Die gepluenderte Republik
Also je mehr Kreditvergabe, desto mehr notweniges Eigenkapital. »Der neue Trick: Kredite als Paket schnüren, … und an Zweckgesellschaften auslagern. Jetzt heißen die Kredite Asset Backed Securities, kurz ABS, und werden als Wertpapiere an andere Banken verkauft. Damit hat die Bank Platz für Neugeschäfte. Das Eigenkapital musste dazu nicht wachsen.« 22
Es ist wie immer im Leben: Je weniger Risiko man selbst trägt, desto unvorsichtiger ist man.
Selbst der neoliberale Wirtschaftsprofessor Wolfgang Gerke räumt ein: »Hätten die deutschen Kreditinstitute diese Risiken … mit haftendem Kapital unterlegen müssen, dann wärensie wesentlich weniger riskant gewesen und der Steuerzahler müsste heute nicht so bluten.«
Um das Verbriefungsgeschäft bei uns hoffähig zu machen, gründen 13 deutsche Banken die Firma True Sale International.
Und siehe da: Gesellschafterbeirat ist Jörg Asmussen. Aber schon bald steht Ärger ins Haus, es kommt zu den »ersten kleinen Krisen des Herrn A.« (
Handelsblatt
): Im Jahre 2006 wird Asmussen vorgeworfen, die Korruptionsaffäre bei der BaFin durch mangelhafte Aufsicht begünstigt zu haben. Zum Glück für ihn kann ihm »kein Fehlverhalten nachgewiesen werden«. Dann wird er zur »Schlüsselfigur in der IKB-Krise«, und das ist »etwas wie der erste Fleck auf der bislang weißen Weste des Senkrechtstarters: Der für die Finanzpolitik zuständige Asmussen gerät in Erklärungsnot.« 23
Aber da gilt für Merkel und Steinbrück Augen zu und durch: Asmussen soll im Oktober »das staatlich geförderte Kredit-Chaos« (
plusminus
) federführend beheben. Dabei war er Gründungsmitglied im Beirat der von der Staatsbank KfW sowie von Privatbanken und Rating-Agenturen getragenen »True Sale International«, die den unkontrollierten Kreditverkauf fördern sollte. »Noch 2006 preist Asmussen die Vorteile dieses Risikogeschäfts«, wie
plusminus
ans Tageslicht bringt. 24
Als IKB-Aufsichtsrat macht auch er die riskanten Geschäfte der neuen Art. Der Münchner Rechtsanwalt Klaus Rotter brachte die IKB dafür vor den Kadi: »Es ärgert uns, dass jemand, der einen deutlichen Beitrag dazu geleistet hat, dass die Finanzmarktkrise beim deutschen Steuerzahler angekommen ist, dass der nun als Retter eingesetzt wird … Hier wird der Bock zum Gärtner gemacht.«
Asmussen sieht damals keine Risiken, ganz anders als die Bundesbank, die einen Großkredit von 18 Milliarden an die IKB-Zweckgesellschaft für illegal hält und sogar die BaFin alarmiert.Die allerdings beschließt, »der vorläufigen Bewertung der Bundesbank nicht zu folgen«.
Als Asmussen später für die BaFin zuständig ist, kritisiert er diese folgenschwere Fehleinschätzung natürlich nicht. Und ausgerechnet Asmussen winkt am 3. Juli 2009 im Bankenrettungsfonds sieben Milliarden Euro an Steuerzahlergarantien durch.
Gegenüber
Report München
zeigt er sich frei von Unrechtsbewusstsein: »Ich will damit nicht sagen, dass wir nicht alle, und das trifft natürlich auch für mich zu, Lehrgeld gezahlt haben.« Kommentar von
plusminus:
»Das Lehrgeld zahlt der Steuerzahler. Sieht so politische Verantwortung aus?«
In Personen wie Asmussen manifestiert sich die Unbelehrbarkeit der Spitzenpolitiker und ihrer Helfer. Man trifft ihren Geist in den Großraumbüros der Heuschrecken ebenso wie in den Spielsälen der Casinos, in halbseidenen Zockerhöllen wie in den Hörsälen dubioser »Business Schools«, gelegentlich auch bei Survival-Trips der gelangweilten Oberschicht auf der Suche nach dem ultimativen Kick.
Geratenes Rating?
Vor dem G-20-Gipfel im März 2009 in London gab ausgerechnet BaFin-Chef Jochen Sanio vor allem den Rating-Agenturen die Schuld an der Krise. »Sie stuften Fonds viel zu lange zu gut ein, die eigentlich Müll waren.« 25 Ein unabhängiges Gremium solle künftig unsolides Geschäftsgebaren von Rating-Agenturen frühzeitig erkennen und so Finanzkrisen vorbeugen.
Nicht zufällig erinnert »Rating« an »Raten«. Für den Bankexperten Ekkehard Wenger, BWL-Professor in Würzburg, haben die an PR grenzenden Bewertungen »dazu geführt, dass Kredite vergeben wurden, die nicht hätten vergeben werden dürfen. Ohne Rating-Agenturen wäre die heutige Situation in diesem Ausmaß niemals möglich gewesen.« 26
Gleiches gilt natürlich für die Börsen-Analysten, die mit irrwitzigen Gewinnprognosen nicht nur Unternehmen, sondern auch Privatleute zum Zocken animieren. So versprechen sie den Anlegern Ende 2007 für 2008 einen
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