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Die Geschichte des Chevalier des Grieux und der Manon Lescaut - Roman

Die Geschichte des Chevalier des Grieux und der Manon Lescaut - Roman

Titel: Die Geschichte des Chevalier des Grieux und der Manon Lescaut - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manesse-Verlag
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neugierig. Es stiegen einige Frauen aus, die sich sogleich zurückzogen. Doch eine verharrte dort, eine ganz junge Frau, die allein im Hof stehen blieb, während ein Mann in fortgeschrittenem Alter, der ihr als Reisebegleiter zu dienen schien, darauf drängte, dass ihre Gepäckstücke abgeladen wurden. Sie erschien mir als derart bezaubernd, dass ich, der ich niemals über den Unterschied der Geschlechter nachgedacht noch je ein Mädchen mir genauer angesehen hatte, also dass ich, der für seine Sittsamkeit und Zurückhaltung von allen bewundert wurde, urplötzlich bis zur Verzückung in Liebe entflammt war. Ich hatte die schlechte Eigenschaft, dass ich ungemein schüchtern und leicht aus der Fassung zu bringen war; doch hielt mich diese Schwäche keineswegs davon ab, die Herrin meines Herzens anzusprechen. Obgleich sie noch jünger war als ich, schienen meine Höflichkeiten sie nicht in Verlegenheit zu bringen. Ich fragte sie, was sie nach Amiens führe und ob sie hier Bekannte habe. Sie antwortete mir unbefangen, sie sei von ihren Eltern hierher geschickt worden, weil sie Nonne werden solle.
    Die Liebe, die doch erst kurz zuvor mein Herz erobert hatte, machte mich bereits so hellsichtig, dass ich in diesem Vorhaben einen tödlichen Streich gegen meine Wünsche sah. Die Art, wie ich zu ihr sprach, ließ sie meine Empfindungen erraten, denn sie war viel erfahrener als ich. Man schickte sie gegen ihren Willen in den Konvent, zweifellos, um ihrer Neigung zur Lebenslust Einhalt zu gebieten, die sich bereits bemerkbar gemacht hatte und die in der Folge all ihr Unglück und ebenso das meine heraufbeschwören sollte.
    Ich brachte gegen das grausame Vorhaben ihrer Eltern alle Argumente vor, die mir meine aufkeimende Liebe und meine scholastische Beredsamkeit einzugeben vermochten. Sie zeigte weder Schroffheit noch Ablehnung. Nach einem Moment des Schweigens sagte sie, sie könne nur allzu deutlich absehen, dass sie unglücklich sein werde, aber das sei offenbar der Wille des Himmels, denn dieser habe ihr keinerlei Ausweg gelassen. Es mag die Anmut ihrer Blicke und der bezaubernde Anflug von Traurigkeit gewesen sein, als sie diese Worte vorbrachte, oder vielmehr mein in den Sternen festgeschriebenes Schicksal, das mich ins Verderben zog, jedenfalls erlaubte mir all das nicht, mit meiner Antwort auch nur einen Augenblick lang zu zögern. Ich versicherte ihr, wenn sie auf meine Ehre und auf die unendliche Zärtlichkeit bauen wolle, die sie bereits in mir erwecke, dann würde ich mein Leben dafür einsetzen, sie aus der Tyrannei ihrer Eltern zu befreien und sie glücklich zu machen.
    Wenn ich darüber nachdachte, habe ich mich tausendfach gewundert, woher ich damals die Kühnheit und die Gewandtheit nahm, meinen Empfindungen Ausdruck zu verleihen; doch man hätte die Liebe nicht zur Gottheit erhoben, wenn sie nicht oftmals Wunder wirkte. Ich setzte noch mancherlei Eindringliches hinzu. Meine schöne Unbekannte wusste sehr wohl, dass man in meinem Alter nicht betrügerisch handelt; sie sagte mir, wenn ich eine Möglichkeit sähe, sie zu befreien, glaube sie mir etwas weitaus Kostbareres zu schulden als ihr Leben. Ich betonte nochmals, dass ich zu allem bereit sei, doch da ich nicht hinreichend erfahren war, um sogleich auf Mittel zu sinnen, wie ich ihr dienlich sein konnte, beließ ich es bei dieser allgemeinen Zusicherung, die weder ihr noch mir von großer Hilfe war.
    Als sich nun ihr alter Argus 5 zu uns gesellte, wären meine Hoffnungen zunichte gemacht geworden, wenn sie nicht genügend Geistesgegenwart besessen hätte, meine Einfallslosigkeit aufzuwiegen. Beim Hinzutreten ihres Reisebegleiters nannte sie mich zu meiner Überraschung ihren Cousin, und ohne auch nur die geringste Unsicherheit zu zeigen, sagte sie, da sie mich nun durch einen glücklichen Zufall in Amiens getroffen habe, verschiebe sie ihren Eintritt in den Konvent auf den folgenden Tag und gönne sich das Vergnügen, mit mir zu soupieren.
    Ich ging sofort auf ihre List ein und schlug ihr vor, in einer Herberge abzusteigen, deren Wirt, der sich in Amiens niedergelassen hatte, nachdem er lange Zeit bei meinem Vater als Kutscher gedient hatte, mir ganz und gar ergeben war. Ich geleitete sie persönlich dorthin, wobei der alte Reisebegleiter etwas vor sich hin zu murmeln schien und mein Freund Tiberge, dem die ganze Szene ein Rätsel war, mir wortlos folgte. Er hatte unser Gespräch nicht mit angehört, denn er war im Hof geblieben und auf und ab gegangen,

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