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Die gepluenderte Republik

Titel: Die gepluenderte Republik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Wieczorek
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vergeben und so ihre Kreditwürdigkeit gegenüber anderen Banken erhöhen können. Dass die Obergrenze pro Institut bei zehn Milliarden Euro pro Bank festgelegt wurde und der Fonds außerdem Risikopositionen – wie etwa »faule« Kredite – übernehmen konnte, rundet das Bild nur noch ab. Und dass der Fonds dabei unter anderem eine Rückkaufverpflichtung zu Lasten des Finanzinstituts vereinbaren kann und die Ober grenze für solche Risikoübernahmen fünf Milliarden Euro im Einzelfall beträgt, rührt jeden kritischen Bürger zu Tränen.
    Wie aber, fragt sich natürlich jeder halbwegs klar denkende Bürger, sehen denn wohl die Gegenleistungen der Banken aus?
    Natürlich müssen die Unternehmen »Auflagen erfüllen«, aber schon allein die Wortwahl macht den Normalo sicher, dass alles so läuft wie gehabt. So fordert die Bundesregierung »Mitspracherecht« darüber, wofür die Banken die Finanzspritzen verwenden, über das geschäftspolitische Gebaren der Banken und über Dividendenausschüttungen an Aktionäre. Die wahren Nutznießer sind selbstverständlich die üblichen Verdächtigen – in den Medien meist unterwürfig »Elite« genannt –, die ohne einen Handschlag steinreich werden und einem Gigolo so ganz nebenbei mal fünf Millionen Euro in den Rachen werfen können. Einen Betrag also, von dem nicht nur ein Hartz-IV-Empfänger, sondern ein normaler Werktätiger sich und seine vierköpfige Familie rund einhundert Jahre lang gut ernähren könnte.
    Bei näherer Betrachtung erinnert das Gesamtkunstwerk an mittelmäßige Gaunerkomödien. Was zum Beispiel ist von Phrasen zu halten wie: »Grundsätzlich soll darauf hingewirkt werden, dass die Geschäftspolitik von Finanzfirmen stärker am Grundsatzder Nachhaltigkeit ausgerichtet wird und Risiken abgebaut werden«? 32 Außerdem werden die Gehälter der Manager gedeckelt: Mehr als 500 000 Euro soll kein Bankvorstand verdienen, dessen Institut unter den Rettungsschirm geschlüpft ist. Wer sich allerdings klarmacht, über welche schier unerschöpflichen Möglichkeiten die Großverdiener verfügen, zu Größtverdienern zu avancieren, kann über diese Sternstunde der Heuchelei nur lachen.
    Eine ebenfalls interessante Frage ist es; warum die Bilanzierungsregeln der Banken gelockert werden. Und auch die Antwort auf diese Frage hat es in sich: »Banken müssen in jedem Quartal ihre Bilanzen vorlegen«, verrät uns die
Tagesschau
, »in die auch Wertpapiere eingerechnet werden. Sind diese Papiere zum Zeitpunkt der Bilanzierung im Kurs deutlich gefallen … müssen die Banken diese Wertverluste abschreiben. Dadurch entstehen in den Büchern Milliardenverluste – das Eigenkapital der Bank sinkt, selbst wenn die Papiere langfristig eine gute Prognose haben. Diese Regelung soll gelockert werden.« Künftig also können die Banken ihre Papiere mit einem längerfristigen Durchschnittswert angeben und nicht mit dem aktuell zutreffenden Wert.
    Was aber heißt das für den zum Jahr 2011 anvisierten ausgeglichenen Haushalt? Über eines war man sich in der Großen Koalition noch kurz vor der Wahl einig: Der Plan des damaligen Bundesfinanzministers Peer Steinbrück, in 2010 erstmals seit 1969 keine neuen Schulden zu machen, war so realistisch wie die Reise eines bemannten Raumschiffes zum Andromedanebel. Bundeskanzlerin Angela Merkel rechnete angesichts der Finanzkrise und der schlechteren Wachstumsaussichten – man beachte ihre Fähigkeit, Wörter elegant zu verwenden, über deren Inhalt sie nicht einmal ansatzweise irgendetwas weiß – bereits mit Auswirkungen auf die Finanzplanung. Der angesteuerte ausgeglichene Haushalt werde sich möglicherweise bis2011 nicht erreichen lassen. Am neoliberalen Ziel, künftig keine neuen Schulden mehr zu machen, wolle sie aber festhalten. Zwar behauptete das Lager der halbgebildeten »Experten« unisono, besagte 400 Milliarden Euro würden nie fällig werden – die Bürgschaft solle ja gerade für eine »Normalisierung« der verkommenen Finanzbranche sorgen. Außerdem solle der Bund für eventuelle Geldgeschenke im Gegenzug Aktien oder ähnliche Pseudosicherheiten erhalten, die er »in besseren Zeiten« wieder mit Gewinn abstoßen könne. Zunächst aber müssten diese Finanzspritzen über neue Schulden finanziert werden. Klingt das nicht wie das Gedöns des Neffen gegenüber dem reichen Onkel: Er solle ihm zum – Ehrenwort, diesmal klappt’s – hundertsten Mal 1000 Euro leihen, weil er diesmal den endgültig todsicheren Tipp für das vierte

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