Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geschichte Der Kinder Hurins. Sonderausgabe.

Die Geschichte Der Kinder Hurins. Sonderausgabe.

Titel: Die Geschichte Der Kinder Hurins. Sonderausgabe. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ronald Reuel Tolkien
Vom Netzwerk:
man nichts von ihm hörte, sei Beleg Langbogen selbst nach Menegroth gekommen, um ihn dort zu suchen. Das Herz wurde ihm schwer, als er von Túrins Taten und von seiner Flucht erfuhr. Bald danach kehrten Thingol und Melian nach Menegroth zurück; denn der Sommer neigte sich seinem Ende zu. Als man dem König berichtete, was geschehen war, sagte er: »Dies ist eine schwere Anschuldigung, ich muss sie in allen Einzelheiten hören. Auch wenn Saeros, mein Ratgeber, tot ist und Túrin, mein Ziehsohn, geflohen, werde ich morgen Gericht halten und alle erneut der Reihe nach anhören, bevor ich mein Urteil fälle.«
    Am nächsten Tag nahm der König auf seinem Thron in der großen Halle Platz, und alle Fürsten und Ratgeber Doriaths waren um ihn versammelt. Dann wurden viele Zeugen gehört, und von diesen sprach Mablung das meiste und amklarsten. Und als er von dem Streit bei Tisch berichtete, schien dem König Mablungs Herz sich Túrin zuzuneigen.  
    »Du sprichst als Freund von Túrin, Húrins Sohn?«, fragte Thingol.
    »Ich bin sein Freund«, antwortete Mablung, »doch mehr noch und länger bin ich ein Freund der Wahrheit. Höre mich bis zum Ende an, Herr!«
    Als alles vorgebracht worden war, auch jene letzten Worte, die Túrin bei seinem Weggang gesprochen hatte, seufzte Thingol. Er blickte die Umsitzenden an und sprach: »Ach! Ich sehe einen Schatten auf euren Gesichtern. Wie hat er sich in mein Reich eingeschlichen? Das Böse ist hier am Werk. Ich habe Saeros für verlässlich und klug gehalten, aber wenn er noch lebte, würde er meinen Zorn zu spüren bekommen; sein Spott war niederträchtig, und ich gebe ihm die Schuld an allem, was in der Halle vorgefallen ist. Bis hier vergebe ich Túrin. Aber über seine späteren Taten, als sein Zorn sich abgekühlt haben sollte, kann ich nicht hinwegsehen. Dass er Schande über Saeros brachte und ihn zu Tode hetzte, ist ein Unrecht, welches schwerer wiegt als die Kränkung, die ihm zugefügt wurde. Diese Tat offenbart ein hartes und hochmütiges Herz.«
    Darauf saß er eine Weile in Gedanken versunken und sprach schließlich betrübt weiter: »Er ist ein undankbarer Ziehsohn und wahrlich ein Mensch, der zu stolz ist für seinen Stand. Wie soll ich jemandem Zuflucht gewähren, der meiner selbst und meiner Gesetze spottet, oder jemandem verzeihen, der nicht bereuen will? Es kann nur ein Urteil geben. Ich werde Túrin, Húrins Sohn, aus Doriath verbannen. Sollte er Zutritt zu Doriath suchen, soll er zu mir geführt werden, damit ich über ihn richte. Und solange er nicht zumeinen Füßen um Vergebung bittet, ist er mein Sohn nicht mehr. Falls irgendjemand hier diesen Spruch für ungerecht hält, möge er jetzt reden.«
    Schweigen breitete sich darauf in der Halle aus, und Thingol hob die Hand, um seinen Schuldspruch feierlich zu verkünden. Doch in diesem Augenblick kam Beleg in die Halle gestürmt und rief: »Herr, darf ich noch etwas sagen?«
    »Du kommst spät«, sagte Thingol. »Warst du nicht mit den anderen zusammen hergebeten?«
    »Gewiss, Herr«, antwortete Beleg, »aber ich verlor Zeit, weil ich jemanden suchte, den ich kenne. Jetzt bringe ich im letzten Augenblick einen Zeugen, den du anhören solltest, bevor du dein Urteil verkündest.«
    »Alle sind vorgeladen worden, die etwas auszusagen hatten«, sagte der König. »Was kann dieser Zeuge jetzt noch Gewichtigeres vorbringen als die Übrigen, die ich bereits gehört habe?«
    »Urteile selbst, wenn du gehört hast«, sagte Beleg. »Gewähre mir diese Gunst, wenn ich deine Gnade jemals verdient habe.«
    »Dir gewähre ich sie«, erwiderte Thingol.
    Darauf ging Beleg hinaus und führte an seiner Hand Nellas in den Saal, das Mädchen, das in den Wäldern lebte und nie nach Menegroth kam. Sie fürchtete sich angesichts der gewaltigen Säulenhalle, des steinernen Daches und der vielen Augenpaare, die auf sie gerichtet waren. Und als Thingol sie zu sprechen aufforderte, begann sie: »Herr, ich saß in einem Baum«, doch dann ließ die Ehrfurcht vor dem König ihre Stimme versagen, und sie konnte nicht weitersprechen.
    Darüber musste der König lächeln, und er sagte: »Dashaben andere auch schon getan, aber sie haben nicht das Bedürfnis verspürt, mir davon zu berichten.«
    Das Lächeln des Königs machte Nellas Mut, und sie erwiderte: »So ist es. Sogar Lúthien! Und an sie dachte ich an jenem Morgen, und an Beren dachte ich, den Menschen.«
    Thingol sagte nichts dazu, hörte auf zu lächeln und wartete, dass sie

Weitere Kostenlose Bücher