Die Geschichte vom neidischen Dorle
in seinem Leib holterten und polterten.
Als Dorle jetzt noch der Geruch des restlichen Quarkkuchens, der auf dem Tisch stand, in die Nase stieg, war es völlig um sie geschehen. Der Magen schlug die reinsten Purzelbäume. „Mir tut der Bauch so sehr weh! Auaa, auaa!“ wimmerte sie. „Aber was hast du denn gegessen?“ forschte der Vater und legte sein Mädel aufs Sofa. Er war sehr erschrocken. Es mußte schon ganz arg sein, wenn Dorle so klagte. Sie war sonst nicht zimperlich. Dorle warf sich auf dem Sofa hin und her. Sie stöhnte leise vor sich hin und drückte die Hände auf den Leib. Das machte den Bauchschmerzen aber gar nichts aus. Sie zogen und ziepten, stachen und rissen.
„Ich muß sterben“, klagte Dorle. „Sterben — ahh — ohh!“ „Nun sei doch nicht albern, Dorle!“ Der Vater setzte sich neben sie und legte Dorles Kopf auf seine Knie. „Woran kannst du dir den Magen verdorben haben?“
Die Schmerzen plagten Dorle abscheulich. Sie vermochte sich gar keine Ausrede auszudenken. So beichtete sie alles dem Vater und hoffte, daß es danach mit ihrem Magen besser werden würde.
Der Vater schüttelte vorwurfsvoll den Kopf.
„Du hast deine Eltern sehr enttäuscht“, sagte er leise, zog Dorle die Schuhe aus und band ihr das Halstuch ab. Eine Weile drehte er das blaue Tuch zwischen seinen Fingern, betrachtete es sinnend, und dann fügte er hinzu: „Ein schlechter Pionier bist du, ein ganz schlechter.“ Darauf erhob er sich und ging in die Küche, um Dorle einen Pfefferminztee zu kochen.
Dorle vergrub den Kopf im Kissen. Die knappen, betonten Worte des Vaters quälten sie beinahe noch ärger als das Leibschneiden.
Nachdem Dorle den Tee ohne Zucker getrunken hatte, wurde ihr ein wenig besser. Nur ihr Bauch war noch schwer. Mit diesem Gefühl schlief sie dann auch ein.
Die Beratung
Auf dem Spielplatz trat Heino mit den Füßen den gelben Sand in dem großen Sandkasten fest und fuchtelte furchterregend mit den Armen. Viele Kinder aus der Klasse 2 a hockten auf der steinernen Umrandung des Kastens. Sie hörten Heino zu. Am Rande des Spielplatzes rasselte eine Betonmaschine. Arbeiter in weißen Maureranzügen liefen dort herum. Sie bauten eine lange Rollerbahn. Peter Nolte stand mit seinem Roller bei der Maschine und sah den Arbeitsleuten zu. Er konnte es gar nicht erwarten, daß die Bahn zum Befahren fertig wurde. „Erst wird sie frech, ist auf alles neidisch, was andere haben, und dann knallt sie mir noch eine! Sollen wir uns das gefallen lassen?“ schrie Heino.
„Nein! Das lassen wir uns nicht gefallen!“ rief Helmut. Er sammelte Steinchen aus dem Sand, um ein kleines Mädchen damit zu werfen, das sich mitten im Kasten einen Berg baute. Die Jungen und Mädel der 2 a redeten durcheinander. Schon eine ganze Weile saßen sie hier und redeten über Dorle Klöhner. Alle waren sehr erregt. Nur Traude Neumann saß in ihrem neuen Kleid schweigend und bedrückt zwischen ihnen. Es ging um ihre Freundin. Ein bißchen hing sie doch noch an Dorle. Heino berichtete schon zum dritten Male, wie Dorle absichtlich mit Peter zusammengefahren war. Weil sie ihn um den neuen Roller beneidete! Monika erzählte die Puppengeschichte und Angelika die Sache mit dem roten Geldtäschchen, die Heino eine Ohrfeige eingebracht hatte.
Traude hätte Dorle gern verteidigt. Aber wie konnte sie das denn? Dorle war eben auf alles neidisch, was sie bei anderen sah und selbst nicht besaß. Und der Walter, mit dem sie immer zusammenhockte, war genauso einer. Aber er ließ sich seinen Neid nicht anmerken. Man hätte eben doch mit Fräulein Fröhlich sprechen sollen. Die Lehrerin konnte sich mit Dorle unterhalten und sagen, daß sie sich ganz häßlich benehme. Aber — das sah nach Verklatschen aus!
Die kleine Brita sprang auf. Sie hatte eine helle, piepsige Stimme. Die Jungen nannten sie manchmal „Spatz“. „Wir dürfen überhaupt nicht mit der Klöhner sprechen!“ verlangte Brita und blickte sich um.
„Wir schließen sie aus der Pioniergruppe aus“, verlangte Monika.
„Verhauen!“ rief ein Junge.
„Jawohl! Richtig Dresche muß sie kriegen“, stimmte ein anderer zu.
Langsam erhob sich Traude. „Nun übertreibt mal nicht“, sagte sie.
„Hier wird nicht übertrieben!“ bläkte Helmut. „Sie muß einen Denkzettel bekommen, Sie ist ein Neidhammel!“
Traude war ganz hilflos. Heino versuchte sie zu trösten. „Hör nicht auf Helmut. Der gibt bloß an.“
Heino war ärgerlich. Er dachte mit Sehnsucht an den
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