dass die Treuhand im Juni 1994 236 verspricht, keine Ex-Mitarbeiter mehr mit den lukrativen Liquidationsaufträgen zu versorgen 237 – wobei aber sogar diese Art Vetternwirtschaft noch übertroffen wird von den zum Teil unverfrorenen Selbstbedienungsaktionen der Treuhand-Chefetage aus DDR-Staatseigentum. Man denke nur an den Skandal um den Ex-Leiter des Treuhand-Direktorats Abwicklung, Ludwig M. Tränkner, dem die Treuhand – bzw. er sich selbst – noch mitten in seiner Amtszeit ein Traumgrundstück zu Traumkonditionen zugeschustert hatte.
Übrigens ist dies nicht etwa die Meinung verbohrter Altstalinisten. Sogar der Bundesrechnungshof warf der damaligen Regierung Kohl Verschleuderung von Steuergeldern in Milliardenhöhe beim Abwickeln des DDR-Bankensystems vor. Bundesfinanzministerium und Treuhandanstalt haben sich nach Überzeugung des Bundesrechnungshofes bei den Verträgen mit den sechs Käuferbanken übervorteilen lassen.
Zudem stellten die obersten Rechnungsprüfer fest, dass durch die Zwischenschaltung privater Banken zur Abwicklung von Altschulden in ehemaligen DDR-Betrieben die Zinszahlungen aufgebläht wurden und sich Kredite für die öffentliche Hand und die Endkreditnehmer damit »erheblich verteuerten«. Der »wirtschaftliche Aufbauprozess« sei »wesentlich beeinträchtigt« worden.
Die Prüfer rechnen vor, dass die privaten Bankhäuser ihre Kreditforderungen fast risikolos erwerben konnten: Bei nicht mehr eintreibbaren Schulden springt der Bund ein – die Banken erhalten über einen Ausgleichsmechanismus aus dem Bundesetat rund 98 Milliarden Mark erstattet, der Steuerzahler kommt letztlich für die Altschulden auf. Kommt uns das nicht irgendwie bekannt vor?
TEIL VI
Der ultimative Steuercoup
Seit die Vermögenssteuer 1997 nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts abgeschafft wurde, dreht die Politik dem höchsten deutschen Gericht das Wort im Munde herum. Moniert wurde nämlich gerade nicht, dass die Steinreichen zu viel, sondern dass einige von ihnen, nämlich die Großgrundbesitzer, zu wenig zahlten. Es ging schlicht um die fehlende Anpassung der Immobilienpreise an ihren tatsächlichen Wert. Dazu im offenen Widerspruch aber grassiert jetzt die Behauptung, eine Vermögenssteuer schade dem »Standort Deutschland«, da sich die Reichen in Scharen ins Ausland absetzen würden.
Wes Geistes Kind die Kritiker sind, zeigt sich beispielhaft beim »Schraubenkönig« und Multimilliardär Reinhold Würth. Im März 2008 warnte er vor einer rot-rot-grünen Bundesregierung und wähnte »Kommunismus«, »Enteignung« und »steuerliche Folterwerkzeuge«. Deutschland könne sich zu einer »Edel-DDR« entwickeln. 238 Gerade zwei Monate später akzeptiert Würth einen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Stuttgart in Höhe von 700 Tagessätzen – ab 91 Tagessätzen ist man vorbestraft.
Seit Juli 2009 fordert das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung die Wiedereinführung der Vermögenssteuer. Damit könne der Staat jährlich 25 Milliarden Euro einnehmen. Dazu müsse man nur die Belastung von Vermögen auf das Durchschnittsniveau der EU-Länder und der wichtigsten Industrieländer der Welt anheben.
Selbst Millionenerben wie der Hamburger Reeder Peter Krämer fordern höhere Steuern für sich selbst und ihren Nachwuchs:»Warum soll mein Sohn nicht 40 Prozent aufs Vermögen zahlen?« 239
Die Erbschaftsteuer musste 2008 ebenfalls reformiert werden, weil auch hier das Bundesverfassungsgericht die zu niedrige Bewertung von Immobilien für verfassungswidrig erklärt hatte, was de facto Steuergeschenke für die Reichen bedeutete. Aber auch hier handelte die Politik entgegen dem Geiste des Urteils, indem sie die Freibeträge für Ehegatten auf 500 000, für Kinder auf 400 000 sowie für Enkel auf 200 000 Euro erhöhte. Selbstgenutztes Wohneigentum bleibt erbschaftsteuerfrei. Dies gilt bei Ehegatten und Lebenspartnern ungeachtet der Größe des Objekts, bei Kindern nur, soweit die Wohnfläche 200 Quadratmeter nicht überschreitet.
Ebenfalls gar
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