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Die Geschichte von Liebe und Sex

Titel: Die Geschichte von Liebe und Sex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz van Dijk
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Gunwiggu-Volkes
    Die Ureinwohner Australiens, die von Außenstehenden oft fälschlich in einen Topf geworfen und »Aborigines« genannt werden, haben eine Vielzahl von Mythen. Diese Geschichten wurden von den ersten angereisten Völkerkundlern oft missverstanden. So nahmen diese lange an, dass »die Aborigines« eines der wenigen »Naturvölker« seien, die nicht wüssten, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen dem Geschlechtsverkehr von Mann und Frau und einer möglicherweise folgenden Schwangerschaft gibt. Sie berichteten von »Eingeborenen«, die angegeben hätten, dass zuerst ein Geist des zukünftigen Kindes aus der Tiefe der Erde hervorkommen und durch den Mund oder die Lenden in den Körper der Frau eindringen müsse, um dort im Bauch als Baby heranwachsen zu können. Die »Aborigines« verstünden den Geschlechtsverkehr als »Beiwerk«, er unterstütze die Zeugung eines Kindes, doch er sei keine zwingende Voraussetzung.
    Inzwischen wissen Völkerkundler, dass »Aborigines« durchaus differenzierte Erklärungsmodelle haben, warum manche Zeugungsakte zu Kindern führen und andere nicht. Doch obwohl sie wissen, dass Frauen fruchtbare und unfruchtbare Tage haben, bestehen viele Gruppen der Ureinwohner Australiens darauf, dass für die Entstehung und glückliche Geburt eines neuen Menschen wesentlich mehr nötig ist als gelungener Sex. Neugeborenes Leben hat zuerst eine spirituelle Seite, die sowohl von den Vorfahren als auch von der geistigen Haltung der Eltern abhängt. In einigen Mythen werden Männer als besonders sensibel dargestellt, den Geist eines zukünftigen Kindes in fruchtbarer Erde anzufühlen. Frauen träumen noch vor der Zeugung vom Geist des Kindes. Erst wenn beide ihre spirituelle Aufgabe erfüllt haben, wird die Zeugung erfolgreich sein und ein gesundes Kind geboren werden.
    |40| Im Nordosten Australiens lebt das Volk der Gunwiggu. Jahrhundertealte Felszeichnungen erzählen von der ersten Mutter, einer alten weisen Frau, die als Leben spendende Schlange aus dem Meer an Land kam und nach und nach den Vorfahren der heutigen Menschen das Leben schenkte.
    Asien: Der Lehm der chinesischen Göttin Nü Wa
    Bevor die beiden großen religiös-philosophischen Schulen des Taoismus (von »Tao«, chinesisch für »der Weg«, etwa 1500 Jahre vor unserer Zeitrechnung) und des Konfuzius (551 – 479 v. Chr.) entstanden, gab es in China verschiedene Naturreligionen. In ihren Schöpfungsmythen beschreiben diese Religionen die Entstehung des Lebens auf der Erde überwiegend als Werk von Müttern. Insgesamt spielen Frauen in diesen Religionen eine bedeutende Rolle.
    Einer der ältesten bekannten Schöpfungsmythen Chinas berichtet von dem Gott Pan Gu, der Himmel und Erde zu einem Kosmos zusammenfügte. Die Schaffung des Lebens innerhalb dieses Weltalls war jedoch der Göttin Nü Wa vorbehalten, die die ersten menschlichen Wesen aus Lehm formte und sie nach ihrem »eigenen Bilde« schuf.
    In den ältesten bekannten Gesellschaften Chinas hatten Frauen wichtige Funktionen inne und weitgehende Entscheidungsgewalt. Erst allmählich gewannen die Männer die Oberhand, sie schufen feudalistische Herrschaftsstrukturen und machten den Mann zum uneingeschränkten Herrscher über die Familie und die Gesellschaft. Der Konfuzianismus, der vor rund 2 000 Jahren Staatsreligion wurde, vertrat das Ideal einer schroffen Trennung von Frauen- und Männerrollen. Diese Philosophie hielt sich unangefochten bis zur Gründung der kommunistischen Volksrepublik China im Jahr 1949.
    Amerika: Die fünf Welten der Navajo-»Indianer«
    Nach verschiedenen Überlieferungen des nordamerikanischen Volkes der Navajo entwickelte sich die Erde in insgesamt fünf nacheinander entstandenen Welten. Dieser Schöpfungsmythos ist einer der wenigen, der das |41| Leben und Sterben im Kontext aufeinanderfolgender Eiszeiten und dem Untergang vieler Arten erklärt.
    Bei den Navajo wurden die erste Frau und der erste Mann gleichzeitig und gleichwertig geschaffen. Keiner war besser oder stärker oder dem anderen überlegen. Doch die Umwelt machte den ersten Menschen das Leben schwer, und das Paar überlebte die ersten beiden Welten nur knapp. Sie litten oft Hunger, wurden von wilden Tieren verfolgt und konnten sich nur notdürftig gegen Hitze oder Kälte schützen. Das Geheimnis der Sexualität blieb ihnen ein Rätsel, und sie hatten noch keine Kinder.
    In der dritten Welt begegnete ihnen ein wundersames Zwillingspaar: Ein Mädchen, das den Namen Muschelweiß

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